Biologie trifft Mathematik – Spectacular von Chillifox Games (Rezension)

Spectacular | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 1 bis 6 Spielende | Eilif Svensson & Åsmund Svensson | Chilifox Games | generationentauglich

Deiner Meinung nach gibt es momentan genug Spiele mit dem Thema „Tiere“? Da gebe ich dir Recht, seit einer Weile sind es sehr viele Neuheiten! Du würdest das gleiche für Würfeleinsetzspiele behaupten? Auch da würde ich nach einer Weile zustimmen. Jetzt bringe ich was Neues ins Gespräch: Wie sehr würde dich ein Spiel interessieren, das beides vereint und dabei sowohl zu zweit als auch mit bis zu 6 Personen kurzweilig genug ist um bereits nach 30 Minuten Spielzeit bei der Endwertung angelangt zu sein?
Dachte ich mir! Dann darfst Du „Spectacular“ kennenlernen – folge mir, ich habe es bereits oft gespielt und ausgiebig getestet!


Das Spiel
Spectacular
ist ein Kennerspiel von Eilif Svensson, Åsmund Svensson und bei Chilifox Games erschienen. Es ist für 1-6 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Die schön bunte und quadratische Spielschachtel ist etwas dünner und kleiner als die gewohnten quadratischen Boxen und sie trägt so viel Inhalt: Viele kleine Würfel in 4 verschiedenen Farben, Zylinder aus Holz in 3 verschiedenen Farben, noch mehr Plättchen in 4 verschiedenen Farben, Spielpläne, Tableaus …. schau am besten selbst auf dem Bild. Was sofort ins Auge sticht: Die praktischen Sortierboxen, die gleich mitgeliefert werden und einen sehr schnellen Aufbau ermöglichen, vorrausgesetzt, es wurde richtig wegsortiert in der vorherigen Partie!

Nun allerdings der Reihe nach: Wenn ich Spectacular erklären darf, dann erhält eben jede der 2 – 6 Personen am Tisch das Tableau für einen Park und sofort die kleine Faltschachtel mit dem zum eigenen Plan passenden Tiersymbol. Über den gemeinsamen Aufbau erklärt sich dann schon recht viel. Es gibt die persönliche Auslage, die ich im Laufe des Spiels komplett auf meinem Plan unterbringen werde und die eher „öffentliche“ Auslage, bei denen ich im Mechanismus des „Auswählen & Nehmens“ („Draft„) aus wechselndem Angebot Würfel oder Plättchen nehmen werde. Die persönliche Auslage liegt links von meinem Plan und wird über den Eingang „West“ geplant, die öffentliche Auslage ist eines dieser Angebotstableaus, das ich von der Person rechts von mir erhalte und später nach links weitergebe und deren Teile ich über den Eingang „Nord“ plane. Erst wenn alle Personen am Tisch sowohl auf „Nord“ als auch auf „West“ ein Plättchen oder Würfel liegen haben, geht’s weiter. Da alle simultan wählen, dauert das nur selten übermäßig lange.

Spielaufbau einer Partie Spectacular
Es kann losgehen – rechts die Aufträge, links der eigene Vorrat an Plättchen und Würfeln sowie oben das stets weiter wandernde Draftplättchen.

Haben alle gewählt, wird zunächst das Tableau im Uhrzeigersinn weitergeschoben. Bevor wir erneut wählen, verbaut jede Person die geplanten Plättchen und / oder Würfel im eigenen Park. Für Plättchen gibt es keine besondere Regel, außer dass sie auf ein leeres Feld gelegt werden müssen. Angrenzend zu legen ist bei „Spectacular“ keine Pflicht. Und dennoch ist es nicht unerheblich, wohin ich meine Plättchen lege. So bilden sie Habitate und bringen die Tiere mit auf den Plan. Ich versuche idealerweise jede Farbe als ein zusammenhängendes großes Gebiet zu legen. Es sollten Plättchen mit einem Herz dabei sein, am besten gleich zwei oder mehr. Das ist eine Voraussetzung um zu punkten, dazu später mehr. Die anderen Plättchen ohne Herz tragen in einer Ecke einen „Drittelkreis“ in einer der drei Farben Gold, Silber oder Schwarz. Wenn es mir gelingt, mit gleicher Farbe einen Kreis zu schließen (die Terrainfarbe ist dabei egal), so platziere ich umgehend einen Zylinder auf das Rund. Ich habe dann einen Aussichtsturm vollendet.

