Land & Meer | Plättchenlegespiel | ab 10 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Jon-Paul Jacques | Kobold Spieleverlag | generationentauglich
„Land & Meer“ in der deutschen Übersetzung wirkt etwas friedlicher als der Originaltitel von Good Games Publishing: Dort heißt es „Land vs Sea“ und ich sehe bereits die Freibeuter mit einem Dolch zwischen den Zähnen auf hoher See sowie die Karawanen und wilden Tiere an Land. Was sich in der deutschen Lokalisierung vielleicht noch ein wenig nach einem friedlichen Erkundungs- und Plättchenlegespiel anhört, ist bereits auf den zweiten Blick anders. Fans des Plättchenlegetitels „Carcassonne“ sollten hellhörig werden! Warum es nicht nur Carcassonne-Spieler anspricht, findest du im folgenden Beitrag.

Das Spiel
Land & Meer ist ein Plättchenlegespiel von Jon-Paul Jacques und bei Kobold Spieleverlag erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.
Allein durch ihre äußere Erscheinung zieht die Schachtel von „Land & Meer“ die Blicke auf sich. Beim Öffnen war ich erstaunt über das kleine Sortierfach, in dem alle Plättchen ihren Platz finden. Eine Spielschachtel, die die Wertungsleiste gleich mitbringt – gute Idee! Die farbliche Trennung der einzelnen Felder von- und untereinander – noch besser! Bevor wir loslegen können, wird festgelegt wer Land und wer Meer spielt – im Spiel zu dritt übernimmt eine Person die Rolle des Kartografen, im Spiel zu viert bestehen Land und Meer aus je zwei 2er-Teams. Das ist wichtig, denn bereits hier liegt der große Unterschied im Vergleich zu „Carcassonne“: Land punktet überwiegend durch Landmasse, Meer punktet durch Wassermasse. Der Clou: Alle Mitspielenden legen Plättchen, die jeweils Land und Meer erweitern und damit potentiell zum Punkten beitragen. Doch machen wir einen halben Schritt zurück und starten der Reihe nach.
Die Spielmechanik ist einfach: Die Mitspielenden legen aus ihren vorhandenen Plättchen eines mit der Vorder- oder Rückseite an bereits vorhandene Landschaften an. Dabei gilt zu beachten, dass die Kanten der sechseckigen Plättchen passend angelegt werden müssen. Um nicht im leeren Raum zu starten gibt es ein Startplättchen. Wird dabei eine Landschaft abgeschlossen, wird sofort gewertet: Pro Plättchen abgeschlossener Landmasse gibt es Punkte für Land oder analog dazu bei Ozean für Meer.
Bonuspunkte, durch schwarze oder weiße Kreuze gekennzeichnet, erhält, wer die Fläche vervollständigt. Enthält das eben gelegte Plättchen eines der Symbole Zugabe oder Diebstahl, darf auch das zweite Plättchen aus dem eigenen Vorrat gelegt oder eben eines von der Gegenseite gestohlen werden. Erst dann wird wieder auf 2 eigene Plättchen aufgefüllt und die Mitspielenden sind an der Reihe.

Allein dieses als Grundversion bezeichnete Spielgeschehen sorgt für viel Ärger, wenn ich so richtig verbaut und blockiert wurde. Nach ein bis zwei Partien ist der Mechanismus verstanden und dann darf erweitert werden. Die liebevoll gestalteten Plättchen enthalten nämlich noch viel mehr Info!
Es gibt Gebirgszüge und Korallenriffe – die beim Anlegen sofort punkten, egal wer anlegt und dabei das entsprechende Gelände vergrößert. Ferner finden sich auf den Plättchen zusätzlich Handelsschiffe und Karawanen, welche die Wertung bei Spielende nochmal empfindlich beeinflussen können. All diese Variationen sind mit den verschiedenen Plättchen auf Vorder- und Rückseite kombiniert.
Ich möchte fast behaupten, es gibt keine Kombination aus Land & Meer und Wertungssymbolen, die es nicht gibt, und eben diese Vermutung bringt mich beim Spielen oft an Grenzen der eigenen Flexibilität. Mein Gegenüber zieht gefühlt oft genau die passenden Teile, während meine nicht so richtig passen wollen – baue ich halt woanders. Mal im Ernst, genau so oft ziehe ich auch das Teil, was im richtigen Moment wie die Faust aufs Auge passt. Ausgleichende Gerechtigkeit also, und sollte das in der gleichen Partie nicht stattfinden, dann mit Sicherheit über die Summe mehrerer gespielter Begegnungen.

