Großer Geist in kleinen Würfeln – Bitoku von Schwerkraft (Rezension)

Bitoku | Expertenspiel | ab 12 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Germán P. Millán |  Schwerkraft

Ein richtiges Euro-Game, aber bunt und schrill. Wunderbar ungewöhnlich gestaltet zieht es die Blicke auf sich… und auch am Ende der Partie blickt man gerne auf seine eigene Auslage! „Bitoku“ führt uns in eine fantastische Welt mit wundersamen Wesen und Geistern, fernöstlich anmutend. Der große Geist des Waldes wird verschwinden und ein anderer Bitokugeist, aka der Spielsiegende, wird seinen Platz übernehmen und die Harmonie des Waldes aufrechterhalten. Ein bunter Mix an Spielmechaniken erwartet die Spielenden.

Schachtel und gesamtes Spielmaterial des Spiels: Plättchenstapel, großes Spielbrett, Karten, Ressourcen.

 

Das Spiel
Bitoku ist ein Expertenspiel von Germán P. Millán und bei Schwerkraft erschienen. Es ist für 1 – 4 Spielende geeignet und kann ab 12 Jahren gespielt werden.

Bitoku bedeutet im japanischen „Tugend“. In diesem Spiel geht es darum, das wir als Geister unsere Tugend beweisen, um dann, nach dem Verschwinden des Großen Geistes, selbst sein Nachfolger zu werden und der neue Wächter des Waldes zu sein. Hierzu spielen wir über 4 Runden, gleichbedeutend mit 4 Jahren, und sammeln so viele Tugendpunkte wie möglich, man könnte auch sagen Siegpunkte.

Spielbrett, zwei Spieltableaus Karten und Ressourcen
Spielaufbau für zwei Spielende, bei 3 oder 4 Spielenden wird die Rückseite des Spielplans benutzt und es stehen mehr Felder je Aktion zur Auswahl.

 

Herzstück von „Bitoku“ ist der Spielplan. Hier sehen wir die ganzen Lande, den Wald und angrenzende Gebiete. Ein sehr beeindruckendes Kunstwerk. Darauf werden vor dem Spiel die verschiedenen Plättchen und Karten verteilt, die wir später über Aktionen bekommen können. Dann werden noch unsere Punkte- und Kodamazähler an die entsprechenden Stellen gelegt und die Figur des großen Geistes, ähnlich einem Hirsch, als Rundenzähler auf das erste Feld ganz oben am Spielplan gesetzt.

Zusätzlich zu dem großen Spielplan in der Mitte erhält jeder Spielende noch ein eigenes Tableau auf dem Würfel, Häuser und „Pilger“ abgelegt werden und an das Karten angelegt werden. Würfel werden in diesem Spiel nie gewürfelt. Sie werden mit bestimmten Werten platziert. Häuser setzen wir im Laufe des Spiels auf dem Spielplan ein, Pilger können sowohl auf dem Spielplan gehen, als auch auf dem eigenen Tableau eingesetzt werden. Das Startdeck Karten für jeden Spieler besteht aus 5 verschiedenen Aktionskarten. Auch ein paar Ressourcen haben wir schon.

Entsprechend der Spielreihenfolge müssen wir dann in der Hauptphase jeden Jahres, dem Sommer, reihum eine Aktion ausführen:

– eine Karte ausspielen und die angegebene Aktion ausführen/abgebildeten Bonus bekommen
– einen Würfel auf dem Spielplan einsetzen, um die entsprechende Aktion auszuführen
– über den Fluss gehen und hier eine Karte bekommen
– oder passen

Wenn alle Spielenden gepasst haben, wird das Spielbrett wieder neu vorbereitet für die nächste Runde, das nächste Jahr.

Gezeigt wird das Spielboard eines Mitspielenden.
Mein Spielboard, hier können Karten ausgespielt und weitere Aktionen gewählt werden.

 

Auf unserem Tableau spielen wir die Karten aus, um die angegebenen Aktionen auszuführen und schalten gleichzeitig einen Würfel frei. Wir können also pro Jahr nur 3 Karten ausspielen. Würfel können dann auf dem Spielplan eingesetzt werden. Belegen wir bestimmte Plätze mit Kristallen, stehen uns die Pilger darauf zum Wandern zur Verfügung. Im unteren Bereich sammeln wir Felsen mit Siegpunktbedingungen für das Spielende. Hier sind auch unsere Häuser, die wir auf dem Spielplan einsetzen können, wenn wir mit der entsprechenden Aktion Gebäude auf dem Spielplan einsetzen. Rechts legen wir Bitokukarten zu einem Pfad an, auf dem wir weitere Belohnungen und Punkte sammeln. Die Schriftzeichen auf den Karten ergeben am Ende des Spiels nochmal Punkte.

Das Spielbrett unterteilt sich in verschiedene Bereiche: Oben der Tempelpfad (Pfad der Weisheit) für die Pilger, darunter eine Kartenauslage von der wir wählen können, wenn wir über den Fluss gehen. Und im größten unteren Bereich der Wald (Waldregionen), mit seinen Aktionsfeldern für die Würfel und alle zu erhaltenden Plättchen.

In allen Bereichen bekommen wir die Möglichkeit auf verschiedene Plättchen und Karten. Die uns wiederum Ressourcen oder Boni oder direkt Punkte einbringen.

Detailaufnahme des Spielbretts
Der Tempelpfad im oberen Bereich wird vom mittleren Tor aus begangen, hier die Variante für 3 Spielende.