Die Funktion dieser Türme erklärt sich am besten im Zusammenhang mit den Regeln zur Würfelplatzierung. Würfel dürfen immer nur auf Plättchen der passenden Farbe gelegt werden. Wann immer ein Plättchen einen aufgedruckten Würfel mit einer Zahl zeigt, so erfordert das Plättchen eben genau diesen. Zeigt das Plättchen keine Zahl, bin ich frei in der Entscheidung, wohin ich meine Würfel der passenden Farbe mit Zahlenwert 1 – 5 lege. Die Zahl 6 darf nur auf dem Startplättchen liegen, weil sie da aufgedruckt ist, oder an einen Turm angrenzend. Unter Berücksichtigung dieser Regeln sollten nun die beiden Objekte (Würfel oder Plättchen) auf dem eigenen Plan untergebracht worden sein. Haben alle am Tisch diesen Schritt erledigt beginnt die nächste Auswahl mit … genau einem Gegenstand von links aus der persönlichen Auslage und einem Gegenstand aus dem Tableau, das nun einen Gegenstand weniger enthält. Dabei zeigt sich der Zwischenschritt des Platzierens auf die Planfelder „W“ und „N“ als nützlich, damit alle wirklich gleichauf bleiben. So wird die erste Phase des Spiels gespielt, bis alle den letzten Gegenstand vom Tableau auf das Feld „N“ gelegt und später eingebaut haben.

Näher betrachtet: aus diesen 8 Dingen wähle ich eins aus und platziere es auf dem nördlichen Planfeld, das gleiche erledige ich mit 1 der ausliegenden Dinge von links – das platziere ich zunächst in den Westen (im Bild nur angeschnitten).

Es erfolgt nun die Zwischenwertung – dabei werden alle Felder, die einen Würfel tragen und noch dazu mit einem der 3 Felder angrenzend mit dem Feld „Ticket“ verbunden sind gezählt. Wir addieren hierfür die Würfelaugen. Dabei ist in dieser Wertungsphase die Farbe egal – die Würfel müssen lediglich zusammenhängen. Nach dieser kurzen Verschnaufpause geht es in Phase 2 des Spiels. Alle Personen am Tisch sollten nun noch 7 Gegenstände in der persönlichen Auslage haben, dabei ist die Zusammensetzung aus Würfeln und Plättchen nicht immer gleich. Es wird nun also noch genau 7 Runden geben, dann ist das Spiel bereits vorbei. Zuvor wird – in Abhängigkeit der Personenzahl – das kleine Draft-Tableau wieder mit Würfeln und Plättchen aufgefüllt und Phase 2 kann beginnen.

Die Platzierungsregeln noch kurz zusammengefasst: Würfel mit einer 6 dürfen nur auf spezielle Felder – die Mütze eines Arbeiters dreht einmalig einen Würfel der passenden Farbe um +/- 1. Wie schön: Die 6 darf zur 1 werden und umgekehrt!

Die Punktevergabe bei Spielende ist nun jedoch etwas vielschichtiger als noch zuvor in der Zwischenwertung:

  1.  Der Weg vom Eingang ist nun nicht mehr wert.
  2.  Wertung der 4 Gebiete (Savanne, Meer, Dschungel, Gebirge) – nachfolgend kurz erläutert.
  3.  Wertung der Türme – sofern von 3 Würfeln umgeben, zählt die Würfelaugenzahl der 3 Würfel als Punkte für jeden Turm.
  4.  Wertung der Tiervielfalt – egal ob mit einem Würfel besetzt oder nicht, zählt die Vielfalt der verschiedenen Tiere auf den Plättchen gemäß der Tabelle am Unterrand des Spielertableaus
  5.  Wertung der eigenen Aufträge – Im fortgeschrittenen Spiel, hierfür liegt eine Legende bereit.

Kurz die Gebietswertung nochmal etwas genauer dargestellt. Wofür gibt es eigentlich die Punkte? Ich erwähnte die Plättchen mit Herzen, das sind Brutstätten. Sind sie mit einem Würfel besetzt, werden sie aktiviert und stellen einen Multiplikator für das Gebiet dar, dessen Farbe sie angehören und somit vergrößern. Habe ich also in einem grünen Gebiet 3 Plättchen mit Herzen auch mit Würfeln besetzt, so ist der Multiplikator für eben genau dieses grüne Gebiet 3. Multipliziert werden nun alle Würfelaugen dieses Gebietes – inklusive derer, die auf den Brutstätten liegen. Ein großes Gebiet, mit aktivierten Brutstätten und hoher Würfelaugensumme erzielt zum Ende einer Partie also viele Punkte.

Auf der Seite mit dem Blatt (oben links auf dem Tableau erkennbar) sind die Parks leicht asymmetrisch. Unten im Bild die Aufschlüsselung der Tiervielfalt, deren Punkte neben denen der Aufträge rechts im Bild oft das Zünglein an der Waage sind!

