Kitchen Rush | Familienspiel | ab 8 Jahren | 2 bis 4 Spieler:innen | David Turczi & Vangelis Bagiartakis | Pegasus| generationentauglich
Hallo und herzlich willkommen zur Eröffnung unseres Restaurants. Die Vorratskammern sind mit Gaumenfreuden prall gefüllt, die Tische festlich gedeckt und unsere Küchencrew wartet nur darauf, euch als Gäste mit raffinierten Rezepten vom Feinsten verwöhnen zu dürfen. Erlebt mit uns ein einmaliges Gourmeterlebnis bei Kitchen Rush!

Das Spiel
Kitchen Rush ist ein Familienspiel von David Turczi & Vangelis Bagiartakis und bei Pegasus erschienen. Es ist für 2-4 Spieler:innen geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.
Was kann man so alles in höchstens 5 Minuten machen? Mails checken, klar. Die Blumen im Wohnzimmer gießen, geht auch. Die Spülmaschine ausräumen, wenn’s halt sein muss. Am besten genutzt ist die Zeit aber für eine herrlich-hektische Mission in Kitchen Rush, denn die dauert höchstens 5 Minuten. Länger geht nämlich gar nicht, dafür sorgt ein Timer, der zu Beginn einer Runde gestellt werden muss. Erreicht der 0:00 und die Missionsziele sind nicht alle erfolgreich abgearbeitet, geht der Spaß einfach noch einmal von vorne los.
Die Missionsziele für das gesamte Team setzen sich aus verschiedenen Handlungen zusammen. Zuerst müssen einmal eine gewisse Anzahl eintrudelnder Gäste an die Tische geleitet werden. Da sie aber hungrig sind, wollen sie essen und bestellen aus der Speisekarte. Wenn sie gewählt haben, werden die notwendigen Lebensmittel aus den Vorratskammern geholt und ran an den Herd.

Und da beginnt auch schon das Problem. Für jede Aktion wird eine Sanduhr auf einem entsprechenden Einsetzfeld platziert. Jetzt gilt: Solange der Sand rieselt, das sind so immer etwa 20 bis 30 Sekunden, darf niemand anderes dieses Feld nutzen. Erst wenn das letzte Körnchen durchgelaufen ist, darf die Sanduhr weggenommen und auf ein anderes Feld gestellt werden. Nur dann wird die Aktion wieder für die anderen frei. Vielleicht haben die aber schon ungeduldig und Zähne knirschend darauf gewartet.

Zum Glück hat jede Mitspieler:in zwei Sanduhren. So können mehrere Prozesse gleichzeitig laufen. Multitasking ist also gefragt. Die Gäste in „Kitchen Rush“ sind übrigens ein bisschen anspruchsvoller. Verschiedene Gerichte müssen auch auf unterschiedlichen Tellern serviert werden. Frühlingsrollen werden besipielsweise auf dem klassischen runden Teller serviert, Flammkuchen brauchen viereckige Teller und Chili con carne darf ausschließlich in einem Teller in Dreiecksform serviert werden. Dafür gibt es dann Tellermarker auf fester Pappe in der entsprechenden Form. Ach ja, und sauber müssen die auch noch sein, ist ja klar.

Auf den Gerichten ist außerdem vermerkt, welche Zutaten verwendet werden müssen. Salat, Möhren, Fleisch, Käse, Nudeln – je nach Gericht ist das unterschiedlich. Das liegt aber alles in den zwei Speisekammern in Form kleiner Holzspielsteine und muss ebenfalls organisiert werden. Natürlich geht auch das wieder über eine Sanduhr. So langsam steigt dann doch die Anspannung, denn unbestechlich tickt der Timer gegen Null. Danach geht es ab an den Herd, wo die Zutaten zubereitet werden. Unterschiedliche Gerichte haben selbstverständlich unterschiedliche Kochzeiten. Auch da ist voller Sanduhreinsatz gefragt. Doch Vorsicht: Liegt was falsches auf dem Teller – oder vielleicht sogar zu wenig, dann ist das Rezept versaut und der Gast beschwert sich. Das bedeutet in der Regel bei dem Zeitdruck: Alles nochmal von vorne und das Szenario wiederholen.

