Auf den Wegen von Darwin | Familienspiel | ab 8 Jahren | 2 bis 5 Spielende | Grégory Grard und Matthieu Verdier | Sorry We Are French | generationentauglich | pädagogisch wertvoll
Welchen Einfluss die Entdeckungen Charles Darwins auf die Erkenntnisse über das Leben haben, lernten viele von uns vielleicht in der Schule und eventuell erneut im Studium. Welchen Einfluss er auf die Spieleindustrie hat, zeigt sich in den letzten Jahren immer deutlicher. Mit „Auf den Wegen von Darwin“ steht ein weiterer Titel im Spieleregal, der die Errungenschaften Darwins als thematischen Anlass nimmt um uns zu unterhalten. Wie gut das diesmal gelingt? Lies weiter!
Das Spiel
Auf den Wegen von Darwin ist ein Familienspiel von Grégory Grard und Matthieu Verdier und bei Sorry We Are French erschienen. Es ist für 2-5 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.
Herzlich Willkommen an Board der zweiten HMS Beagle, eines der Forschungsschiffe der Royal Navy, mit dem Vermessungsfahrten unternommen wurden. Zu dessen 2. Forschungsreise war unter der Besatzung auch Charles Darwin an Board und umsegelte von 1831 bis 1836 die Welt. Darwin begann im jungen Alter von 22 Jahren diese Reise, die die Grundlagen für zahlreiche Veröffentlichungen bildete und schließlich maßgeblich zu seinem Lebenswerk „The Origin of Species“ zu deutsch „Über die Entstehung der Arten“ beitrug. Wir finden uns mitten auf dieser Expedition an der Seite des jungen Charles wieder und unterstützen ihn bei der Sammlung und Einsortierung der verschiedenen Arten.
Bereits die Gestaltung der quadratischen Spielschachtel und das Thema begeistern mich. Schön anzusehen, anzufassen und mit allerlei Hintergrundinformationen, so bin ich sofort dabei. Die Spielregeln sind verständlich verfasst, überschaubar und schnell verinnerlicht. Pro Person werden 12 Plättchen auf einen verdeckten Nachziehstapel gelegt, 9 Plättchen werden zusätzlich offen in einer quadratischen Auslage im Raster aus 3 x 3 Feldern platziert. Diese Plättchen beinhalten verschiedene Arten von Tieren: Vögel, Säugetiere, Reptilien oder Insekten. Zusätzlich ist die Herkunft des Tieres aus einer der 4 Regionen Asien, Afrika, Ozeanien oder Amerika durch eine aufgedruckte Karte und farblich deutlich erkennbarem Hintergrund gekennzeichnet.
Gespielt wird im Uhrzeigersinn. Bin ich am Zug, wähle ich jeweils aus der Spalte oder Zeile, die von der HMS Beagle ausgehend eine gerade Linie bildet, ein Plättchen aus. Ist es vom Holzmarker aus gesehen das 1. / 2. / 3. Plättchen, so rückt die HMS Beagle 1 / 2 / 3 als Pfeile dargestellte Felder im Uhrzeigersinn weiter und gibt für die nächste Person die aktive Reihe vor. Das wiederholen wir so lange, bis die Nachziehstapel alle aufgebraucht sind, oder anders gesagt: Wenn jede Person 12 Plättchen vor sich in der Auslage liegen hat. Am Ende gewinnt – wie überraschend – wer die meisten Punkte erzielt hat.
Punkte werden auf viele verschiedene Wege erzielt. Dadurch, dass sie erst bei Spielende gezählt und verglichen werden, gibt es relativ geringe Wartezeiten zwischen den eigenen Zügen. Im Grunde blicken wir auf ein Plättchenauswahl- und Plättchenlegespiel, bei dem ich jeweils das Plättchen wähle, das mir im Moment am nützlichsten erscheint. Mal ist der Kontinent von großer Bedeutung, mal die Art des Tieres wichtiger und dann sind da noch ein paar andere Symbole, die recht schnell verstanden sind und alle auf ihre Weise Punkte erzeugen. Also Plättchen wählen und legen vor dem Mechanismus des Sammelns („Set Collection“)!
So gibt es Kompasse, Karten, Ortskundige oder einfach direkt Siegpunkte. Jedes Kompassplättchen, das ich bei Spielende gesammelt und in meiner Auslage liegen habe, wird mit der Anzahl sichtbarer Kartensymbole in meiner Auslage multipliziert. Ortskundige sind Personenplättchen, die es mir erlauben vor der Plättchenwahl die HMS Beagle um ein Feld pro Kundigem vor oder zurück zu bewegen um dann von da zu wählen oder die komplette aktive Reihe durch 3 neue Plättchen zu ersetzen. Siegpunkte zählen den aufgedruckten Wert.
Es ist also auf viele Arten und Weise möglich im Spiel Punkte zu erzielen – die einzig gewinnbringende Taktik gibt es aus meiner Sicht auch nach einigen Testspielen nicht – die Punkte durch das Produkt aus Kompass und Landkarten sind oft hoch, dafür erziele ich weniger bei den direkt aufgedruckten Siegpunkten.
