Großes Spiel für großen Tisch – Arche Nova von Feuerland (Rezension)

Arche Nova | Kennerspiel | ab 14 Jahren |  1 bis 4 Spielende | Mathias Wigge |  Feuerland 

Selten war ein Spiel auf Anhieb so erfolgreich, zumal es sich um ein Erstlingswerk handelt. Es wird mit Terraforming Mars verglichen. wobei im gleichen Satz meist gleich gesagt wird, dass man es nicht vergleichen kann. Es braucht schon mal einen großen Tisch. Erfordert es aber auch Expertenspieler:innen, oder kann es Otto Normalspielender auch fesseln (wenn es den oder die überhaupt gibt)?

Spielkarton und Inhalt

 

Das Spiel
Arche Nova ist ein Kennerspiel von Mathias Wigge und bei Feuerland erschienen. Es ist für 1 – 4 Spielende geeignet und kann ab 14 Jahren gespielt werden.

Der Anblick des aufgebauten Spieltisches könnte bei Vielen, die so etwas nicht gewohnt sind, einen spontanen Fluchtimpuls wecken. Eine riesige zentrale Auslage für Spielkarten, umrandet von zwei unterschiedlichen Punkteleisten. Persönliche Spielpläne mit zunächst kryptischen Karten darunter und nochmal ein Spielplan mit seltsamen Plättchen darauf. Doch keine Panik: es ist in der Tat nicht schwierig und alles so thematisch wie logisch.

Wobei, wenn ein Experte ein Spiel vorstellt mit den Worten: „Ist nicht schwierig und dauert auch nicht so lange!“, ist Vorsicht geboten. Doch in der Tat sind die Spielzüge an sich bei Arche Nova schnell erklärt und verständlich. Die Spieltiefe kommt beim Spielen selbst und man bekommt nach der ersten Partie sofort Lust, es neu zu probieren.

Auslage eines Spielenden mit Zooplan, Fortschrittsmarkern und Aktionskarten
Die Startauslage eines Spielenden.

 

Eine Regelerklärung führt hier aber zu weit. Es geht hier nur um einen Überblick um zu verstehen, welche Faszination das Spiel offensichtlich ausübt.

Man beginnt mit einer Auswahl an Startkarten. Für die ersten Partien empfiehlt es sich der Zusammenstellung zu folgen, die von Feuerland auf deren Homepage vorgeschlagen wird. Im Prinzip bekommt man 8 Karten auf die Hand, von denen man vier wieder ablegen muss. Da die richtige Wahl zu treffen gelingt nur nach der etwas Spielerfahrung.

Die Karten zeigen Tierarten mit der jeweils geforderten Größe des Geheges und -art, Voraussetzungen und Kosten. Jede Tierart hat nach dem Ansiedeln (=Ausspielen) einen Effekt, zumindest ein Weiterkommen auf der Attraktionsleiste, die für das Geldeinkommen maßgeblich ist. Es gibt Sponsorenkarten, die für Einkommen sorgen oder weitere Verbesserungen bieten und Karten für Artenschutzprojekte, die aber erst im späteren Spielverlauf interessant werden.

Mit meinen Handkarten kann ich eine kleine Strategie aufbauen, eine Spezialisierung vorbereiten.

Acht Beispielkarten: unterschiedliche Tierkarten, Sponsorenkarten und Artenschutzkarten
8 Beispiele aus dem Kartendeck von über 200 Karten.

Unterhalb meines Zooplans liegen fünf Karten, den Stärken von 1 bis 5 zugeordnet. Unter den fünf Aktionen wähle ich eine aus, lasse Karten auf den frei gewordenen Platz nachrücken und lege die gewählte Aktionskarte auf Position 1. Für manche gewünschte Aktion brauche ich eine höhere Stärke und da ist etwas Vorplanung angesagt. Im Verlauf des Spiels bekomme ich die Möglichkeiten, Karten umzudrehen und deren Effekt zu verstärken

  • Bauen: je nach Stärke können Gehege in entsprechender Größe gebaut werden, zudem Kioske und Pavillons, welche das Einkommen erhöhen. Mit umgedrehter Karte lassen sich dann auch Reptilienhaus und Großvoliere bauen.
  • Tiere: sind die entsprechenden Gehege vorbereitet, genug Geld vorhanden? Dann belegen sie nun ihre Gehege und die Belohnungen werden ausgelöst.
  • Karten: je nach Stärke werden Karten genommen oder gezogen, anschließend auch abgelegt wenn gefordert.
  • Sponsor: entsprechend der Stärke kann eine Sponsorkarte ausgespielt werden, alternativ kann auch der Kaffeetassenmarker entsprechend vorgerückt werden und es wird Geld ausgezahlt.
  • Verband: hier verbirgt sich Mehreres. Ein Verbandsmitarbeiter wird auf ein Feld der entsprechenden Stufe gesetzt. Ist das Feld besetzt mehrere. Hier bekomme ich Partnerverträge, die teils Voraussetzung sind für manche Tiere und Preisnachlass bringen, bekomme Universitäten und letztlich kann ich hier Naturschutzprojekte erfüllen. Das ist eine wichtige Quelle für Naturschutzpunkte.
Das Tableau Verband mit verschiedenen Aktionsmöglichkeiten
Das Verbandstableau mit ausgelosten allgemeinen Naturschutzzielen.

