Säbelrasseln reloaded – Libertalia: Auf den Winden von Galecrest von Feuerland Spiele (Rezension)

Libertalia: Auf den Winden von Galecrest | Kennerspiel | ab 14 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Paolo Mori | Feuerland Spiele

Piraten! Was wären die Abenteuergeschichten der Weltmeere ohne sie? Dass ein Pirat allein niemals so erfolgreich sein würde wie eine gut abgestimmte Mannschaft an Bord eines Schiffes bestreitet sicher niemand – oder zettelst du Streithuhn hier etwa eine Art Mini-Meuterei an? So oder so ähnlich kann sich „Libertalia: Auf den Winden von Galecrest“ anfühlen, was noch alles dahintersteckt? Lies einfach weiter …

Ein exemplarischer Spielaufbau für eine Partie zu dritt.
Exemplarisch für das Spiel zu dritt ein Spielaufbau. Hier noch aufgewertet durch Metallmünzen (Metall statt Pappe)

 

Das Spiel
Libertalia: Auf den Winden von Galecrest
ist ein Kennerspiel von Paolo Mori und bei Feuerland Spiele erschienen. Es ist für 1-6 Spielende geeignet und kann ab 14 Jahren gespielt werden.

Libertalia? Das gab es doch schon?! Genau! Im Jahr 2012 wurde Libertalia bereits veröffentlicht – mit Piratenthema und sehr thematisch passender Optik wurde Paolo Moris Spielidee Realität. Anlässlich seines 10jährigen Jubiläums fand es durch den amerikanischen Verlag Stonemaier Games eine rundum erneuerte und zeitgemäßere, bunte Neuauflage. Feuerland Spiele hat diesen Titel für den deutschsprachigen Markt lokalisiert und genau diese Version ist Inhalt dieses Spielberichtes.

Damit sind wir auch bereits bei einem der vielen Unterschiede: Es gibt mehr von allem und das auch noch viel bunter. Statt der 20 finster drein blickenden Freibeuter aus dem Vorgänger sind es nun doppelt so viele potentielle Crewmitglieder und die Besonderheit: Es sind allesamt Tiere, die die verschiedensten Rollen an Bord eines Schiffes einnehmen können. Doch starten wir mal einen halben Schritt zuvor und widmen uns dem Spielablauf.

6 der 40 Charakterkarten in der Nahaufnahme.
6 der 40 möglichen Charaktere – die verschiedenen Fähigkeiten sind selbsterklärend und der Zeitpunkt der Aktivierung ebenso!

1 – 6 Personen wetteifern in „Libertalia: Auf den Winden von Galecrest“ um den größten Schatz. Über 3 Reisen, die jedesmal eine Spielrunde, hier Tag genannt, länger werden versuchen wir die wertvollsten Beutemarker zu erhalten, oder wenn das nicht möglich ist, die schlechtesten unseren Kontrahenten zu überlassen. Dafür haben alle Personen den gleichen Vorrat an Crewmitgliedern – ein Deck aus 40 Charakteren. Eine Person zieht zu Beginn jeder Reise zufällig 6 Karten aus ihrem Deck, alle anderen wählen genau die gleichen Karten. Entsprechend der Anzahl der Mitspielenden werden Beuteplättchen auf den Tagen der aktuellen Reise ausgelegt und schon kann die Reise und mit ihr das Hauen und Stechen beginnen.

Alle wählen zur gleichen Zeit einen der auf der Hand gehaltenen Charaktere und spielen ihn verdeckt vor sich liegend aus. Richtig Matrose, gut bemerkt – alle haben am Anfang die 6 gleichen Möglichkeiten auf der Hand, doch das wird sich schnell ändern … harr harr

Als nächstes werden zeitgleich die Charaktere aufgedeckt und in aufsteigender Reihenfolge auf die Insel platziert, Gleichstände werden dabei über Ruhm aufgelöst. Nun werden die Fähigkeiten des Tages der Charaktere, erkennbar an einer Sonne von links nach rechts abgehandelt. Während eine Person so vielleicht zusätzlich Dublonen erhält, hat eine andere Person Einfluss auf die ausliegende Beute oder nimmt gar bereits ein Plättchen hiervon. Sind alle Effekte abgehandelt, so beginnt die Dämmerung, stimungsvoll dargestellt durch die untergehende Sonne. Diese Effekte werden nun von rechts nach links abgehandelt, also genau umgekehrt, wer eben noch zuletzt am Zug war, ist nun an vorderster Position.

