Everdell | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 1 bis 4 Spielende| James A. Wilson | Pegasus
Wer hätte geahnt, dass in einem Tal mit einer saftig grünen Wiese ein solch friedvoller Platz auf die Tiere des Waldes warten würde. Dort steht majestätisch und einladend auf einer Lichtung der Immerbaum. Nun können es die Eichhörnchen und die anderen Waldbewohner nicht mehr erwarten, unter den schützenden Ästen eine kleine Stadt zu errichten. Ein arbeitsreiches Jahr liegt vor ihnen.

Das Spiel
Everdell ist ein Kennerspiel von James A. Wilson und bei Pegasus erschienen. Es ist für 1-4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.
In Everdell entstehen kleine Städte aus ausgelegten Karten. So erhält man Siegpunkte. Wer davon zum Ende der Spiels am meisten hat, gewinnt. Um die Karten ausspielen zu können, benötigen Spielenden ein Mix aus vier Rohstoffarten. Diese sind Holz, Harz, Kiesel und Beeren. An die Rohstoffe kommt man durch das Einsetzen seiner knuddeligen Tier-Arbeiter auf dem Spielplan oder auf bereits errichteten Gebäuden in den Kartenauslagen. Beginnend mit dem Winter, werden vier Jahreszeiten durchgespielt – jedoch asynchron. Das bedeutet, dass zwar die Spielenden nacheinander im Uhrzeigersinn am Zug sind, sich aber in unterschiedlichen Jahreszeiten aufhalten können. Somit endet „Everdell“ in der Regel für alle am Tisch in unterschiedlichen Runden.
Zu Beginn schnappen sich die Spieler*innen die sechs niedlichen Tier-Meeple in ihrer Wunschfarbe. Zwei davon kommen in den eigenen Vorrat und können sofort genutzt werden, der Rest wird auf den Zweigen des Immerbaums platziert. Der ist aus Pappe, wird zusammengesteckt, thront danach auf dem Spielplan und sieht so richtig schick aus. Weitere Tier-Arbeiter bekommt man erst beim Wechsel in die nächste Jahreszeit. Das ist in der Regel dann, wenn man alle zur Verfügung stehenden Arbeiter eingesetzt die Ressourcen ausgegeben und seine aktuellen Handlungsmöglichkeiten erschöpft hat.

Unter dem Baum liegt ein dicker Nachziehstapel mit Karten. Sie zeigen entweder Gebäude oder Wesen. Auf den Karten sieht man genau, welche Rohstoffe benötigt werden, um sie in die eigene Stadt bauen zu können und welche Vorteile man dadurch für das Spiel hat. Zudem sind noch Siegpunkte für die Endabrechnung verzeichnet. Gut, dass alle schon mit ein paar Karten auf der Hand starten. So kann man gleich mit taktischen Überlegungen in das Spiel starten.

Auf dem Spielplan liegen auch noch acht Karten offen aus. An diesen können sich alle Spielenden bedienen, natürlich vorausgesetzt, dass sie die notwendigen Rohstoffe gesammelt haben. Drumherum sind verschiedene Einsetzfelder für die Tier-Meeple. Auf ihnen bekommt man die so dringend notwendig benötigten Rohstoffe oder kann neue Karten auf die Hand ziehen. Einige der Felder werden gesperrt, sobald eine Figur auf ihnen steht. Die sind meist besonders attraktiv. Auf anderen Feldern können mehrere Figuren stehen. Dort muss man sich dann aber mit weniger Ressourcen zufrieden geben.

Eigentlich ist der Spielablauf recht einfach. Wer am Zug ist, hat immer drei Möglichkeiten: Setze einen deiner Arbeiter ein, spiele eine Karte in die eigene Stadt oder wechsele die Jahreszeit. Aber wann welche Aktion ausgespielt wird, und wie dies in die Spielzüge der Mitspielenden passt, kann dann doch schon komplexe Gedankengänge auslösen. Optimieren ist angesagt.
Beim Ausbau der Stadt bietet „Everdell“ aber einen besonderen Clou. Jede Gebäudekarte zeigt das Porträt eines Bewohners. Dieser kann kostenlos dort einziehen, wenn das Gebäude in der eigenen Stadtauslage bereits errichtet wurde. So passen der Gastwirt hervorragend in das Gasthaus und der Ladeninhaber perfekt in den Gemischtwarenladen. Aus diesen Kombinationen entstehen starke Synergien für den nächsten Bau oder lukrative Siegpunkte für die Endwertung.

Haben alle im Herbst ihre letzte Aktion gemacht, wird abgerechnet und die Punkte werden gezählt. Wer die meisten hat, gewinnt. Zu zweit dauert eine Partie Everdell etwa eine Dreiviertelstunde, verlängert sich aber bei drei oder vier Leuten spürbar. Wie immer steckt ein Grund dafür in den Personen selbst. Je mehr über den optimalen Zug gegrübelt wird, desto mehr Zeit vergeht. Auch wenn die Schachtel 40-80 Minuten angibt, kann eine 4-Personen-Runde locker die 2-Stunden-Zeitmarke sprengen. Das fühlt sich dann definitiv zu lang an.
Wer lieber Lust auf eine Solopartie hat, sollte einfach den fiktiven Gegner Fusselwürz herausfordern. Dieser blockiert Einsetzfelder und stibitzt Karten nach dem Zufallsprinzip. Füsselwurz bietet Herausforderung auf drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden für das Solospiel. Warten muss dabei dann niemand.

Fazit
Everdell ist ein einsteigerfreundliches Kennerspiel mit überschaubaren und gut erklärten Regeln, aber doch vielen Entscheidungen auf dem Weg zu den meisten Punkten. Die Vielzahl an unterschiedlichen Karten und ein variabler Aufbau sorgen für jede Menge strategische Flexibilität. Das Ganze ist dazu einfach optisch hinreißend schön umgesetzt. Unser Tipp für den Baum: am besten zusammengebaut ins Regal stellen. Wenn dieser häufig auf- und abgebaut wird, bekommt er schnell hässliche Macken. So richtig generationengerecht kommt Everdell aber nicht daher. Die Schrift auf den Karten ist doch recht klein und somit schwer zu lesen. Viele Symbole wollen entschlüsselt werden. Dazu kommt die fortgeschrittene Spieldauer.
Bewertung / Test
+ optisch wie ein Besuch im Fünf-Sterne-Restaurant
+ klare Regeln
+ leicht erlernbares Kennerspiel
+ variabler Aufbau
– viel Text in kleiner Schrift auf den Karten
– Optimieren kann lange Wartezeiten produzieren
– Karton des Baums nutzt sich bei häufigem Zusammenstecken ab.
(Eine Rezension von Oli Clemens)
Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)
Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kennerspiel”
Everdell (2021)
Spielidee: James A. Wilson
Grafik: Andrew Bosley, Dann May
Verlag: Pegasus
Anzahl der Spielenden: 1-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Mindestens 12. Für ein Kennerspiel darf es gerne älter sein, auch wenn die Regeln gut lernbar sind.
Spieldauer: 40- 80 Minuten laut Schachtel. Kann aber sehr lange dauern.
Generationentauglichkeit: Komplexität, Schrift und Material sind nicht generationentauglich.