Nächster Halt Ku’Damm – Zug um Zug: Berlin von Days of Wonder (Rezension)

Zug um Zug: Berlin | Familienspiel | ab 8 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Alan R. Moon | Days of Wonder | eingeschränkt generationentauglich

Seit 20 Jahren schon bauen wir kreuz und quer unsere Strecken bei „Zug um Zug“. Ob durch ganz Europa, quer durch die Pionierzeit des Wilden Westens der USA oder durch quirlige Welt-Metropolen: Zug um Zug begeistert stets durch sein einfaches Spielprinzip. Nach Amsterdam und London hat nun auch unsere Hauptstadt eine eigene Ausgabe in einer ungewohnt kleinen Schachtel bekommen.

Schatel und Spielplan

 

Das Spiel
Zug um Zug: Berlin
ist ein Familienspiel von Alan R. Moon und bei Days of Wonder erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.

Bei „Zug um Zug: Berlin“ baust du ein Netzwerk an Verbindungen in Berlin-Mitte auf, die dir Siegpunkte bringen. Wer am Schluss die meisten davon hat, gewinnt. Im weiteren Verlauf meines Texts rechne ich einfach damit, dass ihr schon mal mit den grundlegenden Ideen dieses Brettspielklassikers auf irgendeine Weise in Kontakt gekommen seid.

Auf einem schlanken, rechteckigen und sehr bunten Spielplan schauen wir auf einen Ausschnitt von Berlin. Der reicht vom Charlottenburger Tor im Westen bis zum Moritzplatz im Osten. Wer Berlin kennt weiß, dass das nur knapp 7 Kilometer Strecke sind, aber voll durch das Herz der 3-Millionen-Stadt führt. Mit dem PKW ist der Stau natürlich vorprogrammiert. Also lassen wir das Auto stehen und steigen in der Tradition von Zug-um-Zug auf die Öffis um. Vielleicht gar nicht so schlecht, denn im Sommer 2024 ist auch die Hauptstadt Austragungsort der Fußball-EM. Da kriegt man gleich schon mal ein bisschen Orientierung, wie man zur Partymeile kommen kann
Hier kommt noch ein unnötiger Fußball-Klugschiss, den ihr auch gerne überlesen könnt:
Das Olympiastadion, in dem hoffentlich das Endspiel mit Kroos, Musiala und Wirtz stattfinden wird, ist auf dem bespielbaren Kartenausschnitt nicht zu finden.

Blick auf den Spielplan
BVG – weil wir dich lieben!

 

In „Zug um Zug: Berlin“ gehören zum öffentlichen Personennahverkehr sowohl die Straßen- als auch die U-Bahn. Entsprechend haben wir zwei verschiedene Sorten an Waggons, die unterschiedlich eingesetzt werden können. Wie immer gilt es, mit den eigenen Waggons Streckenpunkte zweier Orte miteinander zu verbinden, um Siegpunkte zu erspielen. Die richten sich nach der Länge der Strecke. Je länger, desto attraktiver. Siegpunkte werden mit dem eigenen farbigen Marker gleich auf einer Leiste abgetragen. Vorsicht: Die schlängelt sich von oben nach unten und wieder zurück. Da kann man schon mal gedankenverloren die Orientierung verlieren und hat dann plötzlich 10 Punkte mehr. Aber auch bei dieser Edition von „Zug um Zug“ kann man jederzeit rekapitulieren, wie viele Punkte man schon durch die Strecken erreicht hat.

Blick auf die Punkteleiste
Na, wer führt?

 

Und am besten plant man seine Streckennetze so, dass am Ende des Spiels viele Aufträge aus der Hand erfüllt werden. Auf ihnen stehen zwei Wegpunkte, die durch eigene Strecken durchgehend miteinander verbunden sein müssen, zum Beispiel vom Ku’Damm an den Reichstag. Schaffst du das, bekommst du Pluspunkte für die Abrechnung am Spielende. Kommt man jedoch nicht in der eigenen Spielfarbe von A nach B, wird der Auftrag zu Minuspunkten. Insgesamt hast du aber nur überschaubare elf Straßenbahnen und fünf U-Bahnen. Das macht es im Detail ein wenig schwieriger, vernünftig deine Strecken zu planen. Ratzfatz gehen dir nämlich Teile aus. Dann kommst du vom Zoo statt über den Ku’Damm mit der U-Bahn nur über den längeren und kostspieligeren Weg über die Siegessäule zum Charlottenburger Platz. Und wehe, wenn da die anderen schon alle Strecken besetzt haben. Dann schaust du bedripst den Minuspunkten entgegen.

