Lange lebe der neue König! – Kingscraft von Skellig Games (Rezension)

Kingscraft | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 4 Spielende | David Kühn | Skellig Games

Was passiert, wenn ein König sein Leben lang zwar ein guter Herrscher gewesen ist, ihm jedoch das Glück nicht zur Seite stand, um eine Thronfolgerin oder einen Thronfolger zu haben? Wird es dann freie Wahlen geben? Folgt der Zerfall in die Kleinstaaterei? In „Kingscraft“ haben wir die einmalige Chance zu sehen, was passiert, wenn der noch regierende König ein Faible für das Spiel und den Wettbewerb hat, um auf diese Weise die Thronfolge zu sichern! Wieviel Spaß ich dabei hatte? Weiterlesen wird es dir verraten.

Überblick über das Spielmaterial in Kingscraft
Wer „-craft“ im Namen trägt, der darf auch eine opulente Schmiede im Zentrum haben!

 

Das Spiel
Kingscraft
ist ein Kennerspiel von David Kühn und bei Skellig Games erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Die quadratische Schachtel ziert ein Schmied, der vor dem Hintergrund einer Landschaft ein Schwert bearbeitet. Das ganze durch die Silhouette eine Kopfes mit Krone hindurch betrachtet, bekomme ich sofort Lust die Schachtel zu öffnen und zu schauen, was sich im Herz des Königreiches von Ambossa befindet. Ambossa heißt das Königreich, um dessen Thronfolge wir gegeneinander im Spiel zu zweit bis zu viert antreten können.

Jede Person wählt einen Charakter. Das ist relativ variabel, denn wähle ich einen Standardcharakter, so bietet er allen Spielenden die gleichen Eigenschaften und Vorraussetzungen. Wende ich das Spielertableau, so kommen neue Charaktere zum Vorschein. Mit leichter Asymmetrie startet jede Person so mit etwas anderem Gepäck ins Spiel – ist im Leben ja schließlich genauso! Während beispielsweise eine Person mehr Gesundheit hat, besitzt ein anderer Charakter zwei kräftige Arme und darf 2 Waffen tragen, oder spielt mit List und hat zusätzliche Aktionen zur Auswahl.

7 Spielkarten der Farbe Violett liegen aufgefächert auf dem Tisch
Klar und übersichtlich: Die 7 verschiedenen Aktionen und deren Reihenfolge auf einen Blick!

 

Die Aktionen sind dabei neben der Schmiede das Herz des Spiels. Zu Rundenbeginn wählt jede Person aus den eigenen Handkarten eine der 7 Möglichkeiten aus und legt die entsprechende Handkarte verdeckt vor sich ab. Haben das alle getan, decken alle die eben gelegte Karte auf. Da die Aktionen durchnummeriert sind, entsteht so die Zugreihenfolge im Spiel – von der niedrigsten zur höchsten Zahl. Haben sich mehrere Charaktere für die gleiche Aktion entschieden, so startet die schnellere Person – erkennbar durch den Zahlenwert am Hasen, herrscht auch dann noch Gleichstand, so wird in ganz klassischer Manier eines Duells miteinander gekämpft – wer siegreich ist, bekommt den Vortritt.

Die Aktionen sind eindeutig und klar beschrieben und in der Regel auch schnell abgehandelt. Lange Wartezeiten treten bei „Kingscraft“ eher nicht auf. Es soll jedoch auch schon Personen gegeben haben, die vor der Auswahl der in der Schmiede verfügbaren Gegenstände in einer Art Schockstarre mehrere Minuten verharrten, bevor weiter um Ambossia gekämpft werden konnte. Am Ende einer Runde werden alle Aktionskarten auf die Hand zurückgenommen und stehen für die nächste Runde wieder zur Verfügung.

Mögliche Aktionen sind der Kampf gegen Monster unterschiedlicher Stärke, Wunden heilen, einfache Gegenstände erhalten, Schmieden und natürlich das finale Duell gegen den amtierenden Herrscher oder die Herrscherin. Auch das Finale kann unter Umständen mehrmals nötig werden, denn ein Unterliegen im Kampf lässt die Person nicht ausscheiden sondern zwingt zum Wunden heilen im nächsten Zug. Diese Heilung wird zwar durch eine Aktionskarte ausgespielt und entspricht dann doch mehr einem Aussetzen als einer Aktion, bevor es in der nächsten Runde wieder ins Kampfgetümmel geht.

Spielertableau des Charakters Schurkin mit 3 weißen Würfeln
So kommt sie daher die Schurkin – im Spielverlauf bereits ausgerüstet darf sie nun mit drei 6-seitigen Würfeln in den Kampf ziehen.

