Machtkampf in der Tiefsee – Abyss von Grimspire (Rezension)

Abyss | Kennerspiel | ab 14 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Bruno Cathala & Charles Chevallier | Grimspire | nicht generationentauglich

In der Tiefsee sucht der Thron des Königreichs Abyss einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin – und jeder von uns möchte es werden! Wer wird es schaffen, die Ratsmitglieder zu überzeugen, Orte zu erobern und Tiefseemonster zu besiegen um am Ende den meisten Einfluss zu haben und der neue König oder die neue Königin von „Abyss“ zu sein?

Überblick über das Spielmaterial und das Design von Abyss. Viele Karten mit Unterwasserwesen, Papp-Schlüssel und -Abzeichen, durchsichtige Muschelschalen mit Plastikperlen.
Eine große Ladung an aufwändig gestaltetem Material gibt es bei Abyss: Karten mit Unterwasserwesen, durchsichtige Muschelschalen mit Perlen, Papp-Schlüssel und -Abzeichen, …

 

Das Spiel
Abyss
ist ein Kennerspiel von Bruno Cathala & Charles Chevallier und bei Grimspire erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 14 Jahren gespielt werden.

Das auffälligste an ‚Abyss‘ ist die Gestaltung. Das Thema Abgrund und Tiefsee ziehen sich konsequent durch alle Spielelemente. Der Spielplan ist düster gehalten, die Ratsmitglieder und Edlen sehen selbst aus wie Tiefseemonster und das Zahlungsmittel sind Perlen, für die alle Spielenden eine Muschel zur Aufbewahrung haben.

Teil der Auslage an Botschaftern verschiedener Tiefsee-Völker.
Ein Teil der Auslage an Edlen verschiedener Tiefsee-Völker, ein gruseliger Anblick.

 

Wer dran ist, kann entweder alle verdeckt ausliegenden Ratsmitglieder einer Fraktion (Farbe, Volk) auf die Hand zu nehmen oder die Tiefsee erkunden, um Ratsmitglieder zu finden oder Seeungeheuer zu bekämpfen.

 

Auf dem Spielbrett ist oben Platz für die Tiefsee-Erkundung. Darunter gibt es einen Platz für jede Farbe der Ratsmitglieder, um sie verdeckt und farblich sortiert zu sammeln.
Oben am Spielbrettrand werden die Karten für die Tiefseeerkungung aufgedeckt. Darunter gibt es Platz um die Ratsmitglieder verdeckt und farblich sortiert zu sammeln.

 

Anschließend kannst du versuchen, einen der Edlen für deine Sache zu gewinnen, wenn du schon genügend Ratsmitglieder in verschiedenen Farben und Werten auf der Hand hast. Dazu muss man mit der abgebildeten Anzahl an verschiedenen Fraktionen (Farben) mindestens die unten stehende Summe erreichen. Die Haupt-Fraktion muss dabei enthalten sein (in den Beispielen Grün bzw. Blau).

Außerdem sammelt man im Spielverlauf Schlüssel, entweder durch Edle oder durch das Bekämpfen von Tiefseemonstern. Wenn du drei Schlüssel gesammelt hast, kannst du einen Ort erobern, der am Ende zusätzliche Punkte bringt.

Die Perlenhalter der deutschen Ausgabe bzw. der zweiten Auflage, haben den Vorteil, dass es durchsichtige Plastik-Muscheln sind. Das ist toll, weil man dadurch jederzeit sieht, ob jemand noch Perlen hat oder nicht. Das beschleunigt das Spiel etwas. Leider sind die Perlenhalter innen rund, die Perlen selbst auch, und so erwischt man nie die Zahl an Perlen, die man gerade nehmen wollte. Ständig kugeln Perlen über oder unter den Spieltisch. Und das, obwohl wir das Kennerspiel nie mit Kindern gespielt haben.

Durchsichtige Plastikschale in Muschelform als Perlenhalter für alle Spielenden.
Durchsichtige Plastikmuscheln als Perlenhalter für alle Spielenden.

