Camargue | Familienspiel | ab 8 Jahren | 2 bis 6 Spielende | Timo Diegel | Abacusspiele | generationentauglich
Die Camargue ist ein Teil der Provence in Südfrankreich. Und dort ist es schön und bunt. So sehr, dass in meinem Badezimmer ein selbstgeschossenes Lavendel-Bild aus einem vergangenen Urlaub hängt. Ich weiß, ist ein fun fact, und führt zu weit weg von dem Plättchenlegespiel, das den Namen dieser südfranzösischen Landschaft bekommen hat: „Camargue“. Also schauen wir mal rein und holen uns ein paar Sonnenstrahlen ab.
Das Spiel
Camargue ist ein Familienspiel von Timo Diegel und bei Abacusspiele erschienen. Es ist für 2-6 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.
Moment mal, sehe ich da viereckige Plättchen mit Wegen? Und auf denen sind Kurven und Kreuzungen? Und ein frankophiler Spieletitel? Ja, ein Vergleich zu „Carcassonne“ drängt sich im ersten Moment auf, wenn du Die Schachtel von „Camargue“ öffnest. Die gute Nachricht ist: das Familienspiel verzichtet auf den ganzen Burgenbau und bricht die Spielmechanik des Plättchenlegens genau auf ihren Kern herunter: Wähle eins aus der Hand aus, lege es an und erweitere die Landschaft, die vor euch allen wächst.
Ganz nebenbei kümmert sich das Spiel auf eine besondere Weise um deine Kopfrechenskills, denn auch bei „Camargue“ gilt: Wer zum Schluss die meisten Punkte hat, gewinnt.
Beim Anlegen deines Plättchens achtest du darauf, möglichst gleichfarbige Teile passend aneinander zu legen. Passend bedeutet, dass sie die abgebildeten Straßen sinnvoll weiterführen. Je größer eine farbige Landschaft durch dein Teil wird, desto mehr Punkte wirft sie ab. Dafür zählst du alle gleichfarbigen Plättchen, die du jetzt verbindest, und multiplizierst diese Zahl mit der Menge der Kanten, die dein Teil, das du gerade gelegt hast, berührt. Solltest du diesen letzten Satz zweimal lesen müssen, kann ich das verstehen. Es spielt sich viel leichter, als dass es sich mathematisch erklären lässt. Der Ah-Moment kommt dann, wenn man eine Wertung einfach mal zeigt statt in Worten umständlich erklärt.
Besonders attraktiv wird deine Punkteausbeute natürlich, wenn du irgendwo eine Lücke findest, um ein Plättchen reinzuquetschen. Dann können sich gleich bis zu drei oder sogar vier Kanten berühren. Und diese Mathematik ist wiederum einfach. Multipliziert mit 3 ist einfach besser als mal 1. Aber das kommt wirklich eher selten vor. Du kannst nämlich nicht beeinflussen, welche Auswahl du auf der Hand haben wirst. Nachgezogen wird nämlich immer von einem verdeckten Stapel. Und außerdem musst du dein Plättchen in einer besonderen Ausrichtung ablegen. Dafür orientierst du dich an dem Wappen, das eher unscheinbar in einem der Ecken zu sehen ist, und drehst dein Plättchen immer so, dass es mit den anderen in der Spielauslage harmonisch ausgerichtet ist. Da hier eine durchaus ernstzunehmende Fehlerquelle steckt, sollte die anderen gerne aufmerksam sein, ob diese Legeregel entsprechend umgesetzt wurde.
Deine Punkte hältst du übrigens auf einer Art Rechenbrett mit drei Holzsteinchen fest. So schiebst du auf Leisten wie in der Grundschule die Einer, Zehner und Hunderter immer nach oben, wenn du Punkte aufs Konto bekommst. Ich habe bei diesem Teil von „Camargue“ schon Mathelehrerinnen schwitzen sehen, um mit dieser Methode 16 Punkte auf den bisherigen Punktestand zu addieren. Aber keine Sorge: wenn du den Satz des Pythagoras anwenden kannst, bekommst du auch deine Punktzahl hin. Bei „Camarge“ ist das alles nur Training.
Ein besonderer Kniff beim Punktesammeln sind die farblich zweigeteilten Helferplättchen. Wir nennen sie liebevoll die Schnorrerplättchen, denn mit ihnen profitierst du von besonders guten Ergebnissen der Anderen einfach mit. Hat die besagte stöhnende Mathelehrerin also gerade 16 Punkte bekommen, kann ich eins dieser Schnorrerplättchen von der Hand abwerfen, wenn es die gleiche Farbe hat – und ich bekomme ohne Aufwand auch die gleiche Punktzahl. So mag ich das: nix tun und gewinnen, während die anderen stöhnen.
Gespielt wird übrigens, bis wirklich das letzte der 90 Plättchen den Weg in die Spielablage gefunden hat. Zu zweit bist du also wesentlich öfter am Zug, als wenn du zu sechst spielst. Insofern variieren deine Punkte immens und auch die Spielerfahrungen sind unterschiedlich. Wenige Personen spielen „Camargue“ auf dem Weg zum Erfolg taktischer, viele Personen nutzen jede sich ergebende Gelegenheit an Punkte zu kommen.
Ich hätte ja nicht gedacht, dass „Camargue“ wegen der kontrastarmen Farbgestaltung und den fisseligen Steinchen-Punkte-Zähler ein Spiel ist, das ich nur bedingt einer generationengemischten Gruppe anbieten würde. Aber jetzt kommt das ABER: die Realität im Spielcafé zeigt, dass „Camargue“ zu den liebsten Spielen bei den Senior:innen gehört. Und da kämen bisher keine Beschwerden, sagt Anne, und die muss es wissen. Zudem ist es komplett sprachneutral, was wiederum das Spielen erleichtert. Und somit gilt wieder: „Grau, mein Freund, ist alle Theorie“. Das wusste schon Goethe, jetzt weiß ich es auch. Gut, dass die „Camargue“ so schön bunt ist.
Fazit
„Camargue“ macht nix neu, aber altes dafür richtig gut. Am liebsten begebe ich mich in die bunte Spielwelt Südfrankreichs mit 3 oder 4 Leuten. Das Geschiebe auf den Leisten ist zudem eine kreative Art deinen Punktstand festzuhalten. „Camargue“ zu spielen bedeutet für mich unbeschwerte Zeit – fast wie im Urlaub.
Bewertung / Test
+ sehr leichte Regeln
+ Helferplättchen
+ sprachneutral
– ich kann nicht immer die Plättchen klar voreinander unterscheiden
– aufpassen, wie die Wappen ausgerichtet sind
(Eine Rezension von Oli Clemens)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”
Camargue (2024)
Spielidee: Timo Diegel
Grafik: Michael Menzel
Verlag: Abacusspiele
Anzahl der Spielenden: 2-6 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Spieldauer: ~45 Minuten
Generationentauglichkeit: Die Senior:innen in unserem Spielecafé geben es nicht aus der Hand und bemängeln nichts. Das ist das überzeugendste Argument.