Ich und mein Holz – Woodcraft von Pegasus Spiele (Rezension)

Woodcraft | Expertenspiel | ab 12 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Vladimir Suchý & Ross Arnold | Pegasus

Naturthemen in Brettspielen sind aktuell sehr angesagt. Doch findet man diese meistens in Familienspielen. „Woodcraft“ macht nun die Blaubeere und die Haselnuss auch für das Expertenspiel salonfähig. Rein in die Holzwerkstatt und ran an die Säge.

Die Schachtel und drei Spielpläne im Anschnitt
Wollen wir was