Gleisbau in Wales – „Foothills“ ist anspruchsvoll und richtig gut (Rezension)

Foothills von Ben Bateson und Tony Boydell, erschienen 2019  bei Lookout, ist ein 2-Personenspiel ab 10 im Kennerspielbereich.

Hier war es schön, hier will ich wieder hin. Wer kennt das Gefühl nicht nach einem schönen Urlaub. Wenn einfach alles gepasst hat, plant man seinen nächsten Urlaub wieder in der Region. So geht es mir mit Wales, am Fuß des berühmten Snowdon, dem mäßig steilen Berg mitten im „Parc Cenedlaethol Eryri“. Ja genau, der interessierte Leser wird „Aha“ sagen, „das ist doch der Berg, an dem Edmund Hillary für seine Mount Everest Besteigung trainiert hat.“

Nun bin ich weder Bergsteiger noch war ich jemals tatsächlich in Wales. Aber der Berg Snowdon, der im Mittelpunkt des Spiels „Snowdonia“ steht, erweckt an ebenjenes Spiel nur die besten Erinnerungen. In der Summer Challenge, dem gnadenlosen Spieletest-Wochenende, das ich mit ein paar Mitspielern jedes Jahr bestreite, steht seit Jahren „Snowdonia“ auf dem ersten Platz. Und dank der neu erschienenen Deluxe-Version wird es hoffentlich wieder öfters auf den Tisch kommen.

Aber wir reden heute nicht über Snowdonia, sondern über ein Spiel, das als Ableger zu sehen ist. Aber „ablegen“ würde ich dieses Spiel absolut nicht. Es ist ein reines Zweier-Spiel und es ist nicht einfach, das schon mal gleich vorweg.

Viele Möglichkeiten wollen geschickt kombiniert werden, ein längerfristiger Plan hilft entscheidend mit, letztlich der Gewinner zu sein. Bei manch einfachen Entscheidungen merkt man erst mit der Zeit, welch langfristige Auswirkungen darauf folgen. Das ist so geschickt verwoben und in das Thema Gleisbau integriert, dass der Zugang zum Spiel selbst einfach ist, zur Mechanik auch, aber um das Spiel zu beherrschen dauert es. Mehrere Partien sind nötig. Aber jede ist spannend, interessant und die möglichen Siegstrategien werden von Spiel zu Spiel mehr.

Damit ist es sehr nah an seinem großen Bruder und wer Snowdonia mag, wird dieses Spiel gern spielen. Die Mechaniken sind nicht neu, aber frisch aufbereitet. Es bietet richtig viel Spiel im Kennerspielbereich, und so nebenbei spielen geht gar nicht.

Fehler verzeiht das Spiel, aber zuviele dürfen es nicht sein. Liegt man zu weit zurück, kann man zwar noch aufholen, aber nur, wenn man optimal spielt.

Grafiken (Klemens Franz wie immer genial) und Spielregeln sind deutlich und hilfreich und ausführlich. Nur der Punkt, wie genau ich die einzelnen Strecken bei Spielstart aufbauen muss, ist etwas zu schwammig formuliert. Aber baut man das erste Spiel nach der abgebildeten Grafik auf, wird auch klar, was gemeint ist. Das Material ist toll gemacht, die Pufferböcke sind dreidimensional, die Tickets sehen wie Tickets aus. Sehr einladend und spielflussfördernd.

Wer das Spiel öfters gespielt hat, hat deutliche Vorteile gegenüber Neulingen. Tritt man aber auf Augenhöhe an, entwickelt sich ein sehr spannendes Spiel, das bis zuletzt offen ist. Und wer die letzten Züge optimal vorbereitet hat, kann dann seine Siegstrategie auch zum erfolgreichen Ende bringen. Sehr gut, aber auch sehr gut für Zugoptimierer, die den Spielfluss schon mal ausbremsen können. Aber im Zweierspiel ist das nicht so gravierend. Der jeweilige Mitspieler kann seinen Zug bereits planen, während der andere noch denkt.

 

FAZIT

Foothills ist ein Zweierspiel für erfahrene Leute, für Kennerspieler und für Leute mit Geduld, denn es braucht ein paar Partien, um alle Möglichkeiten im Spiel richtig einschätzen zu können. Gerade das macht es kurzweilig und auch nach mehreren Partien, dank der variablen Startaufstellung, entdeckt man neue Zusammenhänge und kann neue Strategien probieren. Das Material ist hochwertig und unterstützt den Spielspaß.

Meiner Meinung nach ist Foothill ein tolles Spiel in der Snowdonia-Familie. Es hat mich begeistert, genauso wie es wohl jeden Kennerspieler begeistert, der ein anspruchsvolles Zweierspiel sucht. Bei mir im Regal steht es weit vorn und jetzt ist mir nicht mehr Bange, wenn bei einem Spieleabend alle bis auf einen Mitspieler verhindert sind. Unbedingt anspielen!

 

SONSTIGES KURZ UND KNAPP

Ersteindruck: Viel los auf dem Tisch für ein Zweierspiel, aber dank der klaren Grafik einladend
Spielablauf: einfache Züge, die aber bedacht sein wollen
Spielintensität: sehr hoch
Spielfluss: flott, nur manchmal längere Denkphasen
Downtime: vorhanden aber nicht störend

Glück: wenig
Glücksfaktor: für das Spiel kaum störend
Spannung: bis zuletzt spannend

Thema: sehr nah dran
Material: Karten sehr gut, spielwichtige Grafiken deutlich erkennbar, alles gut spielbar
Spielregeln: ausführlich, nur ein paarmal schwammig

Lernzeit: ein paar Partien braucht man, um die Spieltiefe auszuloten
Spielhilfe: vorhanden
Erklärzeit: 15 Minuten

Gemeinschaftsgefühl: sehr hoch da man gegeneinander spielt (Stichspiel)
Nachhaltig: bleibt in guter Erinnerung
Wiederspielreiz: wechselnde Auslage bringt stets neue Herausforderungen

generationentauglich: bedingt ja, Grafik und Material gut geeignet, Komplexität ist fordernd
pädagogisch: eher weniger

Spaß/Spielfaktor: Intensives Zwei-Personen-Spiel mit hohem Anspruch
Spielzeit: gefühlt kürzer als gespielt
Gesamteindruck: sehr gut für ein 2-Personen-Kennerspiel, Snowdonia für 2, perfekt

 

BEWERTUNG

+ sehr gute 2-Spieler-Variante von Snowdonia
+ strategisch, fordernd, spannend
+ Material sehr gut
+ hoher Wiederspielreiz
– ein paar Partien notwendig

 

Hinweis zur Gender-Formulierung: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit nur die weibliche oder männliche Form verwendet wurde.

 

(Eine Rezension von Gerhard Hany)

Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)

 

Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kennerspiel/Zwei-Personen-Spiel” 

  • ... Altersgruppe 10-12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13-49 Jahre
  • ... Altersgruppe 50-75 Jahre
4.3

Foothills

Autor: Ben Bateson und Tony Boydell
Grafik: Klemens Franz
Verlag: Lookout Games, Vertrieb ASS Altenburger
Spieleranzahl: 2 Spieler
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten

Generationentauglich: bedingt ja, Grafik und Material gut geeignet, Komplexität ist fordernd