Blick auf einen Ausschnitt des Spielbrettes - hier liegt die Beute.
Die Beute fest im Blick – manchmal lohnt es gar noch mehr, als erste Person zu nehmen …

Die Beuteplättchen müssen genommen werden, sofern vorhanden – neben sehr lohnenswerten Schatzkarten und Schatztruhen finden sich jedoch auch Relikte darunter, die sogar Minuspunkte einbringen können. Wer bereits wiederholt auf einer der Reisen in Galecrest unterwegs ist, wird dies schon bei der Wahl der Crewmitglieder berücksichtigen! Das zurückkehrende Crewmitglied wird dabei offen zur Person der entsprechenden Farbe gelegt und befindet sich fortan auf dem Schiff. Beuteplättchen sind ebenfalls im Schiff und auch hier noch nicht ganz sicher.

Du kannst es dir sicher denken, auf eine Abenddämmerung folgt die Nacht und auch hier haben einige Charakterkarten Effekte, die nun abgehandelt werden. Auf die Nacht folgt der Tag mit all seinen Effekten usw. Am Ende der Nacht von Tag 4 ist Reise 1 zu Ende. Nun wird kräftig gezählt und der Schatz gehortet. Hier greift eine letzte Fähigkeit mancher Charaktere, sofern sie sich noch an Bord befinden. Es ist die Hafenfähigkeit, dargestellt durch einen Anker.

Sämtliche Schätze werden nun gemäß der Wertungsbedinungen in Dublonen umgerechnet und mit den erbeuteten Dublonen addiert. Diesen Wert stellt jede Person nun in der Schatzkiste mit Drehrädern ein – diese Punkte sind nun bis zum Spielende sicher! Glück gehabt! Hier geht die Schere manchmal sehr weit auseinander und eine Partie fühlt sich mitunter schon verloren an – keine Sorge, dafür finden ja in Summe 3 Reisen statt.

Spielausschnitt mit Nahaufnahme der Charakterkarten.
Tag 3 der Reise: Von links nach rechts werden die „Sonneneffekte“ abgehandelt – das erste Beuteplättchen nimmt sich die Person mit dem Crewmitglied ganz rechts …

Für die nächste Reise finden folgende Vorbereitungen statt: Die Beuteplättchen werden aus einem Beutel gezogen, die komplette Crew im Schiff wird abgelegt – auf einen Friedhof – sofern nicht ein einzelnes Crewmitglied durch Verwendung der Beute Haken für die nächste Runde im Schiff verbleibt. Jede Person sollte nun aus Durchgang 1 genau 2 Charaktere auf der Hand haben. Es werden nun wieder 6 neue Charaktere von einer Person zufällig gezogen, alle anderen wählen die gleichen Karten aus ihren Decks und schon kann die nächste Reise beginnen, diesmal bereits mit mehr Karten zu Auswahl und sehr wahrscheinlich auch zum Teil verschiedenen Karten.

Am Ende der Nacht des 6. Tages der 3. Reise endet das Spiel mit einer letzten Hafenphase – es gewinnt, wer am meisten Dublonen gehortet hat.

Die Rückseite des Spielplanes wird hier gezeigt, sie verändert die Wertung empfindlich.
Es geht auch anders: Auf der Rückseite des Spielbrettes geht es stürmischer zu – der Effekt ist nicht nur optisch, auch die Wertung ist verändert!

Um für Abwechslung zur sorgen bietet Libertalia zum einen eine Variante mit ruhiger und eine mit stürmischer See, zum anderen können die Wertungsplättchen der einzelnen Beutemarker verändert werden. Damit nicht genug, um der Variante für das Spiel zu zweit ein wenig mehr Würze zu geben kommt der Fähnrich ins Spiel und auch für das Solospiel ist gesorgt: Mittlerweile fast schon üblich haben Spiele aus dem Verlag Stonemaier Games und dementsprechend auch aus der deutschen Lokalisierung durch Feuerland Spiele einen ausgeklügelten Automa und hier spielspezifisch die Rolle des Plünderers.

