Spielgenuss mit Einstiegshürde – Obsession von Strohmann Games (Rezension)

Obsession | Kennerspiel | ab 14 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Dan Hallagan |  Strohmann Games

Als mir bei unserem monatlichen Spieletreff jemand „Obsession“ nur mal geöffnet und kurz gezeigt hat, habe ich mit mir selbst gewettet, wie lange ich es aushalte bis ich es kaufe. Wirklich lang hat das nicht gedauert. Ob und für wen sich die Anschaffung lohnt, lest ihr in dieser Rezension.

Spielkarton und Inhalt

Das Spiel
Obsession ist ein Kennerspiel von Dan Hallagan und bei Strohmann Games erschienen. Es ist für 1 – 4 Spielende geeignet und kann ab 14 Jahren gespielt werden.

Mit unserer Adelsfamilie bemühen wir uns, mit Events und illustren Gästen unser Ansehen zu erhöhen und unser Anwesen so auszubauen, dass es den Gästen gefällt und diese uns belohnen.

Auf dem einen Hauptspielplan tragen wir die Spielrunden ab. Nach ein, zwei Partien nehmen wir die Rückseite und spielen über 20 Runden, denn die 16 Runden auf der Vorderseite sind gefühlt schon zu bald vorbei. In der Mitte finden wir auf Karten die ledigen Geschwister Fairchild, die wir gern als eigene Gäste gewinnen möchten. Die aufgedeckte Karte links oben gibt an, dass die beiden diesmal auf Prestige besonderen Wert legen. Nach der dritten Runde erscheint das Feld Werbung und es wird geschaut, wer hier derzeit mehr Siegpunkte hat und diese Person darf sich eine der Geschwister zu den Handkarten nehmen bis zur nächsten Werbung. Es kommen neue Interessenkarten hinzu und bei der letzten Werbung bringt eine Geschwisterkarte satte Punkte.

Spielfeld mit Rundenübersicht, Prestige- und Siegpunktkarten und zwei wichtigen Gästekarten

Ein weiterer Schauplatz ist der zentrale Markt. Hier liegen zwei Stapel mit Gästen, einfache Gäste und Prestigegäste, weiteres Personal, das man einstellen kann, ein Stapel Zielkarten und vor allem sechs Ausbaukarten, die aus einer großen Auswahl in einem Stoffbeutel gezogen wurden. Wird eine davon gekauft, rutschen die anderen nach links nach und eine neue Ausbaukarte wird aus dem Beutel gezogen.

Die Ausbauten zeigen, welches Personal und welche Art von Gästen benötigt wird, wenn man das Event oder den Raum darauf nutzt. Danach wird das Plättchen umgedreht und zeigt eine höhere Siegpunktzahl. Es gilt also, diese Ausbauten nicht nur anzuschaffen, sondern auch zu nutzen.

Das zweite Spielfeld ist der Markt mit dem ausgelosten Angebot an Ausbauten, zudem Zielkarten und Gästekarten in zwei Kategorien

Jede der vier Familien hat ein eigenes Tableau und eine Schachtel, in der passend das eigene Spielmaterial untergebracht ist. Die Familien unterscheiden sich nicht wesentlich, haben aber doch eigene Merkmale.

Zum Start haben alle ein eigenes Tableau und eine Schachtel mit dem eigenen Material

Das Personal, bestehend aus Lakai, Hauswirtschafterin, Butler, Zofe und Kammerdiener kann später erweitert werden. Rechts oben ist das aktuelle Ansehen dargestellt. Wandert der schwarze Marker über die 5 hinaus, wird der runde Marker umgedreht auf die 2. Weitere Marker mit höheren Zahlen stehen bereit.

Unterhalb des Boards liegen die Ausbauten für den Start in fünf Kategorien. Rechts unten ihre Siegpunktzahl. Werden sie eingesetzt, dreht man sie um und sie zeigen eine andere Siegpunktzahl an. Dies ist bei der Schlusswertung wichtig, aber auch in den Abschnitten Werbung. Der Begriff steht hier für das Anwerben der Geschwister Fairchild.

Startaufbau eines Tableaus

Gleichzeitig können die Spielenden ihren Zug planen. Dazu wähle ich eines der Ausbauten und stelle das geforderte Personal auf das Plättchen. Themengemäss heißt es nicht, ich nehme das braune Plättchen, sondern ich lade zum Nachmittagstee ein. Dieses Plättchen fordert zwei Adelige, die ich aus meinen Handkarten auswähle. Die Markierung links unten gibt vor, welches Personal sie brauchen um meiner Einladung Folge zu leisten. Familienmitglieder, die man am Wappen links oben erkennt, kommen einfach ohne extra Personal.

Rechts unten steht dann, was sie als Belohnung mitbringen. Das kann Geld sein, Prestige oder neue Gäste. Der hier gewählte Gast bringt hier nicht nur Gutes und der Herr ist am Ende 2 Minuspunkte wert (siehe rechts oben). Eines unser Familienmitglieder ist in der Lage, ungebetene Gäste wieder zu verscheuchen. Das zu tun, ist allerdings nicht immer klug. Die genutzten Gäste kommen nicht wieder auf die Hand, sondern auf den eigenen Ablagestapel.

Eine Aktion ist geplant

Nach unserem Zug ist es möglich, einen Ausbau zu kaufen. Dabei ist darauf zu achten, welchen Prestigewert manche Gebäude oder Events erfordern. Habe ich zudem das passende Personal? Nicht unerheblich ist es, welche Interessen die Geschwister Fairchild geäußert haben. Und manche Zielkarten versprechen weitere Siegpunkte durch den Erwerb bestimmter Ausbauten. Manchmal lohnt sich das Ansparen auf die Monumentplättchen, die zum einen gut Siegpunkte bringen und in jeder Runde mein Prestige um einen Punkt erhöhen.

Die Auswahl der Plättchen wird aus dem Stoffbeutel gezogen. Man kann Prestigepunkte ausgeben um die Auslage zu erneuern. Nach dem Kauf liegen die Plättchen auf der Seite ohne die Rose und zeigen oft Minuspunkte. Erst durch die Nutzung des Ortes oder des Events wird das Plättchen umgedreht und zeigt die höhere Siegpunktzahl.

Beispiel für die Ausbauten eines Spielenden

Der Gewinn einer Zwischenwertung, der bereits erwähnten Werbung, bringt auch eine Siegpunktkarte. Ebenso gibt es Gäste, welche diese als Bonus gewähren. Man kann die Siegpunktkarten bis zum Schluss aufbewahren oder den aufgedruckten Bonus jederzeit einlösen und die Karte abgeben.

Irgendwann dürfte es sinnvoll sein, in einer Runde einmal zu passen um die genutzten Gäste wieder zurück auf die Hand zu nehmen. Dafür gibt es zudem einen Geldbonus oder die Option, dass die Ausbauten auf dem Markt ausgetauscht werden.

Zu Beginn der Partie bekommen alle fünf Zielkarten (in der langen Version nur vier) und später werden nochmals zwei ausgeteilt. Sie werden natürlich geheim gehalten und oft entscheiden sie über Sieg oder Niederlage.

Beispiele für Siegpunktkarten und Zielkarten

Am Ende der Partie werden die Ausbauten, die Gäste, die Siegpunkt- und Zielkarten und die Siegpunkte für das erlangte Prestige zusammengerechnet. Dabei hilft der beigelegte Block.

Die Ausstattung ist richtig gut, die Gestaltung absolut thematisch und zeugt von der Hingabe des Autors und der Illustratoren zu diesem Spiel und zum Thema. Die Anleitung ebenso, doch leidet da die Übersichtlichkeit. Vieles erschließt sich erst im Glossar. Am Besten hat man Jemanden zum persönlichen Erklären. Da kann man zügig einsteigen und lernt die Details in der ersten Partie.

Fazit

„Obsession“ ist eine Delikatesse für Freunde:innen von Kennerspielen mit Anspruch. So oft habe ich erlebt, dass ein Thema anspricht, es sich dann aber als aufgesetzt erweist. Hier ist alles stimmig. Ich spiele nicht ein braunes Plättchen, für das ich blaues Personal brauche, sondern lade fünf Adelige in die Nördliche Bibliothek ein und bitte einen Butler hinzu. Ärgerlich, wenn sich dann neue Gäste als Gerüchteverbreiter herausstellen oder Personal von Mitspielenden in deren Küche Schlechtes über die anderen Adelshäuser verbreitet. Man fühlt sich beim Spielen innerhalb dieser Welt .

Es gilt, die richtigen Räume und Events zu wählen, das benötigte Personal zu managen und zu schauen, welche Gäste ich aussuche um welche Vorteile zu erlangen. Das ist eher komplex als kompliziert und ermöglicht unterschiedliche Wege um zu gewinnen. Es gibt Glückselemente. Damit zu leben, das Beste daraus zu machen, das finde ich reizvoll. Man kann die Regeln variieren, das ist in der Anleitung aufgeführt, um den Glücksfaktor zu verringern.

So oder so ist „Obsession“ für mich ein stimmiges, spannendes Spiel mit Wiederspielreiz für einen gemütlichen Nachmittag. Ein Kaffeetafelspiel mit der Gefahr, den Kaffee kalt werden zu lassen, weil das Spiel so fasziniert.

Bewertung / Test
+ liebevoll gestaltet, thematisch stimmig
+ Varianz und Wiederspielreiz
– die Spielanleitung macht den Einstieg nicht leicht, besser man lässt es sich erklären

(Eine Rezension von Paul Theisen)


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Obsession (2023)

Spielidee: Dan Hallagan
Grafik: Guy Allan u.a.
Verlag: Strohmann Games
Anzahl der Spielenden: 1 – 4
Altersempfehlung Verlag: ab 14 Jahren

Spieldauer: 90 – 120 Minuten

Generationentauglichkeit: als gehobenes Kennerspiel nein, zudem ist Vieles kleinteilig

Pädagogisch wertvoll: