Gartengestaltung ohne schmutzige Hände – Botanicus von Hans im Glück Verlag (Rezension)

Botanicus | Familienspiel, Kennerspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Vieri Masseini und Samuele Tabellini | Hans im Glück Verlag | generationentauglich

Kann ein Spiel gleichzeitig Familien- und Kennerspiel sein? Bei „Botanicus“ haben wir ein schönes Familienspiel mit Anspruch. Drehen wir Spielplan und die Tableaus um, haben wir eher ein Kennerspiel. Da kann man die Lernkurve nutzen, um es etwas komplexer werden zu lassen. Schauen wir uns das doch einmal an!

Spielkarton und Inhalt

Das Spiel
Botanicus ist ein Familienspiel und Kennerspiel von Vieri Masseini und Samuele Tabellini und bei Hans im Glück Verlag erschienen. Es ist für 2 – 4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Vor der ersten Partie fällt schon  mal die gefällige Gestaltung auf: alles ist angenehm groß, wir haben vielfältiges Material mit angenehmer Grafik. Dieser Eindruck bestätigt sich in der Anleitung, die sich zunächst nur mit dem Basisspiel beschäftigt. Enthalten ist eine so genannte Expertenvariante, die ich aber als Kennerspiel einordnen würde. Das Basisspiel sehe ich als gehobenes Familienspiel, das aber auch Vielspielende reizen dürfte.

Die beiden Varianten habe eine Kennzeichnung in der Ecke des Spielplans und der Tableaus. In der Basisvariante haben alle das gleiche Tableau. Ausgelost werden dann die besonderen Aufträge, die alle zu Beginn nach eigenem Gusto anordnen. Die Spielfigur Gärtner wird auf das Startfeld gesetzt. An den vier umliegenden Beeten kann der Gärtner nun agieren.

Spielertableau mit Aufgabenplättchen, Gärtner und Tierfiguren

Vor dem eigenen Zug kann man seinen Gärtner entlang der Wege bewegen, muss aber für jeden Schritt zahlen. Hat man im Laufe der Partie Gartenkarten bekommen, können sie nun, vor dem eigentlichen Zug ausgespielt werden. Eines der Ziele ist, die Aufgabenkarten zu erfüllen. Diese beziehen sich auf die Zeilen im Tableau. Setzlinge können durch die Aktion Gießen in höherwertige Stadien der Pflanzen umgewandelt werden. Ist eine einfache Aufgabe erfüllt, werden die Siegpunkte auf der Leiste abgetragen und mit dem Plättchen der höheren Aufgabe überdeckt. Deshalb ist es zu Beginn schon wichtig zu überlegen, an welche Stelle welches Plättchen liegen soll. Ist eine besondere Aufgabe erfüllt, wird dieses Plättchen umgedreht und es ist immer ersichtlich, was noch nicht erfüllt wurde.

Das zweite Ziel ist das Füllen der Spalten. Die werden am Ende gewertet und geben Punkte für die Pflanze mit dem höchsten Wert in dieser Spalte. Und zu guter Letzt gibt es Siegpunkte für das Einsetzen der Tiere wie es auf dem Tableau angezeigt ist. Dafür braucht es die passende Aktion.

Die Aktionsauswahl ist einfach: Ausgehend von der Startaufstellung spielt immer die oben aufliegende Farbe. Das hat also nichts mit der Sitzreihenfolge zu tun und ändert sich immer wieder. Es wird von Spalte zu Spalte gespielt und damit gleich die Reihenfolge für die nächste Runde bestimmt. Man darf ein besetztes Aktionsfeld wählen, muss dafür aber drei Geld zahlen außer es ist anders gekennzeichnet. Die Symbole Geldsack, Schubkarre und Grabegabel beziehen sich auf Leisten im oberen Teil des Spielplans. Jede zweite Zeile wird durch aufliegende Marker bestimmt, das bringt Varianz beim Aufbau.

Die Aktionsfelder, ein Ausschnitt vom Spielplan

Auch hier ist intuitiv ersichtlich, was das Fortschreiten auf den jeweiligen Leisten bringt. Man sieht, dass es manchmal Abkürzungen oder Umwege gibt, die zusätzliches Geld kosten. Man kann auf Schritte verzichten und sich dafür Siegpunkte anrechnen. Will man weiter gehen als das Aktionsfeld vorgegeben hatte, kostet jeder Schritt drei Geld. Beides ist auf dem Spielplan graphisch dargestellt, da braucht man nicht nachzuschlagen.

Ist das Ende einer Leiste erreicht, gibt es dafür Siegpunkte. Leider habe ich für das Foto vergessen, die Marker dafür aufzulegen. Auf der Schubkarrenleiste sind es immer 7 Siegpunkte. Anschließend wird die eigene Figur auf das Startfeld zurückgesetzt, man kann die Leisten also mehrfach durchlaufen.

Die drei Aktionsfelder im oberen Bereich des Spielplans

Sind die Aktionsspalten zweimal durchlaufen, endet die Partie. Nun müssen nur noch die vollen Spalten der Beete gewertet werden.

Für Expertenvariante gibt es ein eigenes Regelheft, das auf den Regeln des Grundspiels aufbaut. Hier sind die Tableaus für die Spielenden unterschiedlich. Die Tiere werden auf die vorgesehen Felder gelegt. Diese Beete können erst bebaut werden, wenn das Tier mit seiner Aktion entfernt wurde. Nun bringen die Tiere unterschiedliche dauerhafte Vorteile. Sie wandern auf den Hauptplan und dort ist ersichtlich, was die einzelnen Tiere an Vorteilen bringen. Nur die Schildkröte bleibt auf dem eigenen Tableau.

Zu den bereits genutzten Gartenkarten kommen nun noch die Zielkarten hinzu. Zu Beginn darf man unter dreien eine auswählen. Sie wird geheim gehalten und erst am Schluss gewertet. Wie man am Tableau sieht, wird es nun anspruchsvoller. Die Wege des Gärtners müssen noch besser geplant werden. Ein Tier darf nur entfernt werden, wenn er daneben steht. Hilfreich ist der zweite Gärtner, der zu Beginn der zweiten Runde ins Spiel kommt.

Ein Spielertableau in der Experten-Variante

Das stabile Material und die gut gemachte Anleitung habe ich schon erwähnt. Alles ist plastikfrei. Beigefügt sind Faltschachteln, in denen man das Material unterbringen kann. Der QR-Code auf der Anleitung bezieht sich auf die App „Dized“. Dort kann man sich eine interaktive Erklärung anhören, die auf Antippen zum nächsten Kapitel geht. „Botanicus“ ist generationentauglich, wenn die Komplexität kein Problem ist.

Fazit

„Botanicus“ ist ein in mehrfacher Hinsicht herausragendes Spiel: als Familienspiel hat es Anspruch, ist aber leicht erlernbar. Die Gestaltung ist ansprechend, das Material ist hochwertig und hat Aufforderungscharakter. Sitzen die Regeln des Grundspiels, wendet man Spielplan und Tableaus und hat ein Kennerspiel, das die gleichen Regeln nutzt, aber komplexer wird. Die Ikonografie ist groß und intuitiv verständlich. Die Thematik ist stimmig umgesetzt.

Mit Hilfe der Aktionen die eigenen Beete zu füllen, die Pflanzen wachsen zu lassen und die Aufgaben zu erfüllen, erfordert eigene Überlegungen und macht Spaß. Man kann „Botanicus“ eher solistisch spielen, oder man achtet auf die Taktik der Mitspielenden und hat durch die Regel der Reihenfolge des Setzens durchaus Einfluss auf das Spielgeschehen. Das kann aber nicht zu destruktiv werden, weil man mit Geldzahlung auf das gleiche Aktionsfeld gehen kann wie eine andere Person und dann in der Reihenfolge diese überholt. Der Ärgerfaktor ist begrenzt.

Auch wenn sich die Variante Expertenspiel nennt, sind wir hier meiner Meinung nach im Kennerbereich. Fans von Expertenspielen im branchenüblichen Sinne finden hier nicht genug Stoff zum Grübeln. „Botanicus“ hat eher die Kunst, Spielende aus dem Familienbereich an komplexere Spiele heranzuführen. Klasse finde ich den Hinweis auf der Titelseite, die Regeln erst selber zu lernen und es erst dann anderen zu erklären. Auf der Rückseite sind die Pflanzen der Stufe 4, die alle unterschiedlich sind, aufgelistet mitsamt botanischen Informationen. Hier ist alles mit Liebe gemacht zur Freude der Spielenden.

Bewertung / Test
+ ansprechend gestaltet, leichter Zugang
+ enthält eine Variante für Kenner, die auf das Grundspiel aufbaut
+ plastikfrei, hochwertig

(Eine Rezension von Paul Theisen)


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Botanicus (2024)

Spielidee: Vieri Masseini und Samuele Tabellini
Grafik: Marcel Gröber
Verlag: Hans im Glück Verlag
Anzahl der Spielenden: 2 – 4
Altersempfehlung Verlag: ab 10 Jahren

Spieldauer: 45 – 60 Minuten

Generationentauglichkeit: in der Familienversion auf jeden Fall, für die Expertenvariante hängt es von der Spielerfahrung der Personen ab