Im Grunde ist „Spectacular“ als Spiel für alle Generationen geeignet, wenn wir die Allerjüngsten nicht berücksichtigen würden. Auch sind die Würfel und die Türme etwas kleiner und so entsteht mitunter ein etwas „fummeliger“ Eindruck wenn irgendwo etwas dazwischen platziert werden muss. Auch ist das Regelwerk nicht schwer und spätestens ab der zweiten Partie durchdrungen. Aufforderungscharakter hin oder her: Aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten jedoch sehe ich es eher als Generationenspiel für Fortgeschrittene.

Fazit
„Spectacular“ erfindet die einzelnen Komponenten eines gelungenen Spiels nicht neu, es setzt sie allerdings geschickt zusammen und sorgt so für einen unterhaltsamen Spaziergang durch eine Partie, die selbst im Spiel zu 6. die mit 30 min angegebene Spieldauer nur knapp überschreitet. Dabei schaue ich stets nach rechts, was mich wohl für Würfel oder Plättchen im nächsten und ggf. im übernächsten Zug erreichen können. Dabei kann ich mindestens einem Ziel immer irgendwie zuarbeiten und sei es am Ende gar die Vielfalt, die selbst bei unbesetzten Plättchen Punkte bringt und nicht vernachlässigt werden sollte – es ist halt schon ein Unterschied, ob ich mit 13 oder mit 51 Punkten in der Vielfaltswertung dastehe …

Meist braucht es diese Erkenntnis – und die ist spätestens mit der Endwertung in der 1. Partie gereift –  was schon in der nächsten Partie besser werden kann. Es dauert auch nicht lange, bis die persönliche Jagd nach dem eigenen Highscore entsteht. Auch in Sachen Abwechslung hat „Spectacular“ noch 2 Dinge im Gepäck: Aufträge, die für den Einstieg weggelassen werden und auch eine leicht asymmetrische Rückseite des Spielplanes, auf der jedoch immer mindestens 3 Türme gebaut werden können – theoretisch, denn hier hängt es stark von den Plättchen ab, sowohl den eigenen, als auch denen, die die anderen Personen zu mir kommen lassen.

Dabei ist die Interaktion während des gesamten Spiels eben auf dieses „sich Dinge wegnehmen“ beschränkt – echte Konfrontationen gibt es bei „Spectacular“ nicht. Genau das macht es so flott, weil die eigenen Züge nicht durchkreuzt werden können, natürlich baue ich ein Stück vorausschauend, allerdings zerstört mir niemand meinen Park. Was einmal gebaut ist, bleibt gebaut.

„Spectacular“ ist für mich eines dieser Spiele, die ganz plötzlich einfach da sind und völlig egal ob aus Liebe auf den ersten oder den zweiten Blick nicht mehr gehen sollen. Dabei sorgt es für eine angenehme Atmosphäre am Tisch und entlässt mich mit einem friedlichen Gefühl aus einer Partie. Es fordert mich nicht direkt zu einer zweiten auf und trotzdem möchte ich verweilen und mehr entdecken und ausprobieren, einfach von mir aus!

Sollte es dieses Jahr nicht unter dem Weihnachtsbaum liegen, keine Sorge: Strohmann Games hat sich diese Perle für den deutschen Markt gesichert und wird im Jahr 2025 das vom Spielmaterial her sprachneutrale Spiel „Spectacular“ komplett auf deutsch im Angebot haben. Spätestens dann solltest Du die Gelegenheit haben es selbst auszuprobieren! Viel Spaß dabei und natürlich Frohe Weihnachten!

 

Bewertung / Test
+ Simultanes Spielen bis zu 6. ohne den Stress eines Echtzeitspiels
+ Relativ gutes und kurzes Erklären des Spiels fördert den Einstieg
+ Schöne Gestaltung
+ Praktische Faltschachteln zum noch schnelleren Aufbau
– Leicht fehleranfällig in den ersten Partien im Draftmechanismus (ein „Spielleiter“ minimiert das)

 

(Eine Rezension von Tobias Mallock)

Tobias

 

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Spectacular (2024)

Spielidee: Eilif Svensson, Åsmund Svensson
Grafik: Gjermund Bohne
Verlag: Chilifox Games | für 2025 bei Strohmann Games auf deutsch angekündigt
Anzahl der Spielenden: 1 – 6 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten

Generationentauglichkeit: Eher fortgeschrittenes Generationenspiel. Wenn auch einfache Entscheidungen, die Tragweite zu erkennen ist jedoch die Herausforderung!