Inside Job | Kooperatives Kartenspiel | ab 10 Jahren | 3 bis 5 Spielende | Tanner Simmons | KOSMOS
Wer hätte jemals gedacht, dass es mal ein Karten-Stichspiel geben würde, dessen Sinn darin besteht, gemeinsam zu gewinnen? Menschen, die mit „Skat“, „Schafkopf“ oder „Wizard“ groß geworden sind, haben da lange mit dem Kopf geschüttet. Doch „Die Crew“ hat 2020 gezeigt, dass man mit der Idee sogar den Preis „Kennerspiel des Jahres“ abräumen kann. Und wer kann sich denn nun vorstellen, dass es ein Karten-Stichspiel gibt, bei dem man gemeinsam gewinnen will, aber eine Person am Tisch geheim aus der Reihe tanzen möchte? Gibt’s nicht? Gibt’s doch: Inside Job!

Das Spiel
Inside Job ist ein kooperatives Kartenspiel von Tanner Simmons und bei KOSMOS erschienen. Es ist für 3-5 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.
„Inside Job“ ist ein Kartenstichspiel, bei dem man gemeinsam versucht Missionen zu erfüllen. Doch eine Person, der sogenannte Insider, hat ein eigenes Spielziel und kann deswegen die Regeln beim Ausspielen von Karten brechen. Das Spiel endet, wenn entweder das Team genügend Missionen erfüllt hat, der Insider eine vorgegebene Anzahl von Koffer-Markern sammeln konnte oder zumindest ganz am Ende unerkannt geblieben ist.
Zum Beginn einer Partie „Inside Job“ werden zufällig und geheim Rollenkarten verteilt. Wer mitspielt, schaut sich nur die eigene Rolle an. Ist die Karte blau, spielst du im Team. Ist deine Karte rot, bist du der Insider und versuchst dein eigenes Ziel zu verfolgen. Auch wenn ich denke, dass es euch eigentlich klar ist: Niemand quatscht über die eigene Rolle und somit weißt du nicht, wer in deinem Team ist und wer gegen dich spielt. Für euren Spielspaß ist diese Bereitschaft zur Verschwiegenheit von Bedeutung. Wer mit dieser Ungewissheit nicht klar kommt, sollte besser zu einem anderen Spiel greifen. Alle bekommen noch ein Geheimkoffer-Plättchen, das sie vor sich ablegen. Die Missionskarten werden gemischt und schon ist die Vorbereitung für „Inside Job“ erledigt.

„Inside Job“ setzt also eine gewollte Ungewissheit in eurer Runde voraus. Wem kann man trauen kann und wem nicht? Für die Leute, die im Team spielen, entpuppt sich „Inside Job“ als traditionelles Stichspiel mit Bedienzwang und Trumpfarbe. Die Karten haben vier Farben (Pink, Grün, Blau und Gelb) und Werte von 1-13. An Menschen, die Farben nicht gut voneinander unterscheiden können, wurde auch gedacht. Jede Farbe hat ein eigenes Symbol unter der Zahl, an dem man dann die verschiedenen Sorten gut unterscheiden kann. Dann spielt man halt nicht Rot sondern Stift, aus Grün wird Hut. Das klappt echt gut. Danke an alle Verlage, die auf solche Voraussetzungen achten.

Jeder Runde beginnt damit, dass eine Mission ausgewählt wird. Sie bildet das Ziel, das die Agenten in dieser Runde erreichen müssen. Diese Missionen können sehr unterschiedlich sein. Einmal müssen sich gerade und ungerade Kartenwerte beim Ausspielen abwechseln, ein anderes Mal müssen die 1. und 2. Karte dieselbe Farbe haben oder jede neue Karte einen niedrigeren Wert haben als die vorherige. Dabei müssen sich aber alle Agenten beim Ausspielen aus der Hand an die Regeln halten. Bei den Missionen muss sich „Inside Job“ kurz einem Vergleich mit „Die Crew“ und hier insbesondere mit „Die Crew: Mission Tiefsee“ stellen. Die Missionen in „Inside Job“ empfinde ich als weniger abwechslungsreich als in den beiden anderen Kartenspielen, vielleicht auch deswegen, weil es insgesamt nur 24 gibt. Deswegen wiederholen sie sie häufiger und kommen in der Regel auch in jedem Spiel vor. Das Gute daran: Man lernt mit den Missionen zu planen.

