Zauberzeugs – Brew von Skellig (Rezension)

Brew | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Stevo Torres | Skellig Games

Selten hat mich ein Spielecover so hinters Licht geführt. Da steht er, der unschuldige Fabel-Reh-Fuchs inmitten eine herrlich idyllischen Waldlandschaft und glubscht mich mit großen, friedlichen Augen an. Irgendwie erwarte ich jetzt ein harmonisches Wohlfühlspiel. Aber in der Schachtel steckt ein Würfelspiel, bei dem man so richtig die fiese Seite der anderen kennenlernen kann – und seine eigene ausleben! Willkommen bei „Brew“.

Viele bunte Materialien warte in Brew auf uns
Traue niemandem, der diich so anschaut

 

Das Spiel
Brew
ist ein Kennerspiel von Stevo Torres und bei Skellig Games erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Bei „Brew“ werden wir innerhalb von vier Spielrunden durch das Einsetzen von Würfeln Zutaten für Zaubertränke sammeln und versuchen, die Kontrolle über Wälder zu erhalten. Niedliche Kreaturen helfen uns dabei, besser zu sein als die anderen. Wer am Schluss die meisten Siegpunkte hat, gewinnt. Aber lasst uns vorher mal die Spielfläche vorbereiten und ein paar wichtige Regeln erklären.

Alle erhalten vier eigene Farbenwürfel. Ich nehme die Grünen. Sie haben aber keine Zahlen. Das ist ungewöhnlich, mag ich aber sofort! Stattdessen zeigen sie die Symbole eines Blatts, eines Steins und eines Astes. Jedes Symbol ist zweimal auf den Würfel vorhanden. In der Szene spricht man bei Würfel mit individueller Gestaltung von Custom Dice. Und Custom Dice machen neugierig! Passend dazu wählen alle das passende Charaktertableau. Nehmt in den ersten Partien einfach eure Lieblingsfarbe. Später kann man auch die Charaktere gezielt aussuchen und mit ihren Spezialkräften spielen. Jede Charakterkarte kann etwas anderes, Aber für den Anfang lassen wir das mal aus.

Mittig ist das Spieltableau, links ein Tiergefährte, rechts ein Wald, der in Anspruch genommen werden konnte
Bei Leili läuft’s.

 

Ich bekomme auch noch zwei weiße Würfel. Die sind schon wieder anders. Sie zeigen die Elemente Feuer, Wasser und Luft. Alle Würfel, sowohl die farbigen und die weißen, brauche ich, um in meinem Spielzug Aktionen auszulösen. Vier grüne Würfel und zwei weiße Würfel macht zusammen sechs Aktionen pro Runde! Wir spielen immer nacheinander im Uhrzeigersinn, bis alle ihre Würfel losgeworden sind. Dabei kann ich immer nur diese drei Aktionen machen: einen Würfel einsetzen und die Aktion des Feldes nutzen, einen Trank brauen und einen Trank einsetzen.

Mittig liegt ein kleiner Spielplan. Dieser zeigt auf einer Seite eine winterliche Stadt bei Tag und auf der Rückseite bei Nacht. Wir starten auf der Tagseite. Am Ende einer jeden Runde wird der Spielplan gewendet. Egal, ob hell oder dunkel, es sind dort fünf Plätze verfügbar, um unsere Würfel abzulegen. Jedem dieser Felder ist eine unterschiedliche Aktion zugeordnet. Aha, dafür brauche ich die Würfel. Welche Aktion genau dort ausgeführt werden kann, erklärt uns eine Kombination aus Symbolen und Texten. Während ich die Symbole gut erkennen kann und die meisten auch direkt verstehe, ist die Schrift recht kleine geraten. Für generationenübergreifendes Spielen definitiv zu klein.

Um den Stadtplan herum bereiten wir verschiedene Kartenauslagen vor. Eine davon zeigt vier offen liegende Tränke. ‚Brew‘ ist das englische Wort für ‚brauen‘ und ‚Gebräu‘. Jetzt weiß ich auch, warum das Spiel den außergewöhnlichen Titel trägt. Auf Deutsch klingt „Brew“ übrigens am ehesten so wie Kuh mit ‚Br‘ statt ‚K‘: ‚Bruh‘. Oben rechts auf den Trankkarten stehen Siegpunkte. Die bekomme ich auf jeden Fall, egal, ob ich einen Trank nur braue, oder auch ausspielen kann. Oben links sind die Zauberzutaten abgebildet, die ich aufbringen muss, um so ein Zaubergebräu an mich zu nehmen. Die Ressourcenmarker liegen, genau wie die Siegpunktmarker, in einem Haufen auf der Spielfläche. Im unteren Drittel der Karte ist erneut eine Kombination aus Symbol und Schrift. Sie erklärt uns, was das Zaubergebräu kann, wenn ich es ausspiele.