Wenn ich ein Plättchen wähle, auf dessen Platz in meiner Auslage bereits eins liegt, so decke ich das vorhandene Tier mit allen Symbolen ab. Vorteile, die ich zuvor dadurch in Form von Kompassen oder Ortskundigen erhalten habe, bleiben bestehen. Aufgedruckte Siegpunkte oder Landkarten hingegen sind nicht mehr sichtbar und zählen bei Spielende nicht mehr. Erstrebenswert ist es dennoch, denn durch das Überdecken darf ich eine neue Theorie aufstellen – ich nehme entweder aus den 3 offen liegenden oder vom Stapel der verdeckten Plättchen eins und lege es an den rechten Rand meines Tableaus. So wähle ich künftig noch gezielter aus, da jede Theorie ein individuelles Endwertungsziel darstellt.
5 Plättchen im Spiel sind Persönlichkeiten – sie werden separat gelegt und gewähren mitunter sehr gute Effekte. So erhält die Person, die Darwin wählt, ein Theorieplättchen gratis und einen Ortskundigen dazu. Allerdings ist es dann ein Plättchen weniger im Tierraster, da jede Person genau 12 Plättchen erhält – es gilt also vor jeder Wahl genau abzuwägen, was bei Spielende die meisten Punkte einbringt.
Aufgrund der Tatsache, dass ich mich zwischen 3 Plättchen entscheiden muss ist die Qual der Wahl gar nicht so groß und das bedeutet im Umkehrschluss, die Wartezeit zwischen den eigenen Zügen gar nicht so lang ist. Die gesamte Spieldauer ist dadurch mit zum Teil weniger als 30 Minuten in Vollbesetzung auch erfrischend kurz, so dass eine Anschlusspartie das Gefühl des belohnenden Sammelns noch weiter trägt.
Über den Spielverlauf hinaus weckt ein Spiel von der Gestaltung und der Machart wie „Auf den Wegen Darwins“ das Interesse an der namensgebenden Person und dem dargestellten Sachverhalt. Das ist schön und nicht immer selbstverständlich! Dadurch ordne ich den Titel nicht nur als generationentauglich, sondern auch als pädagogisch wertvoll ein. Die Haptik des Spielmaterials, der Spielinhalt selbst und die Partiedauer lädt förmlich zum Spiel für Jung und Alt ein.
Fazit
Nach „Über die Entstehung der Arten„, „Darwin’s Choice“ und nicht zuletzt sehr erfolgreich mit „Darwin’s Journey“ erleben wir mit „Auf den Wegen von Darwin“ ein weiteres Spiel, das thematisch einem der bedeutendsten Naturforscher gewidmet ist. Schon allein das Thema nimmt mich schnell in Beschlag. Die handliche Spielschachtel ist dazu noch hübsch anzusehen und das Spielmaterial besteht neben einem Holzschiff, der HMS Beagle, als Bücher gestalteten Spielerplänen auch aus einigen Markern und Plättchen aus verstärktem Material. Da bekomme ich, und das geht sicher vielen anderen genauso, gleich Lust darauf, es in die Hand zu nehmen und loszuspielen.
Sehr gut gelungen finde ich neben der Gestaltung den recht schnell verinnerlichten Spielmechanismus, der auch mich erfahrenen Spieler oft vor die Qual der Wahl stellt – welches dieser 3 Plättchen nehme ich nun? Setze ich einen Ortskundigen ein um die Beagle und somit die aktive Reihe zu verändern? Wenn das auf meinem Tableau ausliegende Plättchen bereits einen hohen Punktwert hat, wie sehr schmerzt es bei der Endwertung, das zu überdecken? Und warum kommen eigentlich keine afrikanischen Tiere genau dann, wenn ich sie am dringendsten brauche? Diese und noch mehr solcher Fragen stecken im Mechanismus von „Nimm 1 von 3 Plättchen und platziere es auf deinem Tableau“ – prima!
Besonders gut finde ich diesen Abgleich bei vielen Spielenden zwischen Erwartung und Spielerfahrung und auch da enttäuscht mich „Auf den Wegen von Darwin“ nicht. Mit der Erwartungshaltung, es müsse sich um ein schwieriges Spiel handeln, folgt dann kurz die überraschende Erkenntnis über das kurze und stimmige Regelwerk um dann im Spielspaß aufzugehen, der bei allen Mitspielenden am Tisch deutlich spürbar ist. Probiere „Auf den Wegen von Darwin“ unbedingt aus und geh‘ mit an Board der HMS Beagle, vorallem wenn Du Spiele mit einfachem Auswahlmechanismus (Tile Drafting) und Sammeln von Sets (Set Collection) magst, „Trekking: Reise durch die Zeit“ oder etwas entfernter auch „Parks“ seien hier stellvertretend genannt.
Bewertung / Test
+ Wunderschöne Gestaltung
+ Hohe Qualität des Spielmaterials
+ Gute Spielanleitung und tolle Führung durch das Geschehen mittels eindeutiger Ikonographie
+ Nur kurze Wartezeit während die Mitspielenden ihre Züge machen
+ Schlankes Spielgeschehen mit vielen Optionen am Spielende Punkte zu generieren
(Eine Rezension von Tobias Mallock)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”
Auf den Spuren von Darwin (2023)
Spielidee: Grégory Grard, Matthieu Verdier
Grafik: Maud Briand, David Sitbon
Verlag: Sorry We Are French
Anzahl der Spielenden: 2-5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 20 – 30 Minuten
Generationentauglichkeit: Ja! Leicht zugänglicher Mechanismus. Erkennbare Symbole, die ggf. grenzwertig in der Größe sind.
Pädagogisch wertvoll: Ja, denn das Spiel regt dazu an, über die Arten zu diskutieren und nachzuschlagen und die Biographien der Persönlichkeiten zu verfolgen.