Handkarten im Anschnitt
Strecken brauchen Karten gleicher Farbe

 

Auch in der Berlin-Edition läuft alles über den Mechanismus der bunten Handkarten und der drei Aktionsmöglichkeiten: neue Karten ziehen, Strecken bauen oder neue Aufträge auf die Hand nehmen. Da bleibt sich das Spiel einfach treu und hat wohl gerade deswegen über die Jahrzehnte hinweg so viele begeisterte Fans glücklich gemacht.
Die Joker-Karten sind diesmal als Fahrrad gestaltet, wobei das besser zur Amsterdam- oder einer Kopenhagen-Ausgabe passen würde. Denn traut man den Statistiken, sind Menschen auf dem Fahrrad in Berlin im Straßenverkehr immer noch eher Freiwild.
Gespielt wird wieder so lange, bis die Waggons aufgebraucht sind. Dann werden die Aufträge noch zu den erreichten Punkten gerechnet und es steht fest, wer gewinnt. Laut Anleitung sollte das schon nach knappen 15 Minuten sein.

 

Fazit

„Zug um Zug: Berlin“ behauptet von sich selbst , dass man die Regeln in 3 Minuten drauf hat. Das stimmt absolut für alle, die die Reihe schon kennen. Bei Leuten, die ganz neu sind, braucht es doch ein bisschen länger bis gespielt werden kann. Dafür ist diese Berlin-Ausgabe sehr einstiegsfreundlich und das Spielgeschehen rast auf dem engen Stadtplan förmlich. Und trotzdem schaffen wir es nicht, den Zeitrahmen von 15 Minuten zu knacken. Realistischer sind 20-35 Minuten, je nachdem ob du zweit oder zu viert spielst. Grundsätzlich gilt auch hier: Je mehr Personen mitspielen, desto härter musst du um deine Punkte kämpfen.

Im Vergleich zu anderen Zug-um-Zug-Ausgaben sollte man in der Berlin-Edition ein bisschen defensiver mit den Aufträgen umgehen. Das Spielende kann wegen den wenigen Waggons einfach viel zu schnell kommen. Dann sitzt man mit vielen Minuspunkten da. Natürlich kannst du beim Ziehen der Aufträge auch Glück und Pech haben, aber ich würde bei „Zug um Zug: Berlin“ schon zur Taktik raten: weniger ist mehr!

Generationentauglich ist es für die Leute, die noch den Pinzettengriff gut ausführen können, um die Waggons einsetzen zu können. So richtig gut sind die übrigens nicht voneinander zu unterscheiden, also sollte auch die Augen noch mitspielen. Wenn das alles gegeben ist, eignet sich „Zug um Zug: Berlin“ hervorragend das tolle Spielprinzip in einem sehr schlanken Regelrahmen kennenzulernen. Insbesondere Kinder können dann die ersten Schritte machen und dann später vielleicht auf die Europa-Version umsteigen.

Spielszene
Viel los in Berlin

 

Gewundert habe ich mich übrigens ursprünglich, warum man bei den Farben des Spielmaterials auf Gelb, Rot, Schwarz und Weiß gesetzt hat. Aber im ersten Bild seht ihr ja gut, dass da richtig angeordnet wunderschön die Farben der Bundesrepublik erstrahlen. Das habe dann sogar ich verstanden. Aber ein kleiner Hinweis am Rande: Leute am rechten politischen Spektrum können mit Schwarz, Weiß und Rot auch schnell die Reichskriegsflagge darstellen. Vielleicht wären da die Spielfarbe wie Grün oder Blau, die auch in anderen Zug-um-Zug-Ausgaben verwendet, besser gewählt gewesen, gerne auch Rosa oder Lila. Das kann in manchen Köpfen ja auch nichts schaden.

 

Bewertung / Test
+ baut auf bekannten Regeln auf
+ schnell erklärt
+ eignet sich klasse, die Zug-um-Zug-Welt kennenzulernen
+/- bedingt generationentauglich
– in diesem besonderen Fall hätte ich auf Weiß als als Spielfarbe verzichtet

 

(Eine Rezension von Oli Clemens)

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Zug um Zug: Berlin (2023)

Spielidee: Alan R. Moon
Grafik: Julien Delval
Verlag: Days of Wonder
Anzahl der Spielenden: 2-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 15+ Minuten

Generationentauglichkeit: Die kleinen Kunststoffzüge können schon Schwierigkeiten bereiten