Vier Tränke liegen immer aus. Ich braue sie mit den gesammelten Rohstoffen.
Zauber-Cocktails!

 

So ein Trank ermöglicht mir eine einmalige Aktion. Manche lassen eingesetzte Würfel wieder verschwinden, andere sorgen dafür, dass ich direkt nochmal an der Reihe bin oder lassen mich meine Symbole vor dem Einsetzen verändern. Bin ich in der Lage einen Trank zu brauen, nehme ich diesen auf die Hand und fülle den leer gewordenen Platz mit einer neuen Karte vom Nachziehstapel wieder auf. Ausspielen kann ich den Trank zu dem Zeitpunkt, an dem ich für mich einen Vorteil wittere, aber immer nur einen pro Runde. Außerdem bringen sie ja auch noch Siegpunkte. Also, die will ich unbedingt haben!

Weiter finden wir noch Waldkarten in der Auslage. Ihre Anzahl orientiert sich an der Personenzahl. Ich mag das sehr, wenn sich ein Spiel so dynamisch den Mitspielenden anpasst. Außergewöhnlich ist auch, dass einige dieser Karten in zwei Farben gestaltet sind. Jede Farbe steht für eine Jahreszeit. Für Menschen, die farbfehlsichtig sind, sind zusätzlich noch Symbole in den Ecken, welche die Jahreszeiten repräsentieren. Eine Sonne für Sommer, ein Blatt für den Herbst – das ist selbsterklärend. Auch die Wälder bringen am Ende Siegpunkte – wenn ich sie am Ende einer Runde für mich beanspruchen darf.

Bein Einsetzen in den Wald müssen das Symbol des Würfels mit dem Symbol des Einsetzfeldes übereinstimmen.
Eine Mehrheit hat in diesen Wäldern noch niemand.

 

Auf jeder Waldkarte sind auch drei bis fünf Einsetzfelder für die Würfel. Ein erstes Symbol zeigt mir, welchen meiner farbigen Würfel ich dort einsetzen darf. Das zweite Symbol erklärt mir, was ich dafür bekomme. So sammele ich am häufigsten Zauber-Ressourcen ein: Kraut, Pilz und Kristall. Ihr erinnert euch: Die brauche ich, um die Tränke zu brauen. Je potenter der Trank, desto mehr Zutaten verlangt er zur Fertigstellung. Selten zeigen die Einsetzfelder als Symbol einen Fangzahn. Dann wird die dritte vorbereitete Auslage mit den Tiergefährten wichtig.

Die Tiergefährten finden wir in der dritten Kartenauslage. Sie sind ebenfalls in den Farben und Symbolen der Jahreszeiten gestaltet, aber immer nur in einer! Im unteren Teil der Karte stehen wieder Symbole und Texte, die erklären, wie und wann uns diese Tiergefährten im Spiel helfen wollen. Bei genauerer Betrachtung sind das alles Fantasy-Tierwesen. Eine Eule mit Feuerschweif, eine Art Ratte mit Geweih, und da ist auch wieder unser Fabel-Reh-Fuchs vom Cover. Die sind schon außergewöhnlich niedlich, aber viel wichtiger für das Spiel sind die Spezial-Aktionen, die sie ermöglichen.

Auf einigen Tiergefährten sind beispielsweise neue Einsetzfelder für die Würfel, um das Sammeln effektiver zu machen. Andere lassen mich Ressourcen tauschen oder bieten mir Sondersiegpunkte an. Dürfen sie sich zu Spielende in einem Wald ausruhen, der die gleiche Farbe hat, bringen sie dreimal so viel Siegpunkte ein. Im Spielgeschehen geben sie den Mitspielenden ganz unterschiedliche Möglichkeiten, eigene Strategien zu entfalten. In Spielkreisen spricht man dann von Asymmetrie. Das kommt genauso gut an wie Custom Dice.

Symbole und Schrift erklären, wie die Tiergefährten uns unterstützen.
Und was genau sind das für Wesen?

 

Oh Mann, mit den Einsetzfeldern, den Tränken und den Tiergefährten ist mir jetzt schon klar, dass „Brew“ ganz schön komplex sein wird. Und ich weiß noch nicht mal, wofür ich die weißen Würfel einsetze. Dann lösen wir das mal auf.

