Valletta – Maltas Hauptstadt spielerisch erbaut – von Hans im Glück (Rezension)

 

Malta. Ein lohnendes Urlaubsziel, schöne Strände, gutes Essen und eine historische Altstadt. Der Grundstein für die Stadt Valletta wurde 1566 gelegt, vom Malteserorden auf Betreiben von Jean de la Valette. Genau in diese Zeit versetzt uns Stefan Dorra mit seinem Spiel „Valletta“. Wir dürfen die Stadt erbauen, viele Handwerker und Persönlichkeiten helfen uns dabei.

Zugegeben, das Thema ist aufgesetzt, aber es ist ein frisches Thema. Und es ist durchaus gelungen, viel Historisches in dieses Spiel mit einzubringen. Da macht das Spiel neugierig, mehr über Malta zu erfahren. Aber bevor wir unsere Siri oder Alexa zu diesem Thema befragen, wagen wir ein Spielchen und helfen selber tatkräftig mit, die Stadt Valletta zu erbauen.

 

„Valletta“ ist ein Spiel für 2-4 Personen ab 10 Jahre von Stefan Dorra, Grafik von Klemens Franz, erschienen 2017 im Hans im Glück Verlag

Das Spiel ist schwer einzuordnen. Es ist ein Aufbauspiel, man errichtet Gebäude, die einem im weiteren Verlauf Vorteile bringen und vor allem wertvolle Siegpunkte. Es ist ein Warenwirtschaftsspiel, man sammelt Rohstoffe, weil man sie zum Bau der Gebäude braucht. Es ist ein Deckbauspiel, weil man seine anfänglich acht Arbeiter, die man in seinem Deck hat, mit weiteren besseren Personen ergänzt oder diese austauscht. Es ist also irgendwie von allem etwas. Und dann ist es noch ein Spiel für fortgeschrittene Familien oder ein leichtes Expertenspiel, und ein kurzes obendrein mit ca. 45-60 Minuten Spielzeit.

Wer soviel in ein Spiel reinpackt, der muss doch eigentlich scheitern, oder? Ich bin ganz ehrlich, das erste Spiel hat mich nicht wirklich umgehauen. Es war ganz ok, aber irgendwie nicht Fisch noch Fleisch. Und es landete im Spieleregal irgendwo hinten. Hätte nicht ein Bekannter mich dazu „gezwungen“, dieses Spiel noch einmal zu spielen, ich hätte diese Perle nicht für mich entdeckt. Das zweite Spiel war wesentlich besser und seit dem dritten Spiel bin ich ein bekennender Valletta-Fan. Wie kommts?

Wenn ich am Zug bin, muss ich nacheinander drei von meinen fünf Handkarten ausspielen (zu Beginn habe ich zusätzlich noch drei Karten im Nachziehstapel) und die jeweils darauf abgebildete Aktion ausführen. Da kann ich Rohstoffe sammeln, Gebäude bauen, Personen zu meinem Deck zufügen oder daraus entfernen, oder Siegpunkte generieren für bestimmte Waren oder Gebäude. Baue ich ein Gebäude, übernehme ich die auf diesem Gebäude liegende Person und besetze das Gebäude mit meinem Häuschen. Ab sofort steht mir diese Person zur Verfügung, sogar noch im selben Zug. Habe ich meine drei Karten gespielt, kommen sie auf meinen Ablagestapel und ich ziehe vom Nachziehstapel wieder auf fünf Handkarten nach. Ist der Nachziehstapel leer, mische ich den Ablagestapel und es geht von vorne los. Das ist altbekannt, Dominion lässt grüßen. Genial ist, dass ich die verbliebenen, nicht ausgespielten Karten auf der Hand behalte. Ich kann also z. B. mit meinem Lehrling (der erlaubt mir, die zuvor gespielte Karte zu wiederholen) eine Runde warten, bis eine lohnenswerte Karte zum „Nachmachen“ kommt. Ich kann hier wesentlich strategischer vorgehen als in anderen Deckbauspielen, wo ich normal alle Karten aus der Hand wieder abgeben muss.

Im Spiel hat man nicht viele Möglichkeiten, Personenkarten zu erwerben, und die meisten Personen kommen nur einmal im Spiel vor. Hier muss man schnell sein, um vor der Konkurrenz zuzuschlagen. Es gibt Handwerker, die einem eine Ware bringen, andere bringen entsprechend der Symbole auf den eigenen Gebäuden mehr Waren. Da lohnt es sich, gezielt zu bauen.

Es bietet sich an, wenn man ein oder zwei punktebringende Personenkarten auf der Hand hat, alle anderen der Reihe nach abzuwerfen. Hat man nur fünf Karten in seinem Deck, hat man diese in jedem Zug auf der Hand und macht ständig Punkte. Klingt zunächst nach einer sicheren Siegstrategie. Aber weit gefehlt. Man kann damit im Spiel kaum so viele Punkte machen, dass ein Spieler, der viele Gebäude baut, nicht am Spielende locker an einem vorbeizieht. Und noch ein genialer Kniff steckt da drin. Wenn das Spielende ausgelöst wird, darf jeder Spieler noch einmal komplett durch sein Kartendeck spielen. Hat man nur fünf Karten, ist man gleich fertig, hat man 15 oder mehr, kann man spielen, und spielen, und spielen, und sich nochmal dicke Punkte abholen.

