Auf dem Basar geht’s heiß her – Istanbul von Pegasus Spiele (Rezension)

Istanbul | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 5 Spielende | Rüdiger Dorn | Pegasus Spiele | eingeschränkt generationentauglich 

Schon als Kind war ich Fan der Serie Aladdin und der Welt von 1001 Nacht. Für mich sind Brettspiele auch immer eine Gelegenheit mich in Kulturen, Gegenden, Zeiten oder Welten hineinzufühlen, in die ich nicht reisen kann. Das ist bestimmt einer der Gründe, warum mir das Spiel „Istanbul“ so gut gefällt.

Ein kleiner Überblick über das Spielmaterial, bunte Orte, Münzen und Spielmaterial aus Holz
Auf den Basar und los geht’s!

Das Spiel
Istabul ist ein Kennerspiel von Rüdiger Dorn und bei Pegasusspiele erschienen. Es ist für 2-5 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

In „Istanbul“, dem Kennerspiel des Jahres 2014, sind wir Kaufleute, die im möglichst geschickt Handel treiben um am Ende die Nase vorne zu haben. Im Spiel bedeutet das zuerst 5 bzw. 6 Rubine ergattert zu haben.

Schachtel der Big Box mit Bildern für die Erweiterungen Brief und Siegel und Mokka und Bakschisch
Die beiden Erweiterungen bringen Würze auf den Basar

 

Ich nehme mir den Kaufmann in meiner Farbe – ja, ungegendert, es gibt bei Istanbul leider keine neutralen oder weiblichen Figuren. Er startet mit 4 Gehilfen (Holzscheiben) auf dem Brunnen unseres modular ausgelegten Stadtplans von „Istanbul“ und darf sich in seinem Zug 1-2 Orte weit bewegen. Am neuen Ort angekommen, muss ich einen Gehilfen ablegen können oder einen vorher abgelegten Gehilfen aufnehmen, damit ich die spezielle Aktion dort ausführen kann. Das sind ganz verschiedene Dinge, je nachdem, wo ich mich befinde.

Es gibt zum Beispiel verschiedene Händler, bei denen ich so viel von einer Ware bekomme, wie mein Karren aufnehmen kann. Oder die Wagnerei, in der ich meinen Karren vergrößern kann, Märkte auf denen ich Waren für Lira, also Geld, wieder verkaufen kann, eine Teestube in der ich mit Glück etwas Geld gewinnen kann. Und am Ende natürlich auch nicht unwichtig der Sultanspalast oder der Edelsteinhändler, wo ich Waren oder Geld in Rubine tauschen kann. Aber das ist noch nicht alles: Insgesamt haben wir für das Grundspiel 16 verschiedene Orte, die im 4×4 Raster ausgelegt werden. Am Anfang nach der empfohlenen einstiegsfreundlichen Struktur, und später, wenn wir schon erfahrenere Kaufleute sind, gerne zufällig oder wie es uns gefällt.

Istanbul ist ein „Kennerspiel“, das heißt in meiner Definition: Die Regeln sind so, dass man sie nach dem Erklären schon verstanden hat, aber erst nachdem ich es ein oder zwei Mal gespielt habe, habe ich auch ein Gefühl, welche verschiedenen Strategien man fahren könnte. Es gibt nicht nur einen Weg, der zum Sieg führt, sondern alle können sich auf etwas anderes konzentrieren und am Ende ist es trotzdem ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen und ein spannender Ausgang. Das gefällt mir an „Istanbul“, neben der Thematik und den Illustrationen, besonders gut.

Trotzdem ist es insgesamt nicht so schwierig zu verstehen. Die Grundmechanismen sind klar und die Aktionen gut dargestellt, sodass man nicht ständig nachlesen muss und man es auch mit älteren Menschen oder mit Wenig-Spielenden gut spielen kann, zumindest wenn sie bereit sind, sich für die Thematik zu begeistern. Die Symbole, Zahlen und Schrift sind groß genug, sodass auch Spielende im höheren Alter sie gut erkennen können.

Aufgrund der taktischen Möglichkeiten und Entscheidungen, die nötig sind, und auch wegen der kleinteiligen Spielmaterialien ist das Spiel für Kinder und ältere Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nur bedingt geeignet. Die Bezeichnung Kennerspiel und die Altersangabe ab 10 Jahren, sind gut gewählt. Zumindest für den Altersbereich ab 10 ist das Spiel auch bis in höheres Alter geeignet und die Generationentauglichkeit bedingt gegeben. Man sollte sich aber für die Thematik schon ein bisschen begeistern können.

Ich habe die Big Box, das heißt, ich habe auch schon die beiden großen Erweiterungen Brief und Siegel und „Mokka und Bakschisch“ gespielt. Diese bringen beide neue Orte, neue Aktionen, neue Figuren und Rohstoffe, neue Bonuskarten und neue Möglichkeiten Rubine zu erlangen mit sich. Die beiden Erweiterungen haben wieder ein ganz anderes Spielgefühl als das Grundspiel alleine.