Weiße Würfel sind Elementwürfel. Jede gewürfelte Seite hat eine unterschiedliche Kraft. Mit Wasser sammele ich dreimal soviel Zutaten wie normal. Ein Windwürfel lässt mich einen meiner bereits eingesetzten farbigen Würfel zurück in den Vorrat nehmen. Aha, mit der richtigen Planung und einer Prise Glück habe ich dann doch vielleicht mehr als sechs Aktionen in einer Spielrunde. Einen Würfel mit Feuersymbol lege ich auf den Würfel einer anderen Person und mache ihn so unschädlich. Schnell merke ich: In dem Einsetzen eines kleinen Würfels kann eine Menge Gemeinheit liegen. Die weißen Elementwürfel und die Tränke sorgen für eine Menge Interaktion untereinander. Die ist aber oft genau darauf ausgerichtet, jemandem in die Suppe zu spucken. Das muss man mögen. Bietet „Brew“ am besten keiner Person an, die schnell aus der Haut fährt.

Am Ende jeder Runde, wenn alle ihre Würfel eingesetzt haben, kommt es zu einer Mehrheitenwertung in jedem Wald. Die Person, welche die meisten eigenen Sammelwürfel dort eingesetzt hat, erhält die Karte und damit auch die Punkte. Bei Gleichstand bekommt keine Person den Wald. Darauf kann man gezielt spielen, nach dem Motto: Wenn ich den Wald nicht bekomme, bekommst du ihn erst Recht nicht! Und die weißen Würfel reden hier auch noch ein Wörtchen mit, denn auch sie zählen als neutrale Farbe bei der Frage, wer die die Mehrheit hat und den Wald bekommt. Über einzelne Tiergefährten kann man am Rundenende auch schon ein paar Siegpunkte generieren. Die nimmt man sich dann aus dem Stapel und sammelt sie vor sich.

Bevor die nächste Runde startet, werden die Wälder ersetzt, es wird neu gewürfelt und der Stadtplan wird auf seine Rückseite gedreht. Am Ende der vierten Runde werden dann Siegpunkte addiert. Tiergefährten, Wälder, Tränke und die Punkte, die man zwischendurch sammeln konnte, werden zusammengerechnet. Mit den Punktemarkern bleibt es sehr übersichtlich. Die Person mit den meisten Punkten gewinnt.

 

Fazit
„Brew“ ist mein Geheimtipp für euch, wenn ihr Kennerspiel mit simplen Regeln, einem hohen Grad an Interaktion am Tisch und einem außergewöhnlichen optischen Stil ausprobieren möchtet. Am liebsten spiele ich es zu zweit, denn dann entwickelt es sich zu einem harten Duell, bei dem sich die Spielenden nichts gönnen. Ein potenter Trank zur richtigen Zeit oder ein gezielt gesetzter Feuerwürfel lassen die Blicke der Person gegenüber finster werden.

Ständig scanne ich nicht nur die eigenen Möglichkeiten, sondern auch die ausliegenden Würfel der anderen Personen. Da alle zu Beginn einer Runde würfeln und die Ergebnisse für alle anderen sichtbar auslegen, kann ich auch ein bisschen pokern, welche Aktionen die anderen spielen werden.

In den vier Runden, die vor mir liegen, sammele ich, setze ein, taktiere, bluffe, braue, plane, spiele aus, und, und, und! „Brew“ ist definitiv ein Kennerspiel, in dem ich viel gleichzeitig berücksichtigen muss. Dabei kommt es so harmlos in seinen Regeln daher. Natürlich kann ich nur das machen, was mir die Würfel erlauben, aber das optimiere ich. Und im besten Fall habe ich noch einen Trank auf der Hand, den ich ausspiele, um die Würfel so zu verändern, wie ich es brauche. Nehmt euch für eine Partie ruhig ein Stündchen Zeit, damit auch die Leute, die sich gerne Zeit lassen, auf ihre Kosten kommen. In jeder weiteren Partie „Brew“ aber immer ein bisschen weniger Spielzeit in Anspruch nehmen.

 

Bewertung / Test
+ einfache Regeln
+ hoher Wiederspielreiz
+ hoher Grad an Interaktion
+ außergewöhnliche Optik
+ angenehme Spieldauer
+ Symbollösung für Menschen mit Farbfehlsichtigkeit
+/- weckt den Spaß darin, andere zu ärgern

 

(Eine Rezension von Oli Clemens)


Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)

 

Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiel”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Brew (2021)

Spielidee: Stevo Tores
Grafik: Jake Morrison & Andrew Thompson
Verlag: Skellig Games
Anzahl der Spielenden: 2.4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10  Jahren
Spieldauer: 30 bis 60 Minuten

Generationentauglichkeit: Leider sind die vielen Marker und die kleingedruckten Texte da ein spürbares Hindernis.