Der Rest ist Schweigen – Suspects: Letzter Auftritt von KOSMOS (Rezension)

Suspects: Letzter Auftritt | kooperatives Krimispiel | ab 12  Jahren | 1 bis 5 Spielende | Guillaume Montiage & Sébastien Duverger Nedellec | KOSMOS

„Suspects“ ist eine Reihe kooperativer Krimifälle, bei der du und dein Team die Rolle von Detektivin Claire Harper übernimmst. Für ihren aktuellen Fall „Letzter Auftritt“ schaut ihr euch genauer in dem King’s Theater in der schottischen Hauptstadt Edinburgh um, und das im Jahr 1935.

Diesen Mörder schnappen wir uns auch: „Suspects – Letzter Auftritt“

„Suspects: Letzter Auftritt“ ist ein kooperatives Krimispiel von Guillaume Montiage & Sébastien Duverger Nedellec. Es ist für 1-5 Personen gedacht und kann ab 12 Jahren gespielt werden.

In „Letzter Auftritt“ kommen wir als Ermittlungsteam deswegen zum Einsatz, weil eine ziemlich große und ziemlich schwere herabfallende Kulisse Theaterlegende George Singleton bei der Probe auf der Bühne erschlagen hat. Schlecht für Theater-Besitzer Troy Winsley, dessen Prämiere nun ohne den Hauptdarsteller in Gefahr ist, aber auch für das komplette Ensemble, die nicht an einen Zufall glauben. Denn schon in den drei Wochen zuvor gab es eine Reihe seltsamer Ereignisse im Theater.

Und schon stecken wir Nase voraus in einem Karten getriebenen Krimispiel. Zusammen werden wir natürlich den Tatort untersuchen, verdächtige Personen befragen und alles an Indizien und Hinweisen sammeln, was uns unter die Finger kommt. Insgesamt dreimal im Spiel müssen wir dann auf der Grundlage unseres Ermittlungsstands eine Liste von Fragen beantworten und so den Fall lösen. Ja, alles klar, das ist uns aus anderen Reihen dieses Genres bekannt, und doch fühlt sich „Suspects: Letzter Auftritt“ dichter und mehr nach Ermittlungsarbeit an.

Keine Sorge, hier bleibt alles spoilerfrei. Von mir erfährst du nichts!

Das liegt sicher daran, dass wir gleich zu Beginn vollen Zugriff auf alle Verdächtigen und alle relevanten Orte im Theater haben. Dazu haben wir zwei umfangreiche Dokumente, in den wir stöbern können. Alles, was die Story betrifft, ist dann auf insgesamt 56 Karten verteilt. Mit diesen Voraussetzungen kann ich meinen Ermittlungsweg ziemlich frei wählen. Wen ich zuerst befrage, wohin ich mich zuerst wende, das entscheiden wir. Das gibt mir das Gefühl einer Freiheit in meiner Arbeit. Oft spricht man dann von Immersion, also dem Eintauchen in die Atmosphäre. Und das gelingt uns im Ermittlungs-Duo aus meiner Frau und mir wirklich schnell. Irgendwie sind wir zwar nicht Detektivin Claire Harper, aber natürlich sind wir die richtigen für den Fall. Reich & Clemens – wir ermitteln alles

Vor uns liegen schnell immer mehr Karten und wir machen uns immer mehr Notizen. Die vielen Namen, denen wir begegnen, können wir auch zügig zuordnen, und auch schon bald haben wir eine Vermutung, dass hier jemand etwas vertuschen will. Nach den ersten dreißig aufgedeckten Karten stellen wir uns einer ersten Befragung. Dann müssen wir unsere Vermutungen zum Täter, Tathergang und Motiv äußern und zum ersten Mal aufschreiben. Diese Prozedur machen wir noch zweimal später im Spiel. Gebraucht wird sie, um am Schluss Punkte zu vergeben, wenn unsere Ermittlungen mit dem Auflösungsblatt abgeglichen werden. Je früher wir richtig liegen, desto mehr Punkte gibt es. Auch dieser Punktemechanismus ist wieder etwas, das es für uns nicht gebraucht hätte. Das Ziel ist das Spiel.

Solche Aufforderungen immer Ernst nehmen!

 

Fazit
Knapp zwei Stunden investierten wir zu zweit in „Suspects: Letzter Auftritt“ und waren am Schluss mit unserer Ermittlungsarbeit auch recht zufrieden. Wir lagen bei vier der Fragen goldrichtig. Das reichte aus, um, den Täter zu verhaften und die Aufführung zu retten. Aber jetzt kommt’s: In unserer Gedankenwelt war der Fall noch viel umfangreicher. Wir hatten begründete Verdachtsmomente für einen parallel ablaufenden zweiten Fall. Ich sage nur Betrug, Ehrgeiz und verschmähte Liebe. Die Indizien gaben es her, und die beiden Handlungsstränge hätten auch so super zusammengepasst. Vielleicht könnt ihr gerade ein bisschen mitfühlen, dass wir zwar erfolgreich, aber nicht zufrieden waren.

Das wir in unseren Ermittlungen so ausschweifend waren, lag sicher daran, dass uns die Story-Karten wirklich viel an Material bieten. Unsere Spielunterlage war quasi überschwemmt mit Material. Über fast jeden Charakter und seine Gedanken zu den anderen handelnden Personen im Stück haben wir Querverweise und Meinungsbilder. Unsere Notizzettel füllten sich immer mehr. Das machte die Personen unerwartet plastisch und hauchte ihnen Leben ein. Da trafen wir unter anderem auf Stinkstiefel, Choleriker, Herr und Frau Zuverlässig und einen Lebemann. Wir hatten so viel Infos, die wir aber am Schluss gar nicht zur Auflösung brauchten.

„Suspects: Letzter Auftritt“ bietet viel Text und fordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Zu zwei nahmen wir die Herausforderung auch gerne an, lasen uns die Texte vor und stimmten uns immer wieder mit unseren Ideen und Beobachtungen ab. Leider sind die Texte auf den Karten sehr klein dargestellt. Überzeugend generationentauglich ist das sicher nicht. Auch bei einem Teil unserer Ermittlungs-Duos ging da nichts ohne Lesebrille und ausreichend Licht. Eine dritte Person hätten wir sicher gut ins Team aufnehmen können. Was hätten wir aber nur mit einer vierten und fünften Expertise anfangen sollen? Dafür ist dann der Fall doch zu synchron in seinem Ablauf. Wir könnten nur schlecht an verschiedenen Stellen parallel arbeiten, auch wenn uns die Spielmechanik das eigentlich als Freiheit bietet. Für mich gilt auch bei „Suspects“: im Team ja, aber weniger ist mehr.

 

Bewertung / Test
+ wirkliches Ermittlungsgefühl
+ Das ganze Theater kann von uns untersucht werden
– Es braucht kein Punktesystem
– Vielleicht hätten auf der Grundlage der Indizien noch mehr Querverbindungen in dem Fall stecken können

 

 

(Eine Rezension von Oli Clemens)


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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Escape”

  • ... Altersgruppe 12 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Suspect: Letzter Auftritt (2022)

Spielidee: Guillaume Montiage & Sébastien Duverger Nedellec
Grafik: Émile Denis
Verlag: KOSMOS
Anzahl der Spielenden: 1-5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 12 Jahren
Spieldauer: 2 bis 3 Stunden

Generationentauglichkeit: Die Karten sind textlastig und kleinformatig. Das konzentrierte Hören und Lesen sind da extrem wichtig. Also leider nicht wirklich generationentauglich.