Hilfe, wo geht’s hier raus? – Mutlose Monster von Boardgame Circus (Rezension)

Mutlose Monster | 2-Personen-Spiel | ab 8 Jahren | 2 Spielende | Sandro Dall’Aglio | Boardgame Circus | generationentauglich

Wer einen Blick auf die vergleichsweise fast schon winzige Spieleschachtel von ‚Mutlose Monster‘ wirft, kann sich sicher im ersten Moment gar nicht vorstellen, dass sich drei komplette Ebenen eines monsterverseuchten Verlieses darin befinden sollen – mutiger Charakter inklusive! Das macht neugierig. Schauen wir also in das Schächtelchen rein.

Kleine Schachtel und überschaubarer Inhalt machen ein tolles Spiel: Mutlose Monster
Echt jetzt, wer soll sich davor schon gruseln?

 

Das Spiel
Mutlose Monster
ist ein 2-Personen-Spiel von Sandro Dall’Aglio und bei Boardgame Circus erschienen. Es ist für 2 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.

Auf einem kleinen Stapel liegen neben der Anleitung 15 quadratische Spielkarten aus fester Pappe und ein Charakter-Spielstein aus Holz. Das ist es auch schon. Zusammen entscheidet man, wer das Bauen des Verlieses übernehmen wird. Die andere Person verkörpert den Charakter, der daraus entkommen möchte. Schon außergewöhnlich, dass das Spiel auf den Begriff ‚Held‘ verzichtet. Doch mehr dazu im Fazit.

Entsprechend der Rolle bekommen beide eine Anzahl der Spielkarten. Beim Verlies sind das die sechs unterschiedlichen Monster, die beiden Karten mit Ein- und Ausgangsportal und die Karten, die schlichte Gänge im Verlies zeigen. Der Charakter bekommt zwei Aktionskarten: Springen und Kämpfen. Beide erhalten außerdem noch eine Übersichtskarte. Die ist notwendig, damit klar ist, wie die mutlosen Monster angeordnet werden können, denn sie vermeiden den Kontakt zueinander.

Die sechs Monsterkarten sind bunt und divers gestaltet.
So nach kommen sich die sechs Monsterarten im Spiel nie. Abstand ist angesagt. Die Karte hilft, sie korrekt zu platzieren.

Das Verlies legt die Karte mit dem Eingang sichtbar auf den Tisch. Drumherum wird nun aus verdeckten Karten die erste Ebene des Verlieses gepuzzelt. Die besteht immer aus zwei Monsterkarten, dem Ausgang und den drei Gängen. Mehr als sechs Karten hat man also nie zu Verfügung. Das kann aber schon reichen, um den Charakter für immer in dem Verlies zu halten, denn die Monsterkarten dienen quasi als Wachen auf dem Weg zum Ausgang. Läuft ihnen der Charakter beim Erkunden kampflos in die Arme, ist das Spiel aus und das Verlies gewinnt. Erreicht der Charakter aber den Ausgang, ist das erste von drei Stockwerken auf dem Weg zur Freiheit geschafft.

Diesmal liegt das Verlies fast wie ein Quadrat angeordnet
Oh Mann, wo geht es denn jetzt in die Freiheit?

Schnell stellt man fest: Die Monster können sich überall im Verlies verstecken, aber eigentlich sind sie Hasenfüße. Sie fürchten sich nämlich voreinander und bleiben deswegen auf Abstand! Die Übersichtskarte zeigt, wie sie passend angeordnet werden können, sodass sie zwar für den Charakter eine Gefahr sind, sich aber nicht gegenseitig erschrecken. Schon putzig, gleichzeitig extrem hilfreich für den Fluchtplan des Charakters.

So entstehen nämlich schon durch die Anordnung der Karten gewisse Vermutungen, welches Monster sich wo versteckt halten könnte. Der blaue Oktopus lauert beispielsweise gerne umgeben von Karten, der Drache braucht Platz um sich herum. Je mehr Partien man spielt, desto besser kann man schon direkt vor Beginn die Anordnung des Verlieses deuten, obwohl alle Karten mit Ausnahme des Eingangs verdeckt liegen. Besonders klasse wird ‚Mutlose Monster‘ aber vor allem dann, wenn man es häufiger in der gleichen Personenkonstellation spielt. Denn dann mogelt sich der ein oder andere Bluff in den Aufbau, der schnell das Leben kosten kann.