 

Detailansicht des Spielbretts.
Im Wald: Der gelbe Würfel wurde bei der Aktion Wandern eingesetzt, man kann jetzt 2 Schritte mit einem Pilger am Tempelpfad gehen oder Schritte auf dem eigenen Bitokupfad machen.

 

Detailansicht des Spielbretts.
Über den Fluss kommt man an weitere Karten für das eigene Deck (mit stärkeren Aktionen) oder Karten für den persönlichen Pfad.

 

Gezeigt wird der Tugendpfad eines Spielenden.
Hier können wir auf unserem eigenen Tugenpfad (Bitokupfad) vorangehen.

 

Nach jedem Jahr wird die Spielerreihenfolge neu festgelegt, abhängig von den eingesetzten Würfeln.

Wir haben die Möglichkeit während des Spiels viele Siegpunkte zu sammeln oder auf die Endwertung hinzuarbeiten. Am Ende des Spiels bekommt man Siegpunkte für erfüllte Visionskarten, sprich Aufträge, durch die Bitokukarten, Felsen und Kristalle, die man gesammelt hat. Und es gibt eine Auswertung der „Seeschätze“, der Kodamaleisten auf dem Spielbrett. So bleibt tatsächlich bis zur Endabrechnung offen, wer gewonnen hat.

 

Fazit
„Bitoku“ ist mit Sicherheit eines der anspruchsvollsten Spiele, dass ich dieses Jahr gespielt habe. Und auch mein Liebling! Manche komplexe Spiele fordern einen und man will herausfinden, was da noch so geht und dann ist gut. Bei „Bitoku“ ist es für mich mehr. Ich will wissen, was geht, aber gleichzeitig fühle ich mich auch wohl, das was ich hier mag, immer wieder zu tun. Auch meine Mitspielenden waren von der ersten Partie an neugierig mehr auszuprobieren.

Viele miteinander verzahnte Mechanismen, Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, bestimmen was wir in unserem Zug machen möchten. Das Timing spielt bei der Aktionsauswahl eine sehr wichtige Rolle. Grundsätzlich sind die Mechanismen bekannt: Arbeitereinsatz, Deckbuilding, Leistenwertung,… Es gibt einfach so unfassbar viele Möglichkeiten, was man alles machen könnte. Herrlich! Im Spiel zu viert bedeutet das natürlich auch Wartezeit, bis alle anderen ihren Zug durchgeführt haben.

Thema und Artwork passen zueinander und begeistern. Der Spielplan ist sehr bunt und in ungewöhnlichen Farben gestaltet. Das ist für die Orientierung am Anfang eine Herausforderung, vor allem, weil zusätzlich sehr viele Plättchen und Karten auf dem Plan liegen. Wenn man aber einmal seine möglichen Aktionen erfasst hat, kann man das Artwork genießen. Die Grafik unterstützt die Abgrenzung der Möglichen Aktionsbereiche nur bedingt.

Zusätzlich liegt das Spielbrett voll mit Plättchen, Meeple und Würfeln. Das alles aufzubauen, erfordert dann schon etwas mehr Zeit. Im Spiel ist das Brett aber tatsächlich funktional. Außer die Punkteleiste am Rand des Spiels. Für die kleinen Felder sind unsere Spielfiguren viel zu groß, mehrere passen schon gar nicht auf ein Feld.

Liest man die Spielanleitung, kommt einem alles erst einmal sehr zerstückelt vor. Man lernt viele neue, dem Spiel eigene Begriffe, die auch konsequent benutzt werden. Das ist für das Verständnis eher hinderlich. So ist z.B. immer von den Visionskarten die Rede, hierbei handelt es sich um Aufträge oder Ziele, die man erfüllen kann. Ansonsten ist die Rede von Yokaikarten, Bitokukarten, Iwakurafelsen, Kodamamarkern… da kommt man schon leicht durcheinander. Wenn man das Spiel verstanden hat, ist die Anleitung aber eigentlich gut strukturiert.

Ach ja, und Solo spielen kann ich nicht empfehlen. Ich habe mich da zweimal durchgearbeitet. Man hat eine lange Liste, was der Automa macht wenn… und die muss man jedes mal wieder von oben durchgehen, d.h. viel lesen. Das unterbricht den eigenen Spielflow doch ganz schön. Auch wenn ich das Spiel mag und immer wieder gerne Solo spiele, dieses eher nicht.

Die Würfel, die wir einsetzen, um Aktionen zu aktivieren, werden nie gewürfelt… und das ist doch das Beste was man mit Würfeln machen kann! (von jemand der beim Würfeln quasi vorhersagen kann, dass nicht das Gebrauchte kommt)

 

Bewertung / Test
+ sehr interessante Verzahnung der Mechanismen
+ toller Spielflow
+/- besonderes Artwork
– Anleitung durch „Fachbegriffe“ eine Einstiegshürde
– sehr buntes Spielbrett erschwert das Erkennen der Möglichkeiten
– teilweise sind Symbole sehr klein gedruckt
– Punkteleiste am Rand hat zu kleine Felder

 

 

(Eine Rezension von Sandra Sternkopf)


Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)


ACHTUNG – hier geht es zu unserem YouTube-Kanal:
Spielecafé der Generationen – Jung und Alt Spielt – YouTube

Bitoku (2021)

Spielidee: Germán P. Millán
Grafik: Edu Valls
Verlag: Schwerkraft
Anzahl der Spielenden: 1 bis 4 Spielende
Altersempfehlung Verlag: Ab 12 Jahre.
Eigene Altersempfehlung: Ab 14 Jahre.
Spieldauer: 120 Minuten.
Generationentauglichkeit: Nein, sehr kleinteilig und voller Farbe. Symbole klein gedruckt.