Am meisten Spaß macht „Libertalia: Auf den Winden von Galecrest“ jedoch mit vier und mehr Personen, wobei sich die Vollbesetzung manchmal etwas in die Länge zieht. Damit der Ablauf einer Runde jedoch nie aus den Augen verloren geht, ist der Spielplan sehr gut bebildert und mit wenigen und nützlichen Symbolen versehen. Pfeile deuten stehts in die Richtung, in der die Abhandlung der Charaktereigenschaften erfolgt. So fällt es leicht, stets auf Kurs zu bleiben, ohne sich in zu viel Symbolik zu verlieren – vorbildlich gelöst!

Spielmaterial für das Spiel zu zweit und das Solospiel
Auch für das Duell zu zweit und das Solospiel gewappnet!


Fazit
Spiele, die mit hochwertigem Spielmaterial daherkommen nehmen mich relativ schnell in Beschlag. Ich wusste anfangs mit der thematischen Umsetzung nicht so richtig viel zu anzufangen – schließlich sind es Tiere auf Schiffen, die durch die Luft fliegen. Daher rührt auch der Untertitel auf den Winden von Galecrest. In den ersten Partien zeigt sich jedoch das Potential von Libertalia. Es erinnert von der Aktionsauswahl ein wenig an Spiele wie „Ohne Furcht und Adel“ (Citadels in der Neuauflage) oder „Cuba“ und „Havanna“ wo ich mittels Handkarten eine Aktion auswähle und die aufgedruckte Ziffer meine Zugreihenfolge bestimmt. Allesamt Titel, die in den passenden Spielrunden für jede Menge gute Unterhaltung sorgen.

Ich mag die Option, eine friedlichere und eine stürmischere Variante spielen zu können. Während die friedlichere See mehr Punkte erlaubt, so bietet die stürmische See mehr Gemeinheiten untereinander. Jedoch macht auch die friedlichere Version noch lange kein Generationen- oder Familienspiel aus Libertalia, was ich eher als sehr zugängliches Kennerspiel einstufe. Den Spielspaß bei Jung und Alt vermag der viele kleine Text auf den Karten und sicher auch so manche Interaktion zwischen den Charakteren zu trüben. Darauf legt es „Libertalia: Auf den Winden von Galecrest“ auch nicht an, wie das empfohlene Spielalter ab 14 Jahren vermuten lässt. Eigene Erfahrungen sehen hier eine Altersgrenze bei 10 Jahren, eine gewisse Frustrationstoleranz vorausgesetzt. Die Spielanleitung ist recht knapp gehalten, was Personen mit Spielerfahrung einen schnellen Einstieg ermöglich soll, jedoch läuft so mancher Nachschlageversuch ins Leere. Da Libertalia jedoch allzeit logisch und recht prozedural wie eine Programmierung abläuft, sind künftige Nachschlagebedürfnisse selten.

Ich empfehle „Libertalia: Auf den Winden von Galecrest“ Spielrunden mit mehr als 4 Personen. Die gleichzeitige Handkartenauswahl sollte für wenig Wartezeit sorgen und falls doch hat sich der Einsatz einer Sanduhr bewährt. Denn so sehr ich auch grübele oder antizpiere, was meine Mitspielenden wählen könnten, so sehr kann ich daneben liegen und meist kommt es anders als wir denken! So gesehen eine schöne Beobachtung im Leben, die sich im Spiel einmal mehr bewahrheitet. Libertalia verlangt von uns Flexibilität und fordert eine Menge Gelassenheit und vorallem macht eine Runde genau eines: Spaß! Vielen Dank dafür!

Bewertung / Test
+ Kurze Wartezeit, durch simultanes Auswählen der Karten
+ Schöne und Bunte Illustration
+ Varianten durch Wetterwahl und Wertungsplättchen
+ Viel Interaktion zwischen den Personen, Gemeinheiten und Hilfen inklusive
+/- Regelwerk schmal und den Einstieg fördernd, ungeeignet um zielgerichtet was zu finden

 

(Eine Rezension von Tobias Mallock)

Tobias

 

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Libertalia: Auf den Winden von Galecrest (2022)

Spielidee: Paolo Mori
Grafik: Lamaro Smith
Verlag: Feuerland Spiele
Anzahl der Spielenden: 1 – 6 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 14 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 – 60 Minuten

Generationentauglichkeit: Bei teilweise recht gemeinen Interaktionen und mitunter hoher Differenz in den Punkten bei Spielende fördert Liberatalia nicht unbedingt den Spielspaß aller Beteiligten, bei zusätzlich viel kleinem Kartentext eher kein Generationenspiel im klassischen Sinn.