Deponia – Rollenspiel im Müll vom Uhrwerk-Verlag (Rezension)

Deponia – Das Rollenspiel | Pen&Paper Rollenspiel| ab 12 Jahren | 3 bis 8 Spieler:innen | Autor | Uhrwerk-Verlag | bedingt pädagogisch wertvoll 

 

Eine kleine Episode aus Deponia:
Eine einsame Gestalt in schmutzigem Hemd, Hose aus Dreck und offenen Stiefeln saß auf einem Stuhl, der aus vier verschiedenen anderen Stühlen bestand. Über seiner Stirn hing ein schwerer Hut, bestehend aus einem geflickten Reifen und einer vor langer Zeit geöffneten Konserve. Als jedoch die Spieler eintrafen hob er den Blick, und in seinen Augen blitze die Gewissheit, wieder einmal Teil etwas großem zu werden.
Voller Elan, und mit der Hoffnung auf reichliches Trinkgeld, ergriff er daher seine Schrott-Balalaika, schlug die Saiten an, und hieß sie willkommen:

„Da konnt ich sie entdecken,
die tapferen Recken,
die sich auf den Weg in die Halden gemacht.

Deponia heißt die Welt,
die ihnen so gefällt,
zu deren Ruhme ziehn sie in die Schlacht.

Doch Halt, Moment, is nicht so,
da war ja noch irgendwo,
das Andere das grade wichtiger klang.

Und überhaupt, was soll das,
vom Ruhm allein oder was,
dieser bedröppelte Penner da sang?

Hier auf dem Planeten,
wo Müll nur getreten,
will doch keiner was anders als weg, volles Gas!

Versucht habens viele, Weise und Affen,
aber dort die da könntns wohl schaffen
man siehts ihnen an, da ganz vorn, an der Nas´“

Aus dem Off fiel ein Chor ein:
„Hussa, ganz vorn, an der Nas´!“

 

Rezension / Das Spiel
Das Deponia Rollenspiel basiert auf den Basisregeln des Universalsystems FATE, abgewandelt zu der sympathisch benannten Variante FATE-Trash. Es werden lediglich einige gewöhnliche sechsseitige Würfel (W6) benötigt, die Verwendung der dem Buch beiliegenden Item-Karten ist optional.

Deponia ist eine cartoonige Welt aus Müll und Schrott. Da das Spiel darauf abzielt, das rätsellastige Geschehen der Point-and-Click Adventure Vorlage wiederzugeben, ist es einem Charakter standartmäßig nicht möglich zu sterben. Slapstick-Gewalt nach der Vorlage Tom und Jerrys oder Asterix zeichnet die Konflikte aus. Maximal ein Knock-Out wirft eine Figur in der Geschichte ein wenig zurück, und sollte idealerweise in der nächsten interessanten Wendung münden.

Dasselbe Prinzip sollte daher auch für die Gegenspieler:innen gelten. In Deponia führt Gewalt nicht zum Ziel, vielmehr der Weg größtmöglicher Absurdität. Eine optional gehaltene, aber sehr empfohlene, Regeln besagt zudem, dass ein Plan besser funktionieren sollte, je umständlicher und vertrackter er ist.
Das FATE-System erlaubt dabei grundsätzlich, jeder Figur, jedem Ding und jedem Ereignis innerhalb der Spielwelt ein oder mehrere Attribute zuzuordnen, und diese auch für den:die Spieler:in veränderbar zu machen. Eine Wand aus FESTEM Backmüllstein etwa kann nach einer gelungenen Suchen- oder Bearbeiten-Probe an einer Stelle die Bezeichnung BRÖCKLIG tragen, und entsprechend genutzt werden.

Diese Veränderbarkeit macht FATE zu einem der flexibelsten Systeme, fordert aber zugleich ein umso größeres Maß an Vorstellungskraft und auch Notizen ein, um keine der Veränderungen auf dem Weg zu verlieren.
Zur Einstimmung liefert das Grundregelwerk eine kleine Abfolge von drei Episoden, in der nach klassischer Heldenmanier Kinder gerettet werden müssen, wenn auch auf ganz und gar unklassische Art. Darüber hinaus wird allerdings auf die Kreativität des:der Spielleitenden vertraut, da nur wenig an vorgegebenem Abenteuermaterial zur Zeit zur Verfügung steht. Dies kann allerdings durch Fan-Material und einen formschönen Würfelgenerator für Zufalls-Abenteuer abgemildert werden.

Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bietet FATE-Trash in dieser Zeit, da es sich aufgrund seiner verhältnismäßig einfachen Regeln gut zum Spielen über Zoom oder vergleichbare Plattformen eignet. Aufgrund des geringen taktischen Elements sowie der niedrigen Einstiegshürde brauchen hier Einsteiger:innen nicht zu fürchten, von Veteranen überrannt zu werden.

 

Bewertung / Test:
+ vollkommen ungewöhnliches und unverbrauchtes Szenario
+ simples und damit einsteigerfreundliches Regelwerk
+ praktisch grenzenlose Auswahl an Spielfiguren
+ Gewalt lediglich als Cartoon-artiger Slapstick, selbst dies nie die erste Wahl
– Vermittlung der Spielwelt schwierig, da wenige Anknüpfungspunkte an etablierte Klischees
– wenig vorgefertigte Szenarien
– große Abstraktion, wenig konkrete Regelvorgaben, mitunter viel Improvisation erforderlich

 

(Eine Rezension von Ulrich Reimer)

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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Rollenspiele”

Deponia (2012)

Spielidee: Jan Müller-Michaelis
Grafik: Jo Lott u.a.
Verlag:  Uhrwerk Verlag
Spieler:innenanzahl: 3-8 Spieler:innen
Altersempfehlung Verlag: Ab 12 Jahren
Spieldauer: 1 – unendlich Stunden

Generationentauglich: bedingt,viel zu lesen,schräge Welt, nicht universaler Humor