 

Kämpfen ist in „Kingscraft“ wichtig, ist einfach gelöst und fesselt immer wieder aufs Neue. Über klassische 6-seitige und später im Spiel auch 12-seitige Würfel wird die Kampfstärke ermittelt. Die höhere Kampfstärke gewinnt, jedoch verursacht auch die unterlegene Kreatur Schaden gemäß der Kampfstärke. Ein Schild auf einem Ausrüstungsgegenstand reduziert den Schaden um ihren Wert. Was dann noch übrig bleibt tut weh: Je angefangener 10 Schadenspunkte verliert der kämpfende Charakter ein Herz und dreht es auf die Rückseite. War es das letzte, so ist der Kampf auf jeden Fall verloren und die nächste Runde darf voll und ganz der Aktion Heilung gewidmet werden.

Für die Kreaturen gibt es 3 verschiedene Stärkelevel, was die Kämpfe herausfordernder und die Beute fetter macht. Jede Kreatur hat dabei andere Fähigkeiten im Kampf. Durch eine sehr intuitive und auch in Spielerhilfen zusätzlich beschriebene Ikonographie dargestellt, kämpft die eine Kreatur mit mehr Würfeln, eine andere hat vielleicht zwölfseitige Würfel im Angriff oder darf einen Würfel erneut werfen, wenn nicht sogar alle. In manchen Fällen verliert sogar unsere Ausrüstung ihre Funktion, wenn wir nicht mindestens genau so schnell wie unser Widersacher sind und nicht mindestens den gleichen Geschwindigkeitswert haben.

Das Tableau mit Monstern der Stufen I - III, daneben der König
Die Monster in Kingscraft nutzen wir zu „Trainingszwecken“ – hier wartet der König wartet auf das Duell

 

War der Kampf siegreich, so kommt jetzt die Beute ins Spiel. Je nach Stärkelevel der Kreatur darf sich der siegreiche Charakter einen Gegenstand des gleichen Levels aus der opulenten Schmiedeauslage nehmen und im Falle eines Level 1 Gegners sogar noch einmalig schmieden. Schmieden heißt dabei entweder zwei Gegenstände zu einem höherwertigen Gegenstand zu verschmelzen oder einen Gegenstand Level 2 oder Level 3 aufzuwerten. Letzteres geschieht einfach, indem ich die Karte auf ihre Rückseite wende, wodurch sie spürbar mächtiger wird. Das Verschmelzen zweier Gegenstände ist zweckdienlich und sehr detailiert in der Darstellung. Ich verbinde 2 nebeneinander liegende Gegenstände einer Stufe zum daraus entstehenden Gegenstand der höheren Stufe. Meine verwendeten Materialien gebe ich dabei in die Schmiede zurück, sie stehen fortan wieder zur Verfügung.

Den Ausrüstungsgegenständen kommt in bester Rollenspielmanier dabei eine wichtige Funktion zu. Trage ich sie im Rucksack, so sind sie allenfalls Zierde, erst in der richtigen Position ausgerüstet, werden sie zur wirkungsvollen Verstärkung im Kampf. Die Auswirkungen reichen dabei von einfacher Erhöhung von Stärke, Geschwindigkeit oder Verteidigung über mehr eigene 6- oder 12-seitige Würfel im Kampf bis hin zu erneuten Würfelwürfen im Kampf. So werden die Personen im Laufe einer Partie Kingscraft immer stärker und stellen sich am Ende der Königin oder dem König auf Augenhöhe gegenüber.

Um den Wettlauf weiter anzukurbeln: Jeden Gegenstand gibt es nur einmal im Spiel – was weg ist, ist solange weg, bis es beim Schmieden verwendet wird um einen Gegenstand höherer Stufe zu erschaffen. Hier schafft „Kingscraft“ einen Ausgleich mittels Zaubertränken. Von einem verdeckten Stapel darf ich Tränke ziehen – die Anzahl entspricht dem Level des Gegenstandes. Diese Tränke haben meist mächtigere Einmaleffekte beim Verwenden und entschädigen somit ganz gut für nicht verfügbare Gegenstände unserer Wahl.

Schmiedetableau mit den möglichen zu schmiedenden Gegenständen
Tolle Illustration – die beim Schmieden verwendeten Utensilien finden sich in den Gegenständen höherer Stufen auch im Bild wieder!

