Wenn der spanische König Manuel I. dich bittet, seinen Palast in Evora mit den gleichen prachtvollen Fliesen zu verzieren, wie sie die maurische Alhambra schmücken, dann sagt man nicht nein. Also beginnt man, die richtigen Azulejos (= Fliesen) zu wählen, um sie punkteträchtig an die Wände zu kleben.
Dabei ist es ziemlich tricky, die richtigen Fliesen zu wählen. In der Tischmitte liegen neun Lager mit vier zufällig gezogenen Fliesen (fünf verschiedene Sorten gibt es), außerdem kann eine „Resterampe“ in der Mitte liegen. Man wählt ein Lager und nimmt alle Fliesen einer Sorte und verschiebt die übrigen in die Resterampe-Tischmitte. Die gewählten Fliesen muss man sofort in die Vorbereitungsfelder auf seinem Spielplan legen. Dabei gibt es ein paar Dinge zu beachten. Die Regeln sind aber simpel und schnell gelernt. Wenn alle Fliesen verteilt sind, muss jeder Spieler seine Auslage kontrollieren. Volle Vorbereitungsfelder ermöglichen dem Spieler, eine der Fliesen an die Wand zu kleben. Das bringt Punkte, je nachdem, wieviele andere vorher geklebte Fliesen benachbart liegen. Da heißt es sorgfältig planen und langfristig zu denken.
Alle Fliesen, die man nicht anlegen kann, gehen „zu Bruch“, bleiben auf dem Boden liegen und ergeben dicke Minuspunkte. Unbedingt vermeiden. Aber da wird das Spiel auch richtig gemein. Denn man sollte nicht nur einen für sich optimalen Zug machen und die richtigen Fliesen nehmen, manchmal ist es besser, Fliesen zu nehmen, um damit den Mitspieler in die Minuspunkte zu treiben. Nicht nur die eigene Strategie muss geplant werden, auch die der Mitspieler gehört verhindert. Denn man gewinnt, wenn die anderen verlieren. Auch bei diesem Spiel eine wichtige Erkenntnis.
„Azul“ bietet alles, was ein Spiel bieten muss. Schnell erklärt, fantastisches Material (mit Abstrichen), intuitiver Zugang, hohe Interaktion und Spannung bis zuletzt. Es ist ein leicht zu spielendes Familienspiel und bietet doch Spieltiefe, um Expertenspieler zu erfreuen.
FAZIT
“Azul“ ist ein Familienspiel (für Familien mit Spielerfahrung) ab 8 Jahren, das Gelegenheitsspieler genauso wie Expertenspieler hervorragend unterhält und fordert und aufgrund des Materials (mit Abstrichen) sehr seniorentauglich ist. „Azul“ ist genauso ein Expertenspiel, das (besonders mit der komplexeren Variante) richtig fordernd ist.
Abstriche? Ja, ein paar. So klasse die Fliesen sind (richtig schwere dicke Plastiksteine, was für ein haptischer Genuss), so fizzelig ist der Punkteanzeiger auf dem Spielerbrett. Da rutscht ein kleiner leichter Holzwürfel über kleine Felder, während auf demselben Spielbrett die schweren Fliesen abgelegt werden. Das hätte man besser machen sollen, nein müssen. Dass der Startspielerstein ein einfacher Pappmarker ist, ist ok, aber warum hat man da nicht auch noch einen schönen Fliesenstein spendiert?
Aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. „Azul“ ist ein geniales Spiel, das in jede Spielsammlung gehört, schnell erklärt, schnell gespielt und für alle Spielertypen geeignet. Ein Meisterstück. Und wem das Spiel nach ein paar Runden zu eintönig wird, darf gern sein Spielerbrett umdrehen und eine komplexere Version spielen, aber Achtung: die hat es in sich!
+ fantastisches Material
+ einfach und leicht zugänglich
+ viel Interaktion
+ schneller Einstieg
– Punktewürfel können leicht verrutschen
(eine Rezension von Gerhard Hany)
Wollt ihr sehen, wie Azul sich spielt?
Dann schaut Euch doch das tolle Video von Ü50 spielt an:
Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorien:
“Familienspiel und Expertenspiel”
in Zusammenarbeit mit:
Azul (2017)
Autor: Michael Kiesling
Grafik: Philippe Guérin und Chris Quilliams
Verlag: Plan B Games – Vertrieb Pegasus Spiele
Spieleranzahl: 2-4 Spieler
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Generationentauglich: sehr tauglich, generelle Spielerfahrung ist von Vorteil
Punkte: 1 Punkt Abzug bei Ü75, da die Punkteanzeige nur bedingt seniorentauglich ist und zudem Spielerfahrung benötigt wird.