Die Erbauer von Teotuhuacan | Kennerspiel | ab 14 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Filip Glowacz | Schwerkraft
Achtung, jetzt fliegen euch Fremdworte um die Ohren. In dem heutigen Spiel kehren wir zurück in die Gründungszeit einer der größten Städte Mesoamerikas und bauen an einer Pyramide der präkolumbianischen Zivilisation. So steht es sinngemäß auf der Schachtelrückseite von „Die Erbauer von Teotihuacan“. In Wirklichkeit basteln wir aber mit Tetris-Plättchen an unserem eigenen Bau-Projekt.
Das Spiel
Die Erbauer von Teotihuacan ist ein Kennerspiel von Filip Glowacz und bei Schwerkraft erschienen. Es ist für 1-4 Spielende geeignet und kann ab 14 Jahren gespielt werden.
„Die Erbauer von Teotihuacan“, oder „Die Erbauer“, wie ich sie ab jetzt nenne, um Zungenbrecher und verwurstelte Fingerkuppen zu vermeiden, ist ein Kennerspiel, bei dem ich viele Plättchen auf meinem Spieltableau einbauen darf. Eine Sorte Plättchen sorgt für Ressourcen, die anderen für Siegpunkte. Wer nach drei oder vier Runden die meisten Punkte hat gewinnt das mesoamerikanisch-präkolumbianische Pyramidenwettbauen.
Alle, die mitspielen, nehmen sich die Aktionsmarker eine Spielfarbe, die Wertungssteine und den Architekten-Meeple. Dazu erhalten sie einen Bauplan, der in verschiedene Bereiche eingeteilt ist. Mittig hast du Bauplätze für Pyramidenteile, außen herum ist reichlich Platz für Gebäude, die euch Rohstoffe organisieren, und für Tempelteile in den Farben Rot, Grün und Blau. Die Teile sind allesamt Polyominos, die wir aus dem Videospiel-Klassiker „Tetris“ kennen, und haben unterschiedliche Größen von 1 bis 5. Um den Spielplan herum wird euer Architekten-Meeple stets um das Spieltableau wandern. Als Grundregel für ihn gilt: Nur auf der Seite des Bauplans, auf der er steht, dürft ihr neue Teile einbauen. Das ist spannend, denn so muss man seine Aktionen sowohl für den Moment planen, gleichzeitig aber schon ein Auge darauf haben, was man im nächsten Zug machen möchte.
Außer der eigenen Spielzone baut ihr noch das Spielbrett für alle am besten in der Mitte eurer Spielfläche auf. Das ist in drei Zonen eingeteilt. Im großen oberen Bereich, der mit einem Hammersymbol gekennzeichnet ist, legt ihr je nach eurer Personenzahl von den Gebäude-, Tempel- und Pyramidenplättchen zum Verbauen bereit. In den schmalen roten Bereich, wo ihr später eure Aktionsmarker einsetzt, werden Bonusscheiben ausgelegt. Im unteren grünen Bereich mit dem Papyrus-Symbol, müsst ihr keine Vorbereitungen treffen. Dort werden die sogenannten Einflussaktionen gespielt. Die bestehen vor allem darin, dass man kleine Aufträge erfüllt, die man sich im Verlauf des Spiels beschafft.
Um das Spielbrett herum kommen jetzt noch die restlichen Polyominos, Ressourcensteinchen und farbige Bonuspunkte-Masken. Die Spielvorbereitungen dauern ein bisschen. Wenn alle ein bisschen dabei helfen, macht das auf jeden Fall mehr Spaß und verkürzt auch die Vorbereitungszeit, denn „Die Erbauer“ spielbereit zu machen, ist ein bisschen kleinteilig.
Bevor es gleich mit den Aktionsscheiben losgehen wird, dürfen alle als letzten Teil der Spielvorbereitung drei Pyramidenteile auf dem eigenen Spielplan einsetzen. Hier kann man schon erste taktische Überlegungen anstellen, denn je nach dem gewählten Platz werden die Pyramidenteile schon gleich Boni ausschütten. Das sollten am besten Ressourcen produzierende Gebäude sein oder vielleicht schon ein farblich passender Tempel. Nun geht’s los. Wir werden vier Runden spielen und dabei versuchen am Schluss die meisten Siegpunkte zu erhalten. Grundsätzlich gilt: Solange ich Aktionsscheiben habe, kann ich spielen. Gehen sie mir aus, muss ich passen.
Wer an der Reihe ist, setzt eine beliebige Anzahl seiner Aktionsscheiben auf einen der verfügbaren Plätze im roten Bereich des Spielplans ein. Zum Beginn des Spiels hat man je nach Personenzahl 5 oder 6 davon. Die ersten eingesetzten Scheiben bringen oft noch einen wertvollen Bonus mit sich, den man unbedingt abgreifen sollte. Das können Extrapunkte sein oder die Chance eine zusätzliche Aktion auszuführen. Eine Runde wird gespielt, bis niemand mehr Scheiben hat oder einsetzen will, dann wird gepasst. Nach dem „Flügelschlag“-Prinzip startet man aber nach dem Passen mit einer Scheibe weniger. So wird das Spiel zum Ende hinaus schneller und auch taktisch sehr herausfordernd. Für potentiell viele Optionen und Spielziele stehen dann immer weniger Aktion zu Verfügung.