Der Charakter bewegt sich vom Eingang aus waagrecht oder senkrecht Feld für Feld durch das gebaute Labyrinth. Der Spielstein wird entsprechend weitergesetzt und die verborgene Karte umgedreht. Treffen sich Charakter und Monster, ist das Spiel vorbei. Natürlich schickt man kein Greenhorn in das Verlies. Deswegen kann der Charakter einmal pro Level ein Karte überspringen oder eine Karte vorsichtshalber bekämpfen. Nur dumm, wenn man auf den Bluff des Verlieses hereingefallen ist, und sich das vermutete Monster in eine harmlose Verlieskarte entpuppt. Dann sind die nächsten Schritte wahrscheinlich tödlich.

Mit einer Aktionskarte kann der Charakter springen, mit der anderen kämpfen.
Mit einer Aktionskarte kann der Charakter springen, mit der anderen kämpfen.Aber beides nur einmal.

Weil das Verlies etwas in Vorteil ist, darf der Charakter je nach Verliesebene vor dem ersten Zug zwei, eine oder eben keine Karte zufällig aufdecken und die ersten Schlüsse gezogen werden können. So zeigt es sich, dass Ebene 1 und 2 meist schnell erkannt und durch einen Sprung überwunden sind, man aber oft nicht genau weiß, welche Monster jetzt genau darin lauerten. Ein Verlies gibt eben nicht immer alle seine Geheimnisse preis.

Der Spielstein liegt kurz vor dem Ausgang, das Monster ist besiegt
Der Ausgang ist so nah, das Monster ist erledigt. Mission accomplished.

Hat der Charakter den ganzen Mut und eine Prise Deduktion eingesetzt und konnte der Ausgang ohne Monsterkontakt gefunden werden, gilt das Stockwerk als erfolgreich gemeistert. Dann wird abgebaut, die Monster durch zwei neue getauscht und ein neues Stockwerk ausgelegt. Die kleine Pause kann dann dazu genutzt werden, eine neue Tasse Tee aufzugießen oder schnell mal die aktuellen Textnachrichten zu checken. Schafft der Charakter ungestört seinen Weg durch alle drei Herausforderungsebenen, ist das Spiel gewonnen. Ansonsten triumphiert das Verlies.

 

Fazit
‚Mutlose Monster‘ hat sich schnell bei uns zu einem Wohlfühl-Spiel entwickelt. Meist trinken wir bei einer Runde eine Tasse Tee oder Kaffee. Die bereitet der Charakter vor, damit das Verlies in aller Ruhe und ungestört das Stockwerk vorbereiten kann. Für uns ist es das optimale Spiel zur Entschleunigung. Das kann aber in anderen Konstellationen genau entgegengesetzt wirken, denn eigentlich passiert nicht viel an Interaktion, wenn der Charakter sich auf den Weg macht. Beide Rollen finden eigentlich ausschließlich im eigenen Kopf statt. Das gemeinsame Spiel reduziert sich auf wenige Momente – das muss man mögen!

‚Mutlose Monster‘ ist dafür aber ein beispielhaftes Generationenspiel. Das Spielmaterial ist kontrastreich und greift sich toll, das Spiel ist sprachneutral, die Regeln einfach. Kinder ab acht Jahren haben kein Problem damit mit Oma oder Opa zu spielen. Vielleicht könnte die Monsteransicht der Übersichtskarte einen Ticken größer sein. Aber ich gebe zu: Das ist Jammern auf hohem Niveau.

Das Material ist unbedingt generationentauglich
Das Material ist unbedingt generationentauglich

Besonders positiv möchte ich noch die Anleitung erwähnen. Sie ist nicht nur übersichtlich gegliedert und klar verständlich, sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein Spiel genderneutral erklärt werden kann und dabei vollkommen natürlich klingt. Da hat das Team von Boardgame Circus echt toll gearbeitet. Das gleiche gilt übrigens auch für die Illustrationen. Sie sind bunt und monstermäßig divers. Zudem kann unter dem Helm des Charakters sowohl eine Frau oder ein Mann stecken. Von Held redet hier niemand. Tschüss stereotype Heldenklischés!

 

Bewertung / Test
+ Regeln und Material generationentauglich
+ schnelle Deduktionsrunden
+ sehr süße Illustrationen der Monster
+ hoher Aufforderungscharakter für die nächste Runde direkt im Anschluss
+ inklusive und genderneutrale Anleitung

(Eine Rezension von Oli Clemens)


Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)

 

Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Zwei-Personen-Spiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Mutlose Monster (2021)

Spielidee: Sandro Dall’Aglio
Grafik: Christine Alcouffe
Verlag: Boardgame Circus
Anzahl der Spielenden: 2 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 10-20 Minuten

Generationentauglichkeit: Ja, die Karten lassen sich wirklich sehr gut greifen und sind kontrastreich. Vielleicht sind die Monsterübersichtskarten ein bisschen klein geraten für betagte Augen.