Über die Entstehung der Arten | Gerard Ascensi und Ferran Renalias | 2-4 Spieler | ab 9 Jahren | Spielefaible | Familienspiel auf den Spuren von Charles Darwin als Plättchenlegespiel mit sehr schöner Grafik und einfachem Gameplay und moderatem Tiefgang

Ich gebe es zu, manchmal mag ich ein Spiel, weil es optisch ein richtiger Leckerbissen ist. Wenn dann auch das Thema sehr gut eingebunden ist, kann es fast nichts mehr falsch machen. „Über die Entstehung der Arten“ ist so ein Spiel. Und es kann durch die einfachen Regeln zusätzlich punkten. Thematisch setzt es die Reise von Charles Darwin zu den Galapagos-Inseln mit der Beagle um, und das sehr schön nachvollziehbar, ohne aber ein Wissensspiel zu sein.
Ein Spielzug besteht darin, dass ich entweder erforsche, also zwei Beobachtungswürfel auf zwei verschiedene Artenplättchen lege. Diese Würfel dienen zum einen bei der Endwertung (wer die meisten Würfel auf einem Plättchen hat erhält das Plättchen samt Siegpunkt). Oder ich kann entdecken, und ein neues Plättchen auf das Spielbrett zu legen. Das muss ich dann mit den zuvor gelegten Würfeln auf benachbarten Plättchen bezahlen.

Das ist komplizierter als man zuerst denkt, denn jedes Plättchen, also jede Tierart, gibt dem:der Spieler:in Wissen zu einem bestimmten Lebensraum (Luft, Land und Wasser). Neue Entdeckungen, also neue Plättchen fordern als Bezahlung ebenfalls bestimmtes Wissen, das von den Nachbarplättchen genommen wird. Nehme ich also einen Würfel von einem Plättchen, stehen mir zum Beispiel 2x Luft- und 2x Land-Wissen zur Verfügung. Braucht das neue Plättchen aber auch noch ein Wasserwissen, muss ich sehen, ob ich von einem anderen benachbarten Plättchen einen entsprechenden Würfel nehmen kann. Habe ich das nötige Wissen nicht zur Verfügung, kann ich auch das Plättchen nicht legen, also die neue Art nicht entdecken.
Ich sehe einige Artenplättchen ausliegen und kann so also halbwegs gut planen, welches Wissen ich wo auf dem Spielbrett haben muss, um es auslegen zu können.

Da muss man schon mal ein paar Züge im Voraus planen, darf dabei aber nicht die Mitspieler:innen aus den Augen lassen, denn die planen ja auch für sich und wollen vielleicht genau das Plättchen zuerst entdecken. Dann gibt es da noch die lukrativen Zwischenziele und auf die Mehrheitenwertung bei der Schlusswertung sollte ich ja auch noch aufpassen.
Man muss sich schon etwas konzentrieren bei diesem Spiel und schnell spielt man sich in eine Sackgasse. Oder wird durch die Mitspieler:innen in eine solche gedrängt. Wer die Möglichkeiten der Plättchen und deren Auswirkungen für die kommenden Züge am besten einschätzen kann, wird das Spiel gewinnen.

Für spielerfahrene Spieler:innen einen nicht allzu schwere Herausforderung, auf die leichte Schulter darf man das Spiel nicht nehmen. Andererseits ist es vom Kennerniveau schon ein paar Schritte entfernt, sodass es eine Herausforderung, aber eine machbare ist. Für Kennerspieler:innen ist es leichte Kost, die aber auch Spaß machen kann.
Dank der wirklich wunderschönen Grafik und dem einfachen Gameplay lädt es zum Spielen ein und sorgt für eine kurzweilige Spielstunde, es sei denn, Grübler sitzen mit am Tisch. Dann kann es zu unangenehmen Denkpausen kommen. Sehr viel Voraus-Denken ist auch nicht möglich, denn schnell kann sich etwas auf dem Spielbrett verändern und ich muss von vorne anfangen, meinen nächsten Zug zu planen.

Dass die Mitspielenden gewollt oder ungewollt meine lang angelegte Strategie zerstören kann, sollte jedem bewusst sein. Man gewinnt hier auch dadurch, dass der andere verliert. Gerade bei vier Spieler:innen sind die Probleme mit den Grüblern und der zerstörten Strategie durchaus groß und können den Spielspaß schon einmal stark einschränken.
So muss man sich möglichst immer mehrere Möglichkeiten offen halten, um nicht frühzeitig zurückzufallen und letztlich kaum noch Möglichkeiten zu haben, wieder aufzuholen.
Hilfreich sind die Karten, die man durch bestimmte Plättchen als Belohnung auf die Hand bekommt.
Erreicht das Schiff, die Beagle, die letzte Station endet da Spiel. Wer auf den einzelnen Plättchen die meisten Würfel hat, erhält dieses – ziemlich fies: bei Gleichstand erhält niemand das Plättchen. Punkte erhält man während des Spiels durch das Anlegen von Plättchen und das Erfüllen von Zwischenzielen, den Notizbüchern. Hier immer das richtige Timing zu finden, um die Ziele zu erreichen ist auch ein wesentlicher Punkt im Spiel.

Fazit
Wem Grübelpausen und „Blockieren-aus-Versehen“ nicht soviel ausmachen, der findet in „Über die Entstehung der Arten“ ein thematisch dichtes und hervorragend illustriertes Spiel, das schnell gelernt aber angenehme Spieltiefe besitzt – für spielerfahrene Familienspiel-Spieler:innen, die auch mal moderate Strategiekost wollen. Durch die wechselnden Zielkarten, die zufällige Auslage der Artenplättchen und der Karten ist ein hoher Wiederspielreiz gegeben. Und man weiß hinterher immer genau, warum man verloren hat und was bei der nächsten Partie besser gemacht werden kann.
Meiner Meinung nach sollte man sich das Spiel ansehen, auch weil es so schön aussieht und da es schnell gelernt ist, kann man ein oder zwei Partien probieren. Wenn man dann die richtige Spielgruppe hat, dann wird das Spiel sicher öfter auf dem Tisch landen. Ob es im eigenen Regal stehen muss – allein wegen der Optik gerne.

Bewertung /Test
+ wunderschön illustriertes Spiel
+ Thema sehr gut eingebunden
+ klare Spielzüge
+ hoher Wiederspielreiz
+ mehrere Möglichkeiten Punkte zu generieren
– Gefahr ist groß, unabsichtlich in eine Sackgasse gedrängt zu werden
– Grübel-Gefahr
(Eine Rezension von Gerhard Hany)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiel“
Über die Entstehung der Arten (2020)
Spielidee: Gerard Ascensi und Ferran Renalias
Grafik: Amelia Sales
Verlag: Spielefaible
Spieler:innenanzahl: 2-4 Spieler:innen
Altersempfehlung Verlag: Ab 9 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Generationentauglich: Bedingt geeignet für Spieler:innen, der Anspruch ist der Gleiche, die Würfel auf die einzelnen Plättchen zu legen und wieder zu nehmen ist mühsam, der Überblick wird mit der Spieldauer zunehmend schwierig.