Während des Spiels sind wir nun immer im spielerischen Spannungsfeld genügend Siegpunkte für die Endwertung zu generieren, gleichzeitig aber auch die notwendigen Ressourcen parat zu haben, um die Baupläne verwirklichen zu können. Das bedeutet konkret, dass viele Steinchen geschoben werden müssen, die wir zum Bezahlen brauchen. Dabei muss ich aber auch darauf achten, dass ich meine Aktionsscheiben nicht unnötig verplempere. Weil sich die Stärke der eigenen Aktion daran orientiert, wie viele Scheiben insgesamt auf einem Einsetzfeld liegen, habe ich auch immer die Aktionen der anderen im Auge, um vielleicht deren Vorarbeit für mich ausnützen zu können.
Überhaupt überrascht „Die Erbauer“ mit einem hohen Anteil an Interaktion untereinander. Wer mir aus der Auslage der zu verbauenden Tempel- oder Pyramidenteile etwas wegnimmt, grinst schon mal frech rüber. Weg ist weg. Ist die Auslage leer, muss gewartet werden, bis alle gepasst haben. Erst dann wird der Plättchenvorrat wieder aufgefüllt. Wer zuerst einzelne farbige Teile im eigenen Spielbereich überpuzzelt hat, darf sich Extra-Siegpunkt-Masken sichern. Ich muss also meine Aktionen nicht nur vernünftig, sondern auch rechtzeitig planen. Und dabei können mir die anderen ganz schön in die Quere kommen.
Während ich beim Bauen relativ schnell klar habe, was ich einpuzzeln will und was es mich kostet, sind die Einflussaktionen immer unteren Bereich des zentralen Spielfelds eine Wissenschaft für sich. Wann lohnt es sich, einen der eigenen Aufträge einzulösen? Was muss ich vor allem noch tun, um vorher die Voraussetzungen zu erfüllen? Wie passen die Aufträge zu meinen ambitionierten Bauideen? Was spielmechanisch am einfachsten ist, bereitet mir im Spiel wegen des Timings das größte Kopfchaos.
Nach etwa 60 bis 90 Minuten, je nach Personenzahl und Grübellastigkeit der Leute, mit denen ihr spielt, zählt ihr eure Punkte zusammen. Jetzt schütten die farbigen Pyramidenplättchen und ihre passenden Tempelplättchen Punkte aus, und werden zu den bisher erreichten addiert. Am Schluss gewinnt die Person, die den Wertungsstein ganz vorne hat.
Fazit
„Die Erbauer von Teotihuacan“ kombiniert die Spielideen eines Puzzlespiels mit einem Ressourcen-Management-Spiels auf Kennerspielniveau und kleidet sich in den Gewändern einer für uns eher fremden und historischen Epoche. Während die mechanischen Momente des Spiels wirklich gute Unterhaltung bieten, erreicht mich das Thema, nämlich als Architekt einen Prunkbau für Azteken zu planen, überhaupt nicht. Das ist für mich persönlich gar kein Problem, aber Menschen, die thematisch in ein Spiel eintauchen wollen, werden das abstrakte Plättchenlegespiel eher stirnrunzelnd beäugen.
Mit den Regeln kommt man schnell zurecht. Ich setze Aktionsscheiben ein, wähle eine dazu passende Aktion aus, baue oder erfülle Aufträge und muss dabei immer genau auf das Management mit meinem Gold, meinen Steinen und meinem Holz achten. Alternativ erledige ich kleine Aufträge für Siegpunkte. Dadurch, dass ich potentiell immer weniger Aktionen habe, wird der Anspruch an mein strategisches und taktisches Geschick immer höher. So richtig den Plan, wie die Aktionen der ersten Runde in der letzten Runde Früchte tragen, bekam ich erst nach dem Spiel. Das konnte ich dann natürlich aber in den nächsten Partien einfließen lassen.
Generationentauglich will „Die Erbauer von Teotihuacan“ gar nicht sein. Symbolsprache, Größe der Darstellungen, Steinchen-Management – alles das ist für Leute gemacht, die gerne unter harten Wettkampfbedingungen um Siegpunkte ringen. Da gesellt sich auch dieser Titel gerne zu seinen prominenten Namensvettern aus der T-Reihe, die ja insgesamt für komplexe strategische Spielerfahrung steht. Durch die Mechanik der Aktionsscheiben entsteht eine wirklich große Interaktion unter den Personen und den eigenen Spielzielen. Ein Solo-Modus ist auch verfügbar, sodass „Die Erbauer“ auch alleine gespielt werden können.
Bewertung / Test
+ ansprechende Ressourcen-Puzzle-Kombi
+ hohe Interaktion mit den Spielteilen und Aktionsscheiben
+ Solomodus
– zu abstrakt, um thematisch zu sein
– vergleichbar lange Vorbereitung für ein Kennerspiel
(Eine Rezension von Oli Clemens)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”
Die Erbauer von Teotihuacan (2022)
Spielidee: Filip Glowacz
Grafik: Chuy de Leon, Odysseas Stamoglou, Aleksander Zawada
Verlag: Schwerkraft-Verlag
Anzahl der Spielenden: 1-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 14 Jahren
Spieldauer: 60 bis 90 Minuten
Generationentauglichkeit: Ist es nicht, will es nicht.