Knoblauch statt Wolfsgeheule – Werwölfe: Vampirnacht von Pegasus Spiele (Rezension)

Werwölfe: Vampirnacht | Gruppenspiel | ab 10 Jahren | 6 bis 24 Spielende | ohne Angabe | Pegasus Spiele 

Das Gruppenspiel „Die Werwölfe im Düsterwald“ hat ganze Spielgenerationen geprägt. Am Lagerfeuer, in Klassensälen, egal wo – das Spiel hat einen Standard gesetzt, wenn Deduktion, Bluffen und eine Prise Grusel aufeinander treffen sollen. Seit 2001 schlafen alle im Dorf nachts ein, nur damit die Werwölfe ihrem blutigen Hobby nachgehen können. Knappe 20 Jahre später treten jetzt die Vampire auf den Plan.

Die Schachtel liegt inmitten der Rollenkarten
Damals Werwölfe, heute Vampire

 

Das Spiel
Werwölfe: Vampirnacht
ist ein Gruppenspiel und bei Pegasus Spiele erschienen. Es ist für 6-24 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Auch mit den Vampiren bleibt es in den meisten Bereichen alles beim Alten. Es wird Nacht, die Dorfbewohner schlafen ein, die Vampire kommen, jemand wird gebissen und stirbt. Am folgenden Tag verbannen die Bewohner eine Person aus dem Dorf. Auf dem Weg dorthin wird beschuldigt, gelogen, vermutet und entschieden. Und im besten Fall wird ein Vampir aus dem Dorf verwiesen.

Wie bei dem beliebten Vorgänger „Werwölfe von Düsterwald“ gibt es noch ein paar weitere Rollen, die in das Spiel eingestreut werden können, um für mehr Interaktion zu sorgen. Hier heißen sie Ermittlerin, Koch, Priester, Schlaflose, Schmiedin, Seher, Trunkenbold und Vampirjägerin. Die Karten sind wirklich toll illustriert und Anschauen lohnt sich. In welcher Konstellation man genau spielen will, orientiert sich immer an der konkreten Personenzahl. Die Spielleitung achtet da auf eine gewissen Ausgewogenheit. Unterschiedliche Rollen haben unterschiedliche Werte, das hilft bei der Vorbereitung. Die Karten sind wirklich toll illustriert.

Die Charakterwerte sind auf einer Liste abgedruct.
Eine Liste hat noch immer geholfen.

 

Natürlich sind immer Vampire- und immer Dorfbewohner-Karten dabei. Andere Rollen kommen durch Wenn-Dann-Entscheidungen ins Spiel. So sollte der Priester nur mitspielen, wenn die Schmiedin oder die Vampirjägerin im der Verlosung sind, und den Trunkenbold sollte man sogar aufheben, bis man einige Partien auf dem Buckel hat. Auf jeden Fall hat die Person, welche die Spielleitung übernommen hat, jetzt ein bisschen Arbeit, denn auf einem Notizblock muss ein Register erstellt werden, wer welche Rolle hat.

Die Karten Dorfbewohner und Vampir
Ohne die beiden geht nix.

 

Die Karten werden gemischt und verdeckt ausgeteilt. Alle kennen aber nur die eigene Karte. Unwissenheit und Geheimniskrämerei ist wichtiger Bestandteil des Spiels. Dann geht es los. Die Spielleitung übernimmt die Rolle einer Erzähler:in und kündigt die Nacht an. Alle schließen die Augen, es wird leise und reihum ruft die Spielleitung die Rollen auf. Alle kommen zum Zug und machen keinen Mucks, wenn sie aufgerufen werden. Fast alles läuft über Daumen zeigen, Arm ausstrecken und sonstige Formen non-verbaler Kommunikation. Höhepunkt dabei ist natürlich, dass die Vampire ihr Opfer töten, leise, unbemerkt und einstimmig.

Ein Ausschnitt aus der Anleitung. Dort ist das Wort lynchen zu lesen.
Vielleicht bin ich da zu dünnhäutig, aber lynchen?

 

Auf die Nacht folgt der Tag und nach einer Bestandsaufnahme, wen es diese Nacht gekostet hat, muss das Dorf im Mehrheitsbeschluss eine Person lynchen. Ja, du hast richtig gelesen, lynchen! Ja, so wie das weiße Farmbesitzer mit ihren Sklaven im 19. Jahrhundert in Amerika noch gemacht haben. ganz ehrlich: Kann ein Begriff noch unpassender sein? Aus dem Dorf verweisen, verstoßen, ausschließen, vielleicht sogar vampirmäßig mit Knoblauch verjagen – aber lynchen? In den „Werwölfen“ damals hieß es, dass das Dorf wählt und entschieden wird, wer als Werwolf verdächtigt werden solle. Und dann nutze die Anleitung das Verb ausscheiden. Besser!

Wie es in dem Charakter des Spiels inne ist, wird jetzt gegenseitig beschuldig und intrigiert, denn auch die unbekannten Vampire sind stimmberichtigt. Und die wollen natürlich potentielle Gefahren aus dem Weg schaffen, um unerkannt zu bleiben. So entsteht ein wildes Durcheinander, indem die Gruppe überlebender Personen immer kleiner wird, bis dann irgendwann nur von Vampire leben oder alle Vampire überführt wurden. Leider ist es auch in dieser Variante so, dass die Leute, die früh ausscheiden, nur noch zuschauen können – und natürlich die Klappe halten müssen.

 

Fazit
Kurz und bündig: Da mir „Werwölfe: Vampirnacht“ keine wirkliche Neuheit bietet, wird mir auch zukünftig die ursprüngliche Variante des Gruppenspiel-Klassikers reichen. Die Konzentration und der Aufwand, den ich übernehmen muss, wenn ich den Part der Spielleitung übernehme, kommt da auch ohne zusätzlichen Block und Schreibarbeit aus.

Und auch wenn mein Abstraktionsvermögen hoch ist und ich durchaus in der Lage bin, die Immersion zu erkennen, hadere ich mit dem Begriff ‚lynchen‘. Das will ich einfach nicht.
Übrigens: In den USA wird Lynchen seit 2022 als eigener Straftatbestand anerkannt und als Hassverbrechen eingestuft (Quelle: Tagesschau, März 2022).

 

Bewertung / Test
+ Erklärtexte auf den Karten
+ sehenswert illustriert
– mehr Arbeit für die Spielleitung
– Lynchen als Begriff ist so daneben

 

(Eine Rezension von Oli Clemens)


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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Gruppenspiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Werwölfe: Vampirnacht (2022)

Spielidee: ohne Angabe
Grafik: Lea Fröhlich
Verlag: Pegaus Spiele
Anzahl der Spielenden: 6-24 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Denkt bitte daran, dass es thematisch ums Töten und Lynchen geht. Damals hat das meine 10-jährige Tochter sehr verstört.
Spieldauer: je nach Gruppenzusammensetzung etwa 30 bis 90 Minuten

Generationentauglichkeit: Gemeinsam töten und lynchen? Das mag ich meinen Kindern nicht antun.