 

Zu zweit haben der Ablauf und die Systematik des Spiels leider einen Haken. Wer startet muss eigentlich immer zuerst die Tiefsee erkunden. Wenn da nicht sofort etwas Perfektes dabei ist, hat die zweite Person anschließend eine schöne Auswahl an verdeckten Ratsmitgliedern, die auf die Hand genommen werden können, es muss nicht nochmal die Tiefsee erkundet werden. Danach ist wieder der Startspielende dran und darf schon wieder die Tiefsee erkunden, weil fast nichts mehr verdeckt ausliegt.

Man hat also fast das ganze Spiel hindurch die Situation, dass der Startspielende nur eine Karte pro Runde bekommt, während der/die andere fast jede Runde mehrere Karten erhält. Das führt zu einem Ungleichgewicht, welches sich auch in den Punkten und damit im Spielergebnis niederschlägt. Deshalb funktioniert das Spiel zu zweit eigentlich fast gar nicht und es macht auch keinen Spaß.

Mit mehreren Spielenden tritt dieses Problem nicht auf, das Spiel ist dann ausgeglichener. Man hat bei „Abyss“ auch nicht viele verschiedene Möglichkeiten während des eigenen Spielzuges und auch die Auswahl an Edlen, die man durchlesen und verstanden haben muss, ist meist begrenzt. Ich halte „Abyss“ deshalb eher nicht für ein Experten,- sondern ein Kennerspiel, und würde es eher ab 12 statt ab 14 Jahren empfehlen.

Alle Mitspielenden haben schnell verstanden, worum es geht, waren aber z.B. mit dem Mechanismus nicht zufrieden, der die Auswahl an Edlen meist klein hält. Die Auslage wird nämlich nicht automatisch aufgefüllt, sondern jeder kann während des eigenen Spielzugs ein (oder mehrere) Perlen bezahlen um eine (oder mehrere) neue Edlen-Karten für alle aufzudecken. Doch Perlen sind meist Magelware. Diejenigen mit Perlenüberfluss haben meist kein Interesse daran, das Auffüllen der Auslage zu bezahlen, die Spielenden, die dringend mehr Auswahl bräuchten, können es sich meist nicht leisten. So sammeln oft alle dieselben Farben, konkurrieren um dieselben wenigen Edlen und halten diese Ratsmiglieder knapp.

Da es sich um ein Kennerspiel handelt, ist eigentlich die Generationentauglichkeit schon per se ausgeschlossen. Ich würde Abyss, wegen der Grafiken und der Schwierigkeit für Kinder als ungeeignet sehen. Ältere Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen können das Spiel spielen – die einzige Schwierigkeit ist vermutlich das Greifen der runden Perlen aus den glatten Muschelbehältern. Aber die Texte haben eine gute Größe, die Farben sind gut zu unterscheiden und alle Symbole sind groß genug gedruckt und gut unterscheidbar.


Fazit
Insgesamt ist „Abyss“ ein polarisierendes Spiel. Man ist entweder Fan der Optik oder findet sie ganz furchtbar. Für den Spielablauf gilt das leider nicht. Ich habe das Spiel mit verschiedenen Gruppen gespielt und es mehrmals sowohl zu zweit als auch mit mehreren Spielenden ausprobiert. Leider hat es uns aber alle nicht abgeholt und wir waren weder vom Design, noch vom Spielprinzip begeistert.

„Abyss“ ist vom Design betrachtet ein sehr durchdachtes Spiel (liebevoll ist hier wohl das falsche Wort), aber es hätte durchaus mehr Arbeit in die Zweispieler-Regel oder die Abläufe fließen dürfen.

 

Bewertung / Test
+ aufwändiges, hochwertiges Material
+/- besondere Grafik
– funktioniert für 2 Personen nicht
– das Spielprinzip hat nicht überzeugt

 

(Eine Rezension von Elisabeth Sandner)

Rezensentin Elisabeth Sandner
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”

  • ... Altersgruppe 10 bis 14 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 14 Jahren
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahren

Abyss (2021)

Spielidee: Bruno Cathala & Charles Chevallier
Grafik: Xavier Collette
Verlag: Grimspire
Anzahl der Spielenden: 2-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 14 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Ab 12 Jahren
Spieldauer: 45 min

Generationentauglichkeit: Das will Abyss gar nicht sein.