 

„Kingscraft“ gleicht insgesamt einem Wettlauf, besser einem Wettrüsten, um sich am Ende dem finalen Duell zu stellen und das Spiel siegreich zu beenden. Dass ich hier im Kern des Spiels würfele und zuvor meine Aktionen geschickt einsetze, geht im Eifer des Gefechts fast unter. Das Gefühl, wenn ich einen Level 3 Gegner fast ohne Schaden zu nehmen besiege, um dann nach der Ausrüstungsreihe Stufe 3 zu schielen, ist toll. Es taucht auch in viel späteren Partien immer noch auf. Der Wunsch nach ‚diesen einen Kampf gegen die Kreatur auf Stufe 3 noch‘ taucht bei vielen Spielenden auf.

Durch dieses Begehren ist es mir mehr als einmal passiert, dass eine andere Person dann eben siegreich im letzten Duell gegen König oder Königin war, und mir den sicher geglaubten Sieg vor der Nase weggeschnappt hat. Ein Wettlauf eben, den ich auf diese Art und Weise sehr mag. Auch das die Würfel eben fallen wie sie fallen, und nicht immer wie sie sollen, kann ich bei „Kingscraft“ mit einem Lächeln annehmen und mich in einem weiteren Wettstreit erneut in Ambossa um die Thronfolge ausrüsten und vielleicht dieses Mal am Ende die Krone tragen! Egal wie der Wettbewerb auch endete – mich hat er jedes Mal gut unterhalten und mir jede Menge Spaß und Freude bereitet!

 

Fazit
Als ich das erste Mal vom Titel „Kingscraft“ hörte und das Cover sah, dachte ich an ein mittelalterliches Schwergewicht – ich sah Gebietskontrolle und Gefolgsleute und irgendwie auch eine Tafelrunde vor meinem geistigen Auge und befürchtete, dass wird nie jemand mit mir spielen, so nischig erwartete ich es. Als ich die Chance bekam zum ersten Mal in die Spielanleitung zu schauen und schließlich selbst die Geschicke meines Charakters zu lenken, merkte ich sofort wie sehr meine Erwartung daneben lag – denn Mitspieler finde ich für „Kingscraft“ immer!

Ich würfele und ärgere mich in der einen Runde kurz über einen verlorenen Kampf um in der nächsten Runde schon ohne Schaden gegen eine Kreatur siegreich zu sein. Glück und Leid liegen in „Kingscraft“ nah beieinander. Jedoch hatte ich in keiner Partie bisher das Gefühl, dass eine odere mehrere Personen total abgehängt sind, stets gibt es einen Weg sich wieder auf’s Ross zu schwingen und schon im nächsten Kampf wieder siegreich zu sein.

Generationentauglich sind die einzelnen Mechanismen mit Sicherheit – Aktionsauswahl und Würfelwurf. Wer sich von kleinen Karten und relativ kleinen Aufdrucken nicht abhalten lässt, der spielt auch in „Kingscraft“ generationenübergreifend. Durch die Verknüpfung mit den Gegenständen der Schmiede und den Tränken gibt es immer was zu entdecken und das funktioniert bei spielerfahrenen Kindern auch schon ab 8 Jahren, sofern die Monsterthematik mit ihren lebendigen Karten nicht vergrault.

Ich mag „Kingscraft“ sehr und das will was heißen, wenn du meine „Vorliebe“ für Würfelspiele bereits kennengelernt hast. Was das Team von Skellig Games hier in Zusammenarbeit mit dem Autor David Kühn sowie dem Künstler Roman Kucharski geschaffen hat, ist ein Spiel das einem breiten Publikum Freude bereitet. Da es in meiner Wahrnehmung im einsteigerfreundlichen Bereich des Kennerspielniveaus angesiedelt ist, trifft es ziemlich genau den Zahn der Zeit um mit einem relativ unverbrauchtem Mechanismus Familien und Freunde an die Spieltische zu bringen und um die Zukunft Ambossas zu entscheiden.

 

 

Bewertung / Test
+ fast keine „Downtime“ durch kurzweilige Aktionen
+ gute Auflösung von Patt-Situationen
+ gute grafische Gestaltung von Spielmaterial und Symbolen
+ modularer Aufbau der Schmiede sorgt für verändertes Spielgefühl
+/- Würfel bestimmen über Sieg und Niederlage – mit allen Vor- und Nachteilen

 

(Eine Rezension von Tobias Mallock)

Tobias

 

Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)

 

ACHTUNG – hier geht es zu unserem YouTube-Kanal:
Spielecafé der Generationen – Jung und Alt Spielt – YouTube

 

Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Kingscraft (2023)

Spielidee: David Kühn
Grafik: Roman Kucharski
Verlag: Skellig Games
Anzahl der Spielenden: 2 – 4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 – 60 Minuten

Generationentauglichkeit: Würfel mit möglichst hohen Ergebnissen werfen? Das geht immer! Die Informationen der kleinen Karten limitieren das ggf. im Alter.