Kennen Sie das? Die einen Spieler sind total geflasht von einem Spiel und die anderen können damit gar nichts anfangen? Und hört man sich deren Argumente an, weiß man selbst nicht, wie man sich entscheiden soll. Letztlich entscheidet das eigene Bauch- oder – sagen wir es deutlicher – Spiel- und Spaßgefühl. Darum sollte sich der Leser nicht beeinflußen lassen durch Meinungen anderer Spieler oder Rezensionen. Sie können einem nur einen Hinweis geben, wie andere Leute ein Spiel sehen. Und gut ist, dass jeder eine andere Meinung hat.
Die „7 Wonders“-Erweiterung „Armada“ gehört zu den Spielen, die in meinen Spielerkreisen heftig und kontrovers diskutiert wird. Ich möchte hier einmal beide Seiten zu Wort kommen lassen. Das Fazit, das ich persönlich ziehe, stelle ich am Ende vor und werde es auch begründen.
„7 Wonders“ schlug mit seinem Karten- Drafting-Mechanismus ein wie eine Bombe in der Spielerwelt. Nicht neu, aber so konsequent weiterentwickelt, dass es sich genial und gleichzeitig einfach spielt. Die Vorteile bei der Verwirklichung des Spiels liegen auf der Hand. Man spielt nahezu alles gleichzeitig, also kaum Wartezeit bei Grüblern am Tisch. Man spielt mit bis zu sieben Leuten am Tisch, ohne dass die Spielzeit zwischen drei und sieben Spielern sich stark ändert. Viele verschiedene Strategien führen zum Sieg und gelernt ist das Spiel schnell, gemeistert aber nicht so einfach. Klingt nach einem perfekten Spiel. Wenn da nicht auch die andere Meinung wäre.
Bis zu sieben Leute am Tisch, von denen jeder meist für sich alleine spielt. Ein bisschen schaut man auf den linken und rechten Nachbarn, aber das wars dann schon. Ich hab nichts von den anderen Spielern. Viele Siegstrategien sind schön, aber letztlich kommt es darauf an, welche Karten ich auf die Hand bekomme. Und da ich in jedem Zug neue Karten auf der Hand halte, kann ich nicht langfristig planen. Jeder Zug ist eigentlich nur eine taktische Angelegenheit. Das Glück entscheidet, ob ich eine Strategie durchziehen kann oder nicht. Gleichzeitig spielen bringt enorme Zeitvorteile, aber ich kann damit nicht prüfen, ob jeder seinen Zug auch regelgerecht macht. Nicht dass ich meinen Mitspielern misstraue, aber in der Hektik kann man schon mal etwas übersehen. Da wäre Kontrolle der Mitspieler besser.
Die Diskussion kann man noch lange weiterführen. Gute Argumente für beide Seiten. Das betrifft „7 Wonders“. Was hat das mit der Erweiterung „Armada“ zu tun? Nun, Armada ist irgendwie mehr vom Gleichen. Das Spiel wird breiter, es kommen neue Möglichkeiten dazu. Das Spiel wird aber nicht tiefer. Der Spielfluss bleibt gleich. Wer 7 Wonders mag, wird Armada lieben, wer 7 Wonders nicht mag, wird mit Armada genauso wenig anfangen können.
Und für alle, die noch nicht richtig warm geworden sind mit 7 Wonders, weil bestimmte Dinge fehlen? Für die könnte es interessant sein, Armada zu probieren. Zum einen beschränkt Armada die vielfältigen Möglichkeiten. Es diktiert ziemlich stark, in welche Richtung man gehen sollte. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf „Meer“. Das gibt ja bereits der Titel vor. Will ich aber mit meinem herkömmlichen erfolgreichen Spielstrategie spielen, werde ich schnell ausgebremst.
Apropos schnell. Schnell spielt es sich nicht mehr. Die Hektik ist raus, jetzt gehört Nachdenken, und Grübeln plötzlich zum Spielalltag. Die Spielzeit wird fast verdoppelt. Und Zugoptimierer können den Spielfluss deutlich stören.
Auf der positiven Seite wird das Spiel aber auch deutlich erweitert. Es kommen neue Dinge dazu, und es macht Spaß, diese zu entdecken und zu erforschen. Neue Wege zum Sieg eröffnen sich und wollen verfeinert werden. Das Spiel bietet noch mehr Abwechslung und damit höheren Wiederspielreiz.
Und was ist jetzt meine Meinung? Zunächst einmal klargestellt: Armada ist eine Erweiterung, die Freunde von „7 Wonders“ vielleicht am meisten begeistern kann. Sie macht vieles ganz im Sinn von „7 Wonders“ richtig. Sie verbiegt das Spiel nicht, wirkt nicht aufgesetzt und ist im wahrsten Sinn des Wortes eine Erweiterung, eine sehr gelungene dazu.
Mir gefällt „7 Wonders“ nicht so. Mir gefällt aber Armada. Tatsächlich hat diese Erweiterung bei mir das Spiel interessanter gemacht. Zum einen ist der Wettkampf mit den anderen deutlicher. Man erfährt nicht erst zuletzt, wer wirklich gewonnen hat, sondern sieht, wie sich die einzelnen Leute „auf dem Meer“ schlagen. Man spielt außerdem nicht mehr so allein. Das Spiel dauert länger, das tut dem Spiel gut. Man hat mehr Zeit, auch die anderen Mitspieler zu beobachten. Jetzt muss man auch auf Spieler reagieren, die gar nicht in Reichweite sitzen. Es entsteht mehr Kommunikation am Tisch. Und der Fortschritt „auf dem Meer“ lässt sich besser planen und so kann man Siegstrategien verfeinern, ohne dass das Kartenglück hier allzuviel zerstören kann.
Meiner Meinung nach sollte jeder „7 Wonders“-Fan sowieso diese Erweiterung besitzen. Jeder, der eher skeptisch „7 Wonders“ gegenüber steht, sollte“ Armada“ probieren. Es könnte sich lohnen – wie für mich, denn „7 Wonders“ hat mit dieser Erweiterung deutlich gewonnen. Wer „7 Wonders“ einfach nicht mag, Finger weg, es ist nur mehr vom Bekannten.
Wie soll man jetzt bewerten? Für Leute, die“ 7 Wonders“ 5 Sterne geben, geben diese 5 auch für die Erweiterung. Spieler, die bis jetzt nur 3 oder weniger Sterne für „7 Wonders“ verteilt haben, die werten eher noch schlechter. Die Spieler dazwischen tendieren eher zu einer besseren Wertung. Selten war die Meinung meiner Mitspieler so gespalten. Also bleibt es an mir, mich zu entscheiden. Und ich entscheide mich für 4 Punkte. Das Spiel gewinnt an Breite, ohne vom eigentlichen Spielprinzip abzuweichen. Es ist gut ausgewogen und zerstört die Spielbalance nicht. Es ist handwerklich sehr gut gemacht, auch wenn die Schiffchen ein bisschen klein geraten sind und ziemlich fummelig zu spielen sind.
Einsteiger sollten mit dem Grundspiel allein beginnen, sonst ist „Armada“ einfach zu viel des Guten. Erfahrene Gelegenheitsspieler sollten kein Problem haben, auch wenn die Anforderungen höher sind als im Grundspiel. Das liegt nicht an einer neuen Spieltiefe, sondern an den erweiterten Möglichkeiten im Spiel. Es gibt einfach mehr zu bedenken. Kennerspieler finden sich schnell zurecht mit der Erweiterung, der entscheidende Kick fehlt aber nach wie vor. Ein Erarbeiten einer Siegstrategie scheitert am Spielprinzip des Karten-Draftings.
Eines aber kann man „7 Wonders“, mit oder ohne Erweiterung, nicht abstreiten. Es gehört, trotz der unterschiedlichen Bewertungen, zu einem der meistgespielten Spiele in meiner Sammlung. Und letztlich ist das eine deutliche Aussage.
FAZIT
7 Wonders Armada ist eine Erweiterung für „7 Wonders“ für 3-7 Spieler ab 10 Jahren von Antoine Bauza, Grafiken von Dimitri Chappuis, Etienne Hebinger und Cyril Nouvel, erschienen 2018 bei Repos Production. Es erweitert das bekannte Spielprinzip, bietet mit Meer und Inseln deutlich mehr Möglichkeiten ohne das Spiel komplizierter zu machen oder es zu vertiefen. Die Spielzeit wird deutlich verlängert. Mit Grüblern am Tisch wirds schon einmal sehr lange, dafür hat man „endlich“ Zeit, auch die Mitspieler genauer zu analysieren, was beim Grundspiel in der Regel nicht möglich und sinnvoll ist.
„Armada“ empfehle ich für „7 Wonders“-Freunde uneingeschränkt. Erfahrene Gelegenheitsspieler werden gefordert aber nicht überfordert, Kennerspieler haben viel neues Futter, das aber nicht reicht, um das Spiel zu einem Dauergast auf dem Tisch zu machen.
BEWERTUNG
+ solide Erweiterung des bekannten Spielprinzips
+ Material und Grafiken gelungen
+ mehr Möglichkeiten
+ etwas besser planbar als das Grundspiel
– Spielzeit wird deutlich verlängert
– Schiffe etwas fummelig
Hinweis zur Gender-Formulierung: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit nur die weibliche oder männliche Form verwendet wurde.
(Eine Rezension von Gerhard Hany)
Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)
Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kennerspiel”
7 Wonders Armada
Autor: Antoine Bauza
Grafik: Dimitri Chappuis, Etienne Hebinger, Cyril Nouvel
Verlag: Repos Production
Spieleranzahl: 3-7 Spieler
Altersempfehlung Verlag: Ab 10Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Generationentauglich: Die Ansprüche sind für alle empfohlenen Altersgruppen gleich, die große Auslage (gerade bei mehr Mitspieler) wird schnell unübersichtlich.