Spielend Grenzen überwinden und gemeinsam Großes schaffen – Mein Besuch bei Fritzel’s Spielerei auf der Spiel 2024 in Essen

Messestand von Fritzel's Spielerei.

Ein kleiner Messestand an der Ecke, ohne große Namen, ohne große Banner und doch auf eine ganz eigene Art und Weise großartig. Das durfte ich bei meinem Besuch beim Stand von Fritzel’s Spielerei feststellen.
„Jahu Safari“ heißt das Spiel, das 5 Menschen mit den verschiedensten Beeinträchtigungen gemeinsam mit ihren Betreuern entwickelt und auf den Markt gebracht haben.
Nach einem kurzen Gespräch nahm mich Betreuer Michael direkt mit zum Spieltisch, wo ich mit einem weiteren Betreuer und einem der Spielentwickler direkt testen durfte, wie sich „Jahu Safari“ so spielt.

Also ran an die Würfel! Gemeinsam versuchten wir, den Bauernhoftieren dabei zu helfen, ihre Freunde im fernen Afrika zu besuchen. Gar nicht so leicht, denn unterwegs müssen noch Leckereien für das gemeinsame Festmahl eingesammelt werden. Der Einstieg war wirklich leicht und ich war sofort gepackt vom „Safarifieber“. Es macht nämlich sehr viel Spaß, gemeinsam die Aufgaben zu erfüllen und anschließend alle Tiere zur großen Party nach Madagaskar zu bringen. Und das alles noch vor Sonnenuntergang, denn  eine kleine gelbe Sanduhr läuft am Rand mit.

Spielbrett von "Jahu Safari"

Am meisten beeindruckt hat mich der modulare Aufbau des Spiels. Die Mitwirkenden hatten bei der Entwicklung des Spiels unterschiedlichste Bedürfnisse im Blick und haben es geschafft, dass sich das Spiel an nahezu jedes davon anpassen lässt. „Jahu Safari“  ist also im wahrsten Sinne des Wortes „barrierefrei“.

Soweit zur spielerischen Erfahrung, die ich dort machen durfte. Was aber mindestens genauso wichtig ist: Ich habe dort Menschen getroffen, die sich von ihrer Beeinträchtigung nicht daran hindern lassen, Großes zu schaffen. Das hat mich tief beeindruckt. Alle Mitwirkenden waren mit so einer Herzensfreude und Leidenschaft dabei, die einen nur mitreißen kann. Die Freude und auch die Aufregung (im positiven Sinne), das eigens entwickelte Spiel auf der weltgrößten Publikumsmesse für Gesellschaftsspiele präsentieren zu dürfen, war bei allen Beteiligten deutlich spürbar. So eine strahlende, positive und aufgekratzte Stimmung erlebt man leider viel zu selten. Mir fallen als Vergleich dazu spontan die strahlenden Kinderaugen am Weihnachtsabend ein. So fühlte es sich für mich jedenfalls an. Denn die Mitwirkenden sind zu Recht stolz darauf, was sie innerhalb eines knappen Jahres auf die Beine gestellt haben.

Alle Ideen stammen von den Spielmacher*innen selbst, die Betreuer standen ihnen begleitend zur Seite. So erfuhr ich im Gespräch zum Beispiel, dass es den Entwickler*innen für das haptische Spielerlebnis sehr wichtig war, dass es ein „Säckle“ gibt, aus dem Plättchen gezogen werden können. Auch einige der Tiere, die als Spielfiguren dienen, sind von Ihnen selbst gezeichnet. Und auch da kann ich nur sagen „Hut ab“. Hätte ich versucht, so ein niedliches Schweinchen zu zeichnen, es hätte sicher niemand als ein solches erkannt.

Nach unserer Spielrunde kam ich mit den zwei Betreuenden ins Gespräch. Sie erzählten mir, wie sehr alle Mitwirkenden an dem Projekt gewachsen sind. Vor allem in puncto Selbstwirksamkeit sei bei allen Spielentwickler*innen ein großer Sprung passiert. Sie hätten gemerkt, dass sie trotz ihrer Beeinträchtigungen etwas für die Allgemeinheit schaffen könnten. Danach erzählten sie ein wenig von ihren Erlebnissen rund um die Messe, wie zum Beispiel Anreise und Ticketbeschaffung. Diese Dinge waren mit einigen Hürden verbunden, was wieder einmal zeigt, das Barrierefreiheit nicht allein mit breiten Türen und Rampen für Rollstühle zu erreichen ist. Sondern das sie vor allem bei jedem einzelnen von uns im Kopf beginnt.

Ich bedanke mich bei dem Team von Fritzel’s Spielerei, dass ich sie auf der Messe besuchen durfte. Es war in so vielerlei Hinsicht bereichernd. Für mich als Rezensentin vom Spielecafé der Generationen, aber auch vor allem für mich persönlich.