Miese Macht-Mauscheleien – Heimliche Herrschaft von Boardgame Circus (Rezension)

Heimliche Herrschaft | Familienspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 6 Spielende | Andreas Müller, Markus Müller & Raphael Stocker | Boardgame Circus | generationentauglich

Da liegt er auf dem Karten-Friedhof, der alte Kaiser. Die Nachfolge in seinem Reich hat er dummerweise vor seinem Ableben nicht geregelt. Also versuchen wir, uns den begehrten Platz an der Sonne auf der Insel Oshra zu sichern. Das sollen die anderen aber natürlich nicht mitbekommen, sonst spucken sie uns in die Suppe. Willkommen bei „Heimliche Herrschaft“.

Der Inhalt besteht aus vielen Karten, einem kleinen Spielbrett und zwei Markern
Hast du das Zeug zum neuen Kaiser?

 

Das Spiel
Heimliche Herrschaft
ist ein Familienspiel von Andreas Müller, Markus Müller & Raphael Stocker und bei Boardgame Circus erschienen. Es ist für 2-6 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

In „Heimliche Herrschaft“ spielst du Handkarten aus und verschiebst damit zwei Spielsteine auf einer Machtleiste. Selbst besitzt du eine Rollenkarte, die du aber vor den anderen geheim hältst. Sie ist zweifarbig gestaltet und zeigt an, wie die Spielsteine zum Ende einer Partie stehen müssen, damit du gewinnen kannst. Gespielt wird solange, bis eine festgelegte Anzahl offener Karten ausliegt. Wie viele das sind, orientiert sich an der Anzahl der Personen, die in eine Runde einsteigen.

Ich habe „Heimliche Herrschaft“ bisher mit 10 verschiedenen Personen in allen denkbaren Konstellationen gespielt. Es war bisher immer dasselbe: Die größte Hürde steht am Anfang, nämlich die Frage, wer wie gewinnen kann. Die Siegbedingungen des Spiels sind so einzigartig, dass selbst Leute, die viel und häufig spielen, lieber einmal mehr nachfragen, was das genau bedeutet, was ich ihnen erkläre. Dabei ist diese Regel recht einfach, denn es hängt alles von dem roten und dem grünen Spielstein und ihrer Position zueinander auf dem Spielfeld ab.

Der rote Spielstein steht zwei vor Grün. Damit gewinnen Rot.
Rot ist zwei Felder vorne. Sag mir, wer kann jetzt gewinnen?

 

Endet das Spiel und der rote Marker steht mindestens zwei Felder vor dem grünen, können alle gewinnen, deren geheime Rollenkarte eine rote Seite hat. Ist es umgekehrt, gewinnen die Spielenden mit einer grünen Seite. Stehen beide Marker auf dem gleichen Feld oder nur eins voneinander entfernt, gewinnen alle mit einer blauen Seite. Um mit Schwarz gewinnen zu können, müssen beide Marker in das dunkle letzte Drittel der Machtleiste vorgerückt sein. Wie sie genau zueinander stehen, ist dann auch egal. Thematisch sind allen Farben Fraktionen zugeordnet. Rot steht für die Kaiserliche Armee, Grün sind die Hügelstämme, Blau repräsentiert das Seevolk und Schwarz ist – wie könnte es anders sein – die Farbe der Untoten.

Zwei dieser vier Farben sind in jeder denkbaren Kombination auf den Rollenkarten verteilt. Blau gibt es also einmal zusammen mit Rot, einmal zusammen mit Grün und einmal zusammen mit Schwarz auf einer Karte. Nur doppelt werden sie nicht vorkommen. So kann es also sein, dass zum Ende des Spiels mehrere Personen die Chance haben, gewinnen zu können. Bei einem solchen Gleichstand entscheiden dann die Karten, die vor mir liegen.

Jede Rollenkarte zeigt zwei Farben, die zum Sieg führen können.
Das sind sie, die Kombinationen.

 

Das Spiel an sich läuft völlig unkompliziert ab. Bin ich an der Reihe, spiele ich eine Karte aus der Hand aus und lege sie offen vor mir ab. Dann versetze ich die Marker auf der Machtleiste entsprechend und handele die zusätzliche Funktion meiner Karte ab, sofern sie eine hat. Im Anschluss ziehe ich nach und weiter geht’s mit der nächsten Person im Uhrzeigersinn. Kann man sich merken, oder? Durch die zusätzlichen Funktionen kommt eine erhebliche Dynamik ins Spiel, denn manchmal darf ich beispielsweise nach Herzenslust in der Auslage der anderen rumpfuschen. Nichts ist sicher bei dem Kampf um den Kaiserthron.

Der besondere Reiz von „Heimliche Herrschaft“ besteht natürlich darin, dass ich die ganze Zeit die Handlungen der anderen beobachte. Was legen sie ab? Wie verändern sie die Marker? Kann ich vielleicht schon erahnen, welche Farben auf ihrer geheimen Rollenkarte sind? Und kann ich vielleicht ihre Spielzüge zu meinem Vorteil nutzen? In meinem Kopf arbeitet es. Hach, wie schön!

Vor dem Fazit möchte ich noch auf die besondere Gestaltung der Karten eingehen. Zuerst finde ich erwähnenswert, dass ihre Symbole und die dadurch resultierenden Effekte sehr eindeutig zu verstehen sind. Da steht kein Wort zu viel, sodass ich schnell sehr genau weiß, was ich tun und lassen darf. Außerdem habe ich mich sofort in den außerordentlichen Comic-Stil verliebt, in dem die Figuren gezeichnet sind. Kreativ, putzig, stimmig, außergewöhnlich. Da geht ein dickes Kompliment raus an den japanischen Künstler Satoshi Matsuura, der sich da ausgetobt hat, und dabei genau bei meinen Geschmack gelandet ist.

Vier der mehr als hundert Karten. Jede zeigt eine Illustration und einen Effekt.
Vorsicht vor dem Kiemen-Knappen, der knapst.

 

Und das Sahnehäubchen auf dem Spiel sind für mich die Namen der Karten. Sei es der Kiemen-Knappe, die Biromantische Bardin, der Halbstarke Henker oder der Schlottrige Schütze: Jede Karte hat zur optischen Präsentation als Titel eine witzige Alliteration oder eine andere Lautspielerei spendiert bekommen. Da wurde viel Gehirnschmalz investiert, um das Spiel vom Englischen ins Deutsche so wortgewaltig zu übersetzen. Und es ist so gelungen!

 

Fazit
„Heimliche Herrschaft“ kann ich eigentlich mit jeder Person spielen, auch mit Kindern. Wenn erst mal klar ist, wie gewonnen wird, was wahrscheinlich der komplizierteste Teil der Regeln ist, ist es ein großer Spaß für Jung und Alt. Je mehr aber mitspielen, desto länger dauert eine Partie. Die 20 bis 40 Minuten vergehen auf jeden Fall wie im Flug. Bei uns hat sich meistens auch jemand im Anschluss direkt noch eine Partie gewünscht.

Für mich ist „Heimliche Herrschaft“ nicht nur ein spielerischer, sondern auch ein optischer Leckerbissen, und trifft mit seiner sprachlichen Kreativität bei mir direkt ins Schwarze! Dazu kommt das ganze Paket noch in einer kleinen Schachtel und nimmt kaum Platz weg.

Bei drei Personen hat das Spiel meiner Meinung nach eine klitzekleine Schwäche. Denn es kann passieren kann, dass sich eine Zwei-gegen-Eins-Konstellation im Spiel entwickelt. Also besser noch schnell jemanden in die Partie einladen. Am besten sollte es eine Person sein, die gerne direkte Interaktion in Spielen mag und auch mal was einstecken kann. Worauf wartet ihr also? Verteilt schon mal die Rollenkarten!

 

Bewertung / Test
+ sehr einfach zu lernen
+ für Jung und Alt
+ kurze Spielzeit
+ so viel Humor und Kreativität in der Gestaltung des Materials
+ immer wieder Lust auf eine neue Runde
+/- hoher Grad an direkter Interaktion, die nicht immer wohlwollend ist
– Bei drei Personen kann eine ungleiche Dynamik entstehen

 

(Eine Rezension von Lilli & Oli Clemens)


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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiel”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Heimliche Herrschaft (2022)

Spielidee: Andreas Müller, Markus Müller & Raphael Stocker
Grafik: Satoshi Matsuura
Verlag: Boardgame Circus
Anzahl der Spielenden: 2-6 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 20 bis 40 Minuten

Generationentauglichkeit: Eigentlich ja, die Darstellung der Schrift und Symbole auf den Karten ist sicher mit Übung gut zu verstehen.