Eine weitere Variante ist das Spiel zu dritt. Hier tritt die Rolle des Kartografen im Wettstreit mit an. Mit der Farbe Grün gibt es Punkte, wenn Landschaften mit Gebirgszügen oder Korallenriffen abgeschlossen werden. Bonuspunkte gibt es analog zum Spiel zu zweit und am Ende werden für zusammenhängende Handelswege durch Karawanen & Handelsschiffe ebenfalls Punkte gutgeschrieben. Für ein Spiel zu viert fällt diese Rolle weg – es wird dann im Team gespielt und Landschaften mit eigenen Markern priorisiert, um hier ebenfalls viele Punkte zu erzielen. All diese Optionen sind auf Wertungstafeln vorder- und rückseitig übersichtlich zusammengefasst.
„Land & Meer“ bietet mir eine geringe Einstiegshürde und lässt durch die verschiedenen Varianten in der Wertung, die im Spiel zu zweit beliebig kombiniert werden dürfen, auch eine gute Skalierbarkeit an die Wünsche der Mitspielenden zu. Das Grundspiel ist schnell erklärt und verstanden und wirkt auf mich als überschaubar einfach in den Regeln. Die Tücke liegt hier im Plättchenlegen.
Je größer die Landschaften werden, desto mehr Punkte bringen sie theoretisch und werden viel zu oft nicht abgeschlossen. Dann tragen sie zur Wertung überhaupt nicht bei. Lege ich immer nur kleine Gebiete, bekomme ich wenige und dafür sichere Punkte und ermögliche dem gegnerischen Team unter Umständen ein sehr großes Gebiet. Die Entscheidung ist oft eine Mischung aus kalkuliertem Bluff und taktischer Entschlossenheit. Keine Frage: das glückliche Händchen beim Nachziehen der Plättchen ist oft Zünglein an der Waage.

Wer den Stil von „Carcassonne“ mag, wird hier weitere Unterschiede feststellen – und nein ich meine nicht allein die Plättchenform! Während „Carcassonne“ eher mit saftigem Grün und viel südfranzösischer Architektur besticht, so ist es bei „Land & Meer“ eine Gestaltung, die an historische Karten und Bilder erinnert. Um hier nicht zu verstaubt zu wirken, bieten die Plättchen bei „Land & Meer“ neben den spielrelevanten Informationen aus Bonuspunkten, Handelssymbolen sowie Gebirgszüge oder Korallenriffe derart viele kleine Details, dass das Anschauen der Plättchen bei mir große Freude gebracht hat. Wie toll sind bitte diese vielen lustigen Tiere auf den Karten und wie viel toller sind die Geschichten dazu? Über den Hasen – oder ist es ein Widder? – mit der Fanfare freue ich mich jedes Mal. Egal ob nun Easter Egg oder nicht, mich amüsiert es sehr!
Fazit
„Land & Meer“ macht vieles richtig. Mit bewährtem Spielkonzept und geringem Verwaltungsaufwand ist es Spiel für Spiel immer wieder herausfordernd. Mir fiel bei meinen Partien dabei auf, wie sehr ich als Freund von Workerplacement-Spielen die direkte Konfrontation in den letzten Jahren vernachlässigt habe. Wann habe ich zuletzt „Carcassonne“ so richtig kompetitiv gespielt? Schön, dass mich „Land & Meer“ hier wieder an dieses Spielegenre erinnert und dabei bekannte Elemente mit neuen Ideen wunderbar vereint.
Sehr gut gelöst und deshalb zum einen absolut generationentauglich und zum anderen auch bereits ab 8 Jahren gut spielbar, ist der Einstieg über die Basisvariante von „Land & Meer“ mit modularen Wertungsvariationen. Die Idee, hier auch ein Spiel für 3 zu erstellen, reizt mich durch die Asymmetrie. Meine begrenzte Erfahrung hierin: Die Rolle des Kartografen liest sich in der Regel als die lachende dritte Person und entpuppte sich im einmaligen Test als das fünfte Rad am Wagen. Ausprobieren lohnt auf jeden Fall!
Die Gestaltung der Plättchen ist mir auch im Fazit eine besondere Erwähnung wert. Bei großen Spielen, und hier sei das Artwork von Klemens Franz stellvertretend genannt, suche und finde ich gern die vielen kleinen Details und Verknüpfungen zu anderen Spielen. „Land & Meer“ hat viele dieser kleinen Details, die mich einmal mehr zum Schmunzeln bringen.
Finger weg, wenn dich „Carcassonne“ zu sehr ärgert oder du generell nicht von deinen Mitspielenden überrascht werden oder gar blockiert werden willst, denn ein friedliches Nebeneinander ist hier nur schwer möglich. Wenn du allerdings viel Interaktion und eben genau diese Gemeinheiten am Spiel zu Tisch liebst und suchst, dann ist „Land & Meer“ meine Empfehlung für dich!
Bewertung / Test
+ Denkbar einfache Regeln mit schnellem Spieleinstieg
+ Wertungsvarianten, die den Schwierigkeitsgrad erhöhen
+ Anderes Spielgefühl im Spiel zu dritt durch 3. Partei im Spiel
– Durch kompetitive Spielweise für ein Familienspiel recht hoher Ärgerfaktor
(Eine Rezension von Tobias Mallock)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”
Land & Meer (2022)
Spielidee: Jon-Paul Jacques
Grafik: Jon-Paul Jacques
Verlag: Kobold Spieleverlag
Anzahl der Spielenden: 2 – 4Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 – 45 min
Generationentauglichkeit: Die Plättchen sind in handlicher Größe als Sechsecke gut platzierbar. Die wichtigen Symbole klein und gut zu erkennen. Stellt das kein Problem dar? Dann steht dem generationenübergreifendem Spiel nichts im Wege.