Das alles ist so simpel wie genial. Und es spielt sich schnell, denn alle Karten bieten sehr einfache Aktionen, keine ineinander verketteten Aktionen, man kann seinen Zug gut vorbereiten und schnell spielen, wenn man am Zug ist. So läuft das Spiel schnell und in 45-60 Minuten ist das Spiel vorbei. Nur das Aufbauen dauert gefühlt deutlich länger. Und da muss man der tollen Grafik leider einen Minuspunkt geben, denn beim Aufbau der Spielauslage muss man zuerst die Gebäude auslegen und anschließend die zugehörigen Personen auf die Gebäude legen. Dabei orientiert man sich an einem winzig kleinen Buchstaben, sehr sehr klein. Das ist wirklich schade und trübt ein bisschen den sonstigen grafischen Hochgenuss.

Aber sonst ein wirkliches Highlight, das aber etwas Zeit braucht, das entdeckt werden will. Selten hat mich ein Spiel nach der ersten Partie so „getäuscht“. Hier braucht man ein paar Partien, um die eigentliche Spieltiefe und die tolle Verzahnung der unterschiedlichen Mechaniken im Spiel zu verstehen und dann wirklich zu mögen. Ein sehr gutes Spiel, das ganz vorm im Spielregal liegen sollte.

 

FAZIT

„Valletta“ ist ein gehobenes Familienspiel, das Familien mit Spielerfahrung und Expertenspieler, die mal „was Leichteres“ suchen, sehr gut unterhält. Natürlich gehört Glück zu jedem Deckbauspiel dazu, aber hier hält es sich in Grenzen, dank der Mitnahme von Handkarten in die nächste Runde. Das Spiel verlangt eine Strategie, allzu schnell verzettelt man sich, wenn man alle möglichen Handwerker anheuert. Man sollte sich auf ein bis zwei punktebringende Personen konzentrieren und die Handwerker entsprechend aussuchen. Das Spiel hat viele unterschiedliche Personenkarten, aber deren Funktionen sind einfach und machen das Spiel nicht kompliziert. Nur anfangs muss man sich etwas orientieren, denn zu Beginn liegen bei einem Viererspiel 30 Gebäude mit 30 Personenkarten aus, da muss man erst mal lange suchen, wo wer liegt. Dass für die meisten Spieler dabei der Kartentext auf dem Kopf oder verdreht steht, macht es nicht leichter, aber für ein Deckbauspiel leider unvermeidlich.

Die Spannung im Spiel steigt ständig an und da man nicht wirklich ausmachen kann, wer punktemäßig vorne liegt, ist das Spiel bis zuletzt richtig spannend. Der Wiederspielreiz ist hoch, weil nicht alle Karten im Spiel sind und so jedes Mal andere Karten ausliegen. So ergeben sich ständig neue Karten-Kombos.

Die Regeln sind wieder einmal (Danke, Hans im Glück) perfekt und lassen keine Fragen offen. Das Spiel ist schnell erklärt, nur der Aufbau dauert etwas länger.

Apropos Regeln. In den Spielregeln steht, wie man das Spiel beginnen soll, damit der Startspielervorteil ausgeglichen ist. Das ist keine wirklich gute Lösung, und der Autor hat bereits eine wesentlich bessere Lösung im Internet verbreitet. Kurz gesagt: Jeder Spieler beginnt mit einem kompletten Satz an Materialien, der Startspieler darf bei seinem ersten Zug nur eine statt drei Karten ausspielen, der zweite Spieler dann zwei statt drei, und dann läuft das Spiel wie angegeben. Eine sehr gute Lösung, unbedingt so spielen!

Muss ich was zur Grafik sagen? Klemens Franz, wieder einmal mit einer super Leistung. Das Spiel macht richtig Spaß dank der gelungenen Grafik und der klaren Icons. Nur die winzig kleinen Buchstaben hätte man deutlich besser lösen können, ja müssen.

Mich hat das Spiel überzeugt, auch wenn der Einstieg schwer war. Liebe auf den ersten Blick ist etwas anderes, aber wenn man darin eintaucht, zeigt sich ein lohnenswertes Spiel. Unbedingt ausprobieren.

 

BEWERTUNG

 

+ geniale Deckbau-Variante
+ tolle Grafik
+ angenehme Spieldauer
+ tolle Regel für das Spielende
+ schnell erklärt
– mühsamer Spielaufbau

 

(Eine Rezension von Gerhard Hany)

 

Hinweis zur Gender-Formulierung: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen
bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit nur die weibliche oder männliche Form
verwendet wurde.

 

Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiel mit Spielerfahrung”

 

  • ... Altergruppe bis 12 Jahre
  • ... Altergruppe 13-49 Jahre
  • ... Altergruppe 50-75 Jahren
4.7

Valletta (2017)

Autor: Stefan Dorra
Verlag: Hans im Glück
Grafik: Klemens Franz

Spieleranzahl: 2-4 Spieler
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten

Punkte: bedingt senioren-tauglich (kleine Schrift und wenig übersichtliche Auslage)
sehr gut jungundalt-tauglich (Alter 12-65, für spielerfahrene Spieler)