Wer übrigens den Stich macht, also die höchste Karte ausspielt und dabei ebenfalls die Trumpffarbenregelung berücksichtigt, nimmt die Karten an sich, legt sie zur Seite, bekommt einen zusätzlichen Koffermarker. Außerdem erhält diese Person das Recht, die nächste Mission auszusuchen. War die Mission dazu auch ein Erfolg, wird die Missionskarte gesammelt und das Team Agenten rückt dem gemeinsam Spielziel näher.
Der Insider pfeift auf die Missionen. Für ihn zählen nur Koffer und so will die Person mit dieser Rolle, dass die Missionen scheitern. Der Insider darf alles tun, was eben nicht in den Regeln steht. Farbenzwang – gilt nicht! Bedienen – nicht für den Insider! Mission unbedingt erfüllen – nun ja: nur wenn für den Insider am Schluss ein Koffer herausspringt. Denn das Ziel des Insiders ist es, vier Koffer zu sammeln. Und zur Erinnerung: Nur wer den Stich macht, wird mit einem Koffer belohnt.
Sollte es im Verlauf passieren, dass einer von euch den vierten Koffer-Marker gesammelt hat, kommt zum ersten Mal eine Prise Klarheit ins Spiel. Dann dreht die Person mit den vier Koffern die eigene geheime Rollenkarte um. Ist es der Insider, endet das Spiel sofort und ihr seht eine Person breit grinsen. Gehört die Person jedoch zu den Agenten, geht die Jagd um Missionen, Koffer und die Wahrheit weiter. Für den Fall, dass weder die benötigte Anzahl an Mission erspielt oder die Insider-Koffer ergaunert wurden, kommt es letztendlich zu einem großen Finale mit Finger-Abstimmung! Dann haben die Agenten eine letzte die Chance, den Insider zu stellen – sonst ist das das Spiel für sie verloren und der Schurke triumphiert.
Fazit
„Inside Job“ ist ein Spiel für drei bis fünf Personen, und je mehr Personen mitspielen, desto besser. Das Ausspielen von Karten ist eigentlich bei „Inside Job“ nur das Beiwerk eines Ränkespiels um die wahre Identität des Insiders. Es darf nach Herzenslust spekuliert, diskutiert, gemutmaßt und beschuldigt werden – je intensiver und lauter, desto besser. In einer wirklich intensiven Runde tappt man bis zur abschließenden Finger-Abstimmung möglicherweise im Dunkeln und hat eine Menge Spaß dabei! Möglicherweise braucht es eine zweite Runde, bis euch der „Insider“-Virus voll infiziert. Wer dann aber häufig in der gleichen Konstellation spielt, kann sich auf epische Runden freuen.
Ständig schaut man sich beim Ausspielen auf die Finger, versucht sich zu merken, was andere schon gelegt haben und runzelt missmutig mit der Stirn, wenn jemand beteuert, er oder sie musste diese oder diese Karte legen, die zum Scheitern der aktuellen Mission geführt hatte. Wer quatscht viel, wer schweigt? Wer beteuert ständig seine Unschuld, wer verhält sich suspekt? Leute mit Pokerface haben mit „Inside Job“ definitiv viel Spaß, vor allem, wenn sie selbst die Verräter-Rolle übernehmen. Wer aber Schwierigkeiten beim Bluffen hat oder generell lieber bei der Wahrheit bleiben möchte, hat möglicherweise nicht so viel Freude an „Inside Job“.

Wer noch ein bisschen mehr aus dem Stichspiel mit doppeltem Boden herauskitzeln will, auf den warten in der kleinen Schachtel noch ein paar Spezialitäten. Zum einen kann man den Kofferplättchen noch eine Trumpf-Zusatz-Aktion geben oder mit Sonderrollen und deren Spezialfähigkeiten miteinander gegeneinander antreten. Und sogar eine Risiko-Variante und eine 2-Personen-Variante kann man austesten – das ist eine Menge für so ein kleines Kartenspiel. Je mehr ich zusätzlich aber Optionen in das Spiel packe, desto mehr verändert sich „Inside Job“ von einem Familienspiel für Menschen ab 10 Jahren zu einem Kennerspiel. . Geht dann gerne mit dem Alter nach oben.
Das Grundspiel ist gut tauglich, um generationenübergreifend zu spielen. Seid euch aber gewiss, dass man Stichspiele erst einmal erlernen muss. Wenn ihr zudem das volle Potential des Schachtelinhalts ausreizen wollt, trefft ihr auf eine Menge neuer Regeln und Ausnahmen, und was für uns ja noch viel schwerwiegender ist: viel zu kleine Schrift auf den Spezial-Rollenkarten. Dann ist es vorbei mit der Generationentauglichkeit.
Bewertung / Test
+ kooperatives Stichspiel mit Verräter-Mechanismus
+ baut auf den Minimal-Regeln von Stichspielen auf
+ viel Potential für verschärfte Runden
– ohne Pokerface wirst du zur leichten Beute
(Eine Rezension von Oli Clemens)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”
Inside Job (2022)
Spielidee: Tanner Simmons
Grafik: Marek Bláha
Verlag: KOSMOS
Anzahl der Spielenden: 3-5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: gerne älter für den vollen Spielspaß
Spieldauer: 20 Minuten
Generationentauglichkeit: Im Grundspiel schon, in der fortgeschrittenen Variante wird es komplexer und es muss mehr kleingedruckter Text gelesen werden