Bei „Mokka und Bakschisch“ gehen wir zusätzlich noch unter die Kaffeehändler. Hier hatten wir das Gefühl, es wäre viel schneller vorbei und die Rubine wären viel schneller zu bekommen als normalerweise, was aber auch nicht schlecht ist.

Blick auf das Spielfeld mit der Erweiterung Mokka und Bakschisch, unten: Rohstoffe, Geld und Karten der roten Spielerin
Der Anfang ist gemacht und ein bisschen Kaffee haben wir auch schon

 

Bei „Brief und Siegel“ müssen wir zusätzlich noch wichtige Briefe an bestimmte Orte überbringen und bekommen dafür Belohnungen – oder auch wieder Rubine. Das hat dazu geführt, dass du als erfahrener Kaufmann auch mal von deinem gewohnten Weg durch „Istanbul“ abweichen und neue Orte entdecken musst, statt immer nur auf die gleiche Art zu spielen.

Blick über den Spielaufbau Istanbul mit der Erweiterung Brief und Siegel, unten die Aufträge der roten Spielerin
Die Orte sind aber weit auseinander! Wie komme ich da am besten hin?

 

Zusätzlich gibt es auch noch ein paar kleinere Mini-Erweiterungen, einzelne Orte oder Rollen, die man in der Big Box dazu bekommt. Man könnte nun insgesamt auch auf einem sehr großen Plan mit 5×5 Orten spielen. Das ist aber nur zu empfehlen, wenn du beide Erweiterungen und das Grundspiel schon gut kennst, oder mit Vollbesetzung der Personen. Sonst sind das einfach viel zu viele Möglichkeiten und jemand hat gewonnen, bevor du dich entschieden hast, welche Orte du besuchen möchtest. Auch die Erweiterungen sind ähnlich bedingt generationentauglich wie das Grundspiel und sollten erst dazugenommen werden, wenn du das Grundspiel schon ein paar Mal gespielt hast. Bis auf die Namen der Orte, die man für das Spiel nicht unbedingt wissen muss, und die Gildenkarten in „Mokka und Bakschisch“ sind alle anderen Materialien durch gute Symbolik auch sprachneutral.

Ich liebe es mir zu überlegen, welche Züge ich nacheinander machen möchte um eine gute Ausgangsbasis für die ersten Rubine zu haben und ich liebe es auch, dass die Mitspieler:innen mir diese Pläne dann doch wieder durchkreuzen und ich alle paar Züge wieder umplanen muss. Es gibt im Spiel durch die Begegnungen und Aktionen, die alle Spielenden betreffen, auch ein gutes Maß an Interaktion, nicht zu viel und nicht zu wenig.

 

Fazit
Das Grundspiel „Istanbul“ spiele ich schon seit Jahren sehr gerne. Als Kaffee-Liebhaberin gefällt mir thematisch die Erweiterung „Mokka und Bakschisch“ am besten. Aber ich spiele auch die anderen Variationen und es wird nie langweilig. „Istanbul“ ist eins meiner Lieblingsspiele und ich freue mich, dass auch ab und zu wieder Varianten auf den Markt kommen. So gibt es mittlerweile auch ein Würfelspiel und ein Roll’n’Write mit diesem Thema.

Mit Kindern kann man das Kennerspiel „Istanbul“ nicht spielen, aber für ältere Menschen ohne motorische Einschränkungen der Hände ist es kein Problem. Auch für Wenig-Spieler:innen ist es machbar und eher ein Einsteiger-Kennerspiel mit kurzen Wartezeiten zwischen den Zügen. Wer so etwas sucht, ist mit diesem modernen Klassiker gut beraten.

 

Bewertung / Test
+ Thematik und grafische Gestaltung
+ verschiedene Strategien führen zum Sieg
+ Material an die Personenzahl anpassbar + gleiche Bedingungen bei jeder Anzahl an Spielenden
+ schnelle Züge und kurze Wartezeiten
+ Interaktion und Aktionen, die alle Spielenden betreffen
+ gute, leicht verständliche Symbolik
– Grundspiel ohne Erweiterungen am Anfang völlig ausreichend
– Grundspiel + 2 Erweiterungen gleichzeitig ist zu viel des Guten
– thematisch/historisch bedingt?: Keine weiblichen Spielfiguren oder weibliche Personen an den Orten
– Sehenswürdigkeiten Istanbuls kommen nicht vor: könnte jede „Basar-Stadt“ sein

 

(Eine Rezension von Elisabeth Sandner)

Rezensentin Elisabeth Sandner
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Istanbul Big Box (2018)

Spielidee: Rüdiger Dorn
Grafik: Andreas Resch
Verlag: Pegaus Spiele
Anzahl der Spielenden: 2-5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 40 – 80 Minuten (stimmt, ist je nach Personenanzahl und Erweiterung sehr variabel)

Generationentauglichkeit:  bedingt generationentauglich
Wenn man sich mit dem Greifen schwer tut oder zittrige Hände hat, ist das kleinteilige Material problematisch, man wird oft frustriert, wenn etwas verschoben wird oder umkippt. Die Symbolik ist aber groß und bunt genug, sodass Personen mit Sehschwächen keine großen Einschränkungen haben.