 

Beim Ziehen von Karten und bei der alternativen Aktion des Sponsors wird die Kaffeetasse auf ihrer Leiste vorgerückt bis sie das Feld „Kaffeepause“ erreicht. Das löst einen Rundenwechsel aus. Was dabei zu beachten ist, lässt sich prima anhand der Leiste abarbeiten.

Die Leiste für die kleine Kaffeetasse, welche die Kaffeepause auslöst, sprich eine neue Runde
Der Marker hat das entscheidende Feld fast erreicht: die Kaffeepause.

 

Meist strebt die Pause jemand an, der:die aktuell über kein Geld mehr verfügt. An der Attraktionsleiste lässt sich das aktuelle Grundeinkommen ablesen. Dazu kommen Einnahmen von den Kiosken, entsprechenden Sponsorenkarten und durch Naturschutzprojekte freigeschaltete Einkommensfelder.

Im fortgeschrittenen Spiel wird die Punkteleiste „Naturschutz“ immer wichtiger. Bald werden Boni erreicht und sobald eine:r der Spielenden die 10-Punkte-Marke erreicht, entscheiden sich alle zwischen ihren beiden Endzielkarten, die zu Beginn ebenfalls ausgeteilt worden waren. Diese Karten bringen bei Erfüllung nicht viel Punkte, können aber siegentscheidend sein.

Endstand: die Marker der Spielenden haben sich auf den beiden Leisten gekreuzt
So kann ein Endstand aussehen vor der Schlusswertung

 

Irgendwann gehen die beiden Marker der Attraktionsleiste und der Naturschutzleiste aneinander vorbei und das Spielende ist eingeläutet.

Gerade im fortgeschrittenen Spiel wird es komplex. Zudem sind die Kartentexte und viele der Symbole klein. Arche Nova ist daher nicht generationengeeignet. Die Anleitung ist ausführlich und gut gemacht. Ein Glossar erleichtert das schnelle Nachschlagen. Regeln für das Solo-Spiel sind beigefügt.

Fazit

Man braucht schon eine Partie, um alles zu verstehen und um die Verzahnungen sinnvoll zu nutzen. Dann aber ist es reizvoll, auf immer andere Weise seinen Zoo zu bauen und auszustatten. Es geht ständig voran, mal schneller, mal mühsamer, dabei fühlt sich das Spiel belohnend an und die Zeit vergeht schnell. Zu Dritt 2,5 Stunden bei Beherrschung der Regeln, zu Zweit 1,5 Stunden. Für die erste Partie ist mehr Zeit einzuplanen.

Fortgeschrittene können sich an schwierige Starttableaus wagen als neue Herausforderung. Doch allein die Kartenvielfalt bietet hinreichend Varianz für langanhaltenden Spielspaß.

Der benötigte Platz könnte ein Problem darstellen. Manche weichen auf den Fußboden aus, wenn der Tisch nicht reicht. Mir ist mal nachts eingefallen, wie ich den Hauptplan unterbringen könnte für das 2er-Spiel, nämlich auf einem Küchenwägelchen. Zu Dritt hat der Platz bei uns für ein Spiel zum ersten Mal nicht mehr gereicht.

Zwei echte Problemchen sind nach so einigen Partien aufgetaucht: Es kann passieren, dass man mit den Startkarten Pech hat und nicht so recht durchstarten kann. Hat man in der Folge auch noch Pech beim Nachziehen, stellt sich Frust ein. Und: Ist eine:r der Spielenden gut voraus, ist das schier nicht mehr einzuholen. Es gibt kleine Handicaps, die das etwas ausgleichen können, aber die Einkommensphase ist für die:den vorne liegenden noch belohnender. Wer nachhinkt, hat es schwer an einen zweiten oder weiteren Verbandsmitarbeiter zu kommen. Wurden die entscheidenden Plätze wiederholt schon besetzt, kommt man da gar nicht voran (führte bei einem befreundetem Paar fast zu ernsthaftem Streit). Diese Dinge können passieren, sind aber nicht die Regel.

Die Interaktion ist begrenzt, doch das beeinträchtigt das Spielgefühl nicht. Wer Lust auf etwas Episches hat, beim Spielen mal alles andere vergessen mag, dem sei Arche Nova ans Herz gelegt. Expertenspielern, die sich mit dem Thema anfreunden können, sowieso. Mich braucht man um die nächste Partie nicht groß bitten. Bin dabei!

Solo-Spielerin Susanne aus meiner Spielegruppe schreibt: „Macht extrem viel Spaß und man kommt durch das Rundenlimit schon arg unter Druck. Wer es beim ersten Mal schafft, seine Marker kreuzen zu lassen, ist meiner Meinung nach ein Genie. Tipp: Man sollte sich aus dem Riesendeck ein kleineres, ausgewogenes zusammenstellen.“

Bewertung / Test
+ thematisch schön umgesetzt, leichte Spielzüge, komplexes Geschehen
+ hoher Wiederspielreiz durch Varianz
– braucht räumlichen wie zeitlichen Platz

 

 

(Eine Rezension von Paul Theisen)


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Arche Nova (2021)

Spielidee: Mathias Wigge
Grafik: Loic Billiau, Dennis Lohausen
Verlag: Feuerland
Anzahl der Spielenden: 1 – 4
Altersempfehlung Verlag: ab 14 Jahren

Spieldauer: je nach Spielerzahl 1,5 bis 4 Stunden

Generationentauglichkeit: nein (Begründung s. o.)