War das Team aber erfolgreich und hat die notwendige Anzahl von Gästen mit den gewünschten Gerichten bedient, wartet das nächste Szenario darauf, gemeistert zu werden. Mit zunehmendem Erfolg werden immer kleine Stellschrauben verändert. Zuerst müssen die Gerichte auch noch angemessen gewürzt werden. Dafür wird der Spielplan um einen kleinen Kräutergarten erweitert. Bunte Würfelchen repräsentieren ab jetzt Salz, Pfeffer, Chili und andere Gewürze. Die Teller unterscheiden sich allmählich in ihrer Größe von klein bis riesig, schmutziges Geschirr muss gespült werden, Gäste wollen auch Getränke serviert bekommen, Münzen gelangen ins Spiel – und das muss immer alles noch innerhalb von höchstens 5 Minuten geregelt werden. Schon bei der Erinnerung daran, beginnt sofort der Puls zu steigen!
Zum Glück beliefert euch ein Kleintransporter mit Nachschub, wenn der Andrang zu groß werden sollte und sich die Speisekammern leeren. Aber hat schon Zeit, sich auch noch darum zu kümmern? Dann warten ja auch noch die VIP-Gäste und zwischendurch muss das Büro gemanagt werden. Wer richtig stressresistent ist, stellt sich als ultimative Schwierigkeit auch noch den Missionen der Meisterköche, bei denen sogar noch unerwartete Ereignisse den Spielerfolg zusätzlich erschweren.

Insgesamt warten acht unterschiedliche Szenarien auf die Spieler:innen. Diese bauen inhaltlich aufeinander auf und führen neue Spielelemente nacheinander ein. So gewöhnt man sich Schritt für Schritt an die neuen Regeln. Nach nur 5 Seiten der Anleitung kennt man schon alle Regeln, um Szenario 1 spielen zu können. Das ist wirklich gelungen. Bezeichnenderweise trägt das letzte der Kapitel den Namen Rückschläge. Es ist nämlich in der Natur des Spiels, dass ein Szenario ab einem gewissen Grad der Herausforderung nicht auf Anhieb klappen wird. Fehler zu machen liegt in der Natur der Hektik, die ausbricht, wenn sich das Team unter Zeitdruck um alles kümmern muss. Scheitern ist ein Teil des Spiels.
Aber die Teams können besser werden. Spielt man oft genug zusammen, entwickeln sich Strategien und Spezialrollen. Dann macht das Spiel so richtig Spaß. Aber es kann natürlich auch vorkommen, dass der Frust siegt und das Spiel ungeliebt in der Ecke landet – hoffentlich nicht auch die Mitspieler:innen. Schön ist, dass im Vergleich zu anderen kooperativen Spielen die Alpha-Tier-Problematik bei „Kitchen Rush“ nicht wirklich zum Tragen kommt – also der Umstand, dass einer Person alles bestimmen will. Dafür hat man wirklich selbst alle Hände voll zu tun.
Ist das Spiel für alle Altersstufen geeignet? Schwer zu sagen. Spaß kann es in jedem Alter machen. Die Regeln sind einfach, stellen also keine wirkliche Einstiegshürde dar. Das Material ist haptisch für große und kleine Hände geeignet und die Symbolsprache auf den Karten mit den Gerichten klar und gut erkennbar. Wichtiger in diesem Zusammenhang scheint es, wie gut man selbst mit dem eigenen Stresspotential zurechtkommt. Und dann kann das Alter vielleicht doch eine Rolle spielen.

Fazit
Kitchen Rush will entdeckt werden, Stück für Stück, wie ein gutes Sternemenü. Aber wie im richtigen Leben sind die Geschmäcker verschieden. Den Zeitdruck, den Kitchen Rush als Spielmechanik mit sich bringt, muss man mögen. Das Spiel strengt nämlich an. Aus allen Kesseln dampft es und die Zeit tickt gnadenlos runter. Gemütlich ist nicht. Wer nicht gerne verliert, sollte vielleicht erst einmal eine Runde zuschauen, denn Frustrationstoleranz ist eine Kernkompetenz, die eine Spieler:in mit ins Team bringen sollte. Wer es aber gerne herrlich hektisch mag, und für wen Scheitern in der Lebensphilosophie positiv besetzt ist, der sollte nach Mitspieler:innen Ausschau halten, um ein wahnsinnig gutes Spiel erleben zu können. So gut, dass es sogar auf der Empfehlungsliste zum Familien-Spiel des Jahres 2020 landete. Kleiner Spoiler: Die erste Erweiterung ist unter dem Titel „Aber bitte mit Sahne“ ist angekündigt und soll dann noch leckere Nachtische ins Spiel einbauen.
Bewertung / Test
+ super Anleitung führt Stück für Stück in das Spiel ein
+ hoher Wiederspielwert durch viel Variabilität
+ Schwierigkeitsgrad steigt und bietet größerer Herausforderungen
+ Material ist wertig und passt thematisch prima
– kann Stress jenseits des Erträglichen verursachen
(Eine Rezension von Oli Clemens)
Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)
Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”
Kitchen Rush (2019)
Spielidee: David Turczi & Vangelis Bagiartakis
Grafik: Ntalia Kordowska & Bartlomiej Kordowski
Verlag: Pegasus
Spieler:innenanzahl: 2-4 Spieler:innen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Eigene Empfehlung: (Optional)
Spieldauer: 5 Minuten pro Runde, so oft wiederholbar, wie die Nerven halten.
Generationentauglich: Ist keine Frage des Alters, sondern eher des persönlichen Stressmanagements.