Mini-Wonder-World – Welt der Wunder von Kobold Spieleverlag (Rezension)

Welt der Wunder | Kennerspiel | ab 14 Jahren | 1 bis 5 Spielende | Zé Mendes | Kobold Spieleverlag 

Es ist erstaunlich, welche beeindruckenden Bauwerke von Menschen im Verlauf von Jahrtausenden auf die Beine gestellt worden sind. Und noch viel erstaunlicher ist, dass sie teilweise unbeschadet den ganzen Quatsch überlebt haben, den die Menschen in dieser Zeit so angestellt haben. „Welt der Wunder“ ist fast wie ein Spaziergang auf eurem Spieltisch durch ein historisch-archetektonisches Miniatur-Wunderland.

 

Das Spiel
Welt der Wunder ist ein Kennerspiel von Zé Mendes und beim Kobold Spieleverlag erschienen. Es ist für 1-5 Spielende geeignet und kann ab 14 Jahren gespielt werden.

Bei „Welt der Wunder“ willst du über eine Spieldauer von maximal 10 Runden die meisten Siegpunkte erreichen. Dabei managst du deine Bevölkerung, schiebst Ressourcen-Marker auf Leisten von links nach rechts und puzzelst auf deiner persönlichen Auslage Stadtteile und Monumente zu einer möglichst konkurrenzfähigen Infrastruktur zusammen.

Insgesamt warten 21 Mega-Bauwerke darauf, von euch errichtet zu werden. Dabei reist ihr knappe viereinhalbtausend Jahre durch die Architekturgeschichte von den mesopotamischen Zikkuraten bis zur buddhistischen Pagode Thiên-Mu im heutigen Vietnam. Alle Bauwerke findet ihr als Holz-Mini-Skulpturen in der Spielschachtel. Sie sorgen allein schon für neugierige Blicke und viel Vorfreude auf das, was kommen wird. Ihr wisst ja: Tischpräsenz ist die halbe Miete. Deswegen sehen allein schon die Spielfiguren hinreißend aus und repräsentieren unterschiedliche Hochkulturen. 

Spielfiguren und Bauplättchen
Damit will man doch einfach spielen, oder?

 

Wenn du an der Reihe bist, hast du nur einen einzigen Auftrag. Nutze dein Geld, um ein Bauwerk aus der offenen Auslage zu errichten. Zur Wahl stehen dir unterschiedliche Straßen, Stadtteile in unterschiedlichen Polyomino-Formen und Farben, kleine Türme und Podeste und natürlich die pompösen Mini-Monumente. Doch leider gilt bei „Welt der Wunder“: Was weg ist, ist weg! Die offene Auslage wird nämlich erst am Ende einer Runde wieder aufgefüllt. Das kann dich ziemlich in Bedrängnis bringen, wenn du in der Zugreihenfolge zuletzt ans Bauen kommst und die anderen dir schon attraktive Teile weggeschnappt haben.

Straßen sind das Herzstück deiner Infrastruktur auf dem persönlichen Puzzle-Board. Sie ermöglichen, dass ihr in die entlegenen Winkel des Tableaus kommt und sich dann daran die farbigen Stadtviertel entwickeln können. Diese Tetris-ähnlichen Stadtteile gibt es in den Farben Grün, Orange, Grau und Blau. Der Städtebau sorgt dann für die Kultur in eurem persönlichen Puzzle-Reich. Das ist übrigens als Tableau im 17×10-Raster aus kleinen Kästchen gestaltet und bietet grüne Felder, Wasserflächen und Rohstoffknoten. Mal ehrlich, eigentlich sieht eure Spielwiese aus, als wäre sie frisch aus Knizias Lege-Puzzle-Spiel „My City“ importiert.

Leisten mit Markern
Je weiter rechts die Marker am Ende liegen, desto besser.

 

Auf jedem Stadtteil findet ihr farbige Symbole. Habt ihr sie erfolgreich eingepuzzelt, schiebt ihr entsprechend Kulturmarker auf Leisten von links nach rechts. Überschreiten sie auf ihrem Weg Schwellen, wächst eure Bevölkerung, die wiederum durch eine Leiste umgesetzt ist. Um schon mal an dieser Stelle direkt auf die Generationentauglichkeit von „Welt der Wunder“ einzugehen: Das Material ist klein und feinteilig und bietet sich somit nicht an.

Wenn ihr dann eine Infrastruktur an Straßen und Stadtviertel aufgebaut habt, könnt ihr mal nach den Monumenten schielen. Drei davon liegen immer offen aus. Sie haben nicht nur durch ihre Größe ein Platzbedürfnis, sondern zwingen euch auch dazu bestimmte Vorgaben einzuhalten. Der 2×2 große Leuchtturm muss zumindest mit einem Feld im Wasser stehen. Außerdem muss eine Straße zu ihm führen und er braucht Kontakt zu einem blauen Stadtteil. Nur wenn ihr alle diese Vorgaben erfüllt, dürft ihr das Monument einpuzzeln. Gut, wer das schon in planerischer Voraussicht auf seinem Puzzleplan bedacht hat.

Infos zum Leuchtturm von Alexandria
Klar muss ein Leuchtturm ans Wasser.

 

Natürlich kostet jede eurer Bauaktionen auch Geld. Sieben Münzen stehen euch pro Runde zu Verfügung. Während Straßen und Türme vergleichbar günstig sind, brennen dir die Stadtteile heftige Löcher in die Staatskasse. Sie kosten entsprechend ihrer Größe bis zu fünf Münzen eures Guthabens. Für das Errichten eines Monuments geht gleich deine ganze Knete flöten. Baust du es also gleich zu Beginn deines Zugs, bist du sofort pleite. Wartest du, um noch notwendige Infrastruktur aufzubauen, kann es sein, dass jemand anders sich das Bauwerk bereits geschnappt hat. Monumente werden übrigens, im Gegensatz zu den Stadtteilen, immer gleich ersetzt. Mit ein bisschen Glück kommt dann vielleicht doch ein anderes Bauwerk, dass du dir sichern kannst. Vielleicht schaust du aber auch Haare raufend in die Röhre.

„Wunder der Welt“ entwickelt sich durch diese Zwickmühle aus Timing und Geldmanagement zu einem Spiel mit Nervenkitzel. Vor allem in Vollbesetzung mit fünf Personen kannst du sicher davon ausgehen, dass du nur selten das bekommst, was du brauchst. Zu zweit lässt sich da schon sehr viel präziser planen und das eigene Optimier-Puzzle perfektionieren. Meine Empfehlung ist deswegen „Welt der Wunder“ zu zweit oder zu dritt zu spielen.

Spielszene aus dem vorangeschrittenen Spiel mit reichlich Material auf dem Spieltableau
Und allmählich füllt sich dein Spielbereich

 

Gespielt wird über maximal 10 Runden. „Welt der Wunder“ kann aber auch schon vorzeitig enden, wenn jemand seinen Bevölkerungsmarker an das Ende der Leiste geschoben hat. Die Wertung müsst ihr auf einem Blatt Papier vornehmen, denn ein Wertungsblock ist nicht vorgesehen. Punkte bekommt ihr dafür, wie weit ihr auf den Leisten vorangeschritten seid, eure gebauten Monumente und ob es euch gelungen ist, eure Stadtteile hübsch einzugrenzen. Außerdem bringen alle Rohstoffknoten, die an eure Bauwerke grenzen, ebenso Punkte.

Wer regelsicher ist, greift zudem noch zu den fortgeschrittenen Zielen. Drei dieser Karten werden zu Spielbeginn offen ausgelegt. Am Ende werden die beiden Personen belohnt, welche die Ziele am besten erfüllen. Das können beispielsweise die längste durchgehende Straßenführung sein, die meisten Monumente oder wer den Schieberegler am weitesten rechts hat. So fortgeschritten ist das Ganze jedoch nicht. Für Leute, die gerne im Kennerspielbereich unterwegs sind, ist das ein Muss, und deshalb greift gleich auf dieses Modul zurück.

 

Fazit
Das Material von „Wunder der Welt“ ist ein Hingucker! Die Mini-Monumente schreien förmlich danach, von dir eingebaut zu werden. Doch der Weg dorthin braucht Kalkül und Planung. Der Mix aus Logistik-Puzzle, Leisten-Rennen und richtigem Zeitpunkt finden, nimmt aber reichlich Zeit in Anspruch, wenn du in Vollbesetzung zu fünft spielst! Das liegt daran, dass das Setzen eines jeden einzelnen Bauwerks für dich im Rennen um die Punkte von Bedeutung ist. Gut Ding, will also Weile haben. Mit ein bisschen Übung kann man aber gut parallel spielen, während andere noch an der besten Position des gekauften Bauwerks feilen. Solo geht natürlich auch. Dieser Spielmodus lässt sich unkompliziert über ein Kartendeck steuern.

Auch wenn sich „Welt der Wunder“ gut erklären lässt, habe ich während der ersten Partien in der Anleitung nicht immer alle Antworten auf Detail-Fragen gefunden, die im Laufe einer Partie aufkamen. Insbesondere bei Monumenten, die aus mehreren Teilen bestehen, wie die Pyramiden von Gizeh oder die Chinesische Mauer, muss man manchmal grübeln, wie genau jetzt eine Legevorgabe umgesetzt werden kann. Aber das schmälert das Spielerlebnis nicht im Geringsten. Wer übrigens ein bisschen Trivia-Wissen über die historischen Besonderheiten der Monumente sammeln möchte, liest sich die letzten beiden Seiten der Anleitung durch. Klug war schon immer sexy, das wisst ihr ja.

„Welt der Wunder“ ist alles in allem ein Lege-Puzzle nach meinem Geschmack, bei dem ich voller Begeisterung an meiner Auslage rumdoktern kann.  Das mache ich allerdings nicht, wenn ich ein generationenübergreifendes Spiel wählen möchte, denn die Größe der Symbole und das Management der Legeteile und Monumente benötigen eine klare Sicht und noch sehr gute motorische Fähigkeiten.

 

Bewertung / Test
+ sprachneutral
+ Augenschmaus
+ Solomodus
– dauert in Vollbesetzung seine Zeit
– rechne mit Glück und Frust gleichermaßen
– kein Wertungsblock

(Eine Rezension von Oli Clemens)


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Welt der Wunder (2023)

Spielidee: Zé Mendes
Grafik: Odysseas Stamoglou & Tom Ventre
Verlag: Kobold Spieleverlag
Anzahl der Spielenden: 1-5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 14 Jahren.
Eigene Altersempfehlung: Geht sicher schon ab 10 Jahren.
Spieldauer: 60 Minuten, variiert mit Personenzahl
Generationentauglichkeit: Alles viel zu klein.
Pädagogisch wertvoll: Füllt dein oberflächliches Wissen über die besonderen Bauwerke der Antike.