Juicy Fruits | Familienspiel | ab 8 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Christian Stöhr | Deep Print Games im Vertrieb von Pegasus | pädagogisch wertvoll | generationentauglich
Mit wunderschönem Material kommt „Juicy Fruits“ so nett und harmlos daher, entpuppt sich aber als durchaus anspruchsvoll. Mehrere Wege führen zu den Siegpunkten und alle erfordern Vorplanung.
Das Spiel
Juicy Fruits ist ein Familienspiel von Christian Stöhr und bei Deep Print Verlag erschienen. Es ist für 1 – 4 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.
Nach dem Sortieren und dem Aufbau, was für ein Familienspiel hier schon ein gewisser Aufwand ist, hat jeder Spielende ein eigenes Tableau vor sich liegen. In der Mitte sind fünf Ernteplättchen. Die erste Aktion jedes Spielenden ist, eines davon zu bewegen. Man erhält für jedes gezogene Feld eines der abgebildeten Obstteile. Das kann zu Beginn nur eines sein, doch durch die erste Bewegung öffnet sich für ein anderes Plättchen schon mal ein Weg für zwei Felder.
Am Rand des Tableaus liegen Boote, die nach Abgabe des darauf abgebildeten Obstes vom Strand ablegen. Der Spielende bekommt die aufgedruckten Punkte, aber vor allem wird nach und nach das Spielfeld größer und somit der mögliche Weg für die Ernteplättchen, sprich für größere Ernten. Geht man mit Köpfchen die Sache an, lassen sich größere Ernten vorplanen.
Bis hierhin so weit so gut ein Kinder- bis Familienspiel. Es gibt aber zudem die Gewerbeplättchen mit unterschiedlichen Kosten. Die Plättchen wurden ihren Plätzen zugelost. So passiert es, dass starke Plättchen auch mal leicht zu bekommen sind. Wer dies am Spieltisch erkannt hat, wird sich bemühen, schnell den geforderten Preis zu erwirtschaften und als Erstes dieses zu ergattern.
Da gibt es Plättchen, die wie die Ernteplättchen funktionieren, aber bessere Erträge bringen. Die brauchen auf dem Spielertableau auch wieder Platz, können aber sehr effektiv sein. So gilt es, sich mit Bedienung der Schiffe Platz zu schaffen, aber wiederum möglichst Erstes zu sein bei den attraktiven Gewerbeplättchen.
Dann kann man sich Plättchen holen, die als Gebäude das eigene Tableau verstopfen, aber einmalig gut Siegpunkte bringen. Die machen erst im späteren Verlauf Sinn. Manche davon gehen über vier Felder und schränken die Erntemöglichkeiten ganz schön ein.
Einzelne Plättchen geben Siegpunktbedingungen für den Schluss, die bringt man leichter unter und diese sind effektiv, wenn man seine Strategie darauf ausrichtet. Und zu guter Letzt gibt es die Eisplättchen. Diese erlauben den Spielenden, Früchte aus dem eigenen Vorrat in siegpunktträchtige Eistüten umzuwandeln. Je nach Länge des Weges, den dieses Plättchen im Zug zurückgelegt hat, können das auch mehrere sein. Und diese Aktion ist mit entsprechender Vorbereitung unheimlich stark. Da kommen schnell mal 25 Siegpunkte zusammen, wo am Ende meist so um die 100 Punkte erreicht werden. Ich würde da als Hausregel einführen, dass immer nur eine Eistüte produziert werden darf.
Wer die Besprechung bis hierhin nachvollzogen hat, wird wie ich die Backen blasen und denken: „ab 8 Jahre?“ Das sehe ich auch als Problem. Grundschüler können die Mechanismen durchaus lernen, doch diese taktische Tiefe können erst Ältere erfassen. Andererseits kann man hier Kinder an taktisches und vorausschauendes Denken heranführen. Schach kann man ja auch in dem Alter beginnen und sollte es.
Zurück zum Spiel: sitzt das Grundspiel soweit, kann man den großen Spielplan umdrehen und die Saftfabrik einbeziehen. Das legt nochmal eine kleine Schippe drauf mit einer dritten Spielaktion. Die erste: Ernteplättchen ziehen und Erträge bekommen. Die zweite: Schiff bedienen oder Gewerbeplättchen kaufen und nun Schritt drei: in der Saftfabrik voran ziehen. Dies bringt gegen Abgabe passender Obstplättchen eine weitere Quelle für Siegpunkte.
Bei Kauf eines Gewerbeplättchens oder beim Leerwerden einer Eissorte wird ein Marker auf seiner Leiste weitergeschoben. Je nach Spielerzahl ist der Weg kürzer oder länger. Es hängt somit von den Zügen der Spielenden ab, wie lange eine Partie geht und das Ende kann absichtlich schnell forciert werden.
Die Anleitung ist klar und übersichtlich. Es gibt eine weitere Regel für die Solovariante, die auf den Tableau-Rückseiten gespielt werden kann. Dieses Spielgeschehen weicht vom normalen Spiel ab und ist fast als eigenständiges Spiel zu betrachten.
Fazit
Juicy Fruits ist sehr schön, zudem durchdacht gestaltet. Der Einstieg ist mittelschwer, dafür erweist sich dieses Familienspiel (ich meine Familienspiel plus) als taktisch mit Wiederspielreiz, zumal das Hinzunehmen der Saftfabrik weitere Varianz einbringt. Ich finde es gelungen. Andererseits erwarte ich von einem guten Familienspiel, dass Erwachsene und Kinder ungefähr gleichwertige Siegchancen haben. Hier dürfte das Durchdenken einer Siegstrategie jüngere Kinder überfordern. Erwachsene sollten hier zurückhaltend spielen, um Kindern den Spaß nicht zu verderben. Lieber spielen dann Erwachsene untereinander: Kindlich ist nur das Material, nicht die Mechanik.
Das klare, hochwertige Material lädt auch Senioren ein. Ich halte Juicy Fruits für generationentauglich. Die Interaktion ist begrenzt, meist ist jeder mit seinem eigenen Tableau beschäftigt. Dagegen steht aber das Rennen um gute Plättchen und Siegpunkte. Da gilt es, die Mitspielenden im Auge zu behalten.
Bewertung / Test
+ hochwertiges, schön gestaltetes Material
+ mittelschwerer Einstieg, doch taktische Tiefe
+ Wiederspielreiz
– für Kinder kaum überschaubar
(Eine Rezension von Paul Theisen)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
„Familienspiel”
Juicy Fruits (2021)
Spielidee: Christian Stöhr
Grafik: Annika Heller
Verlag: Deep Print Games im Vertrieb bei Pegasus
Anzahl der Spielenden: 1-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Eigene Altersempfehlung: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 – 50 Minuten
Generationentauglichkeit: Ja. Das Material ist klar und groß genug, Ikonographie logisch und leicht zu lernen
Pädagogisch wertvoll: Kinder lernen vorausschauendes und taktisches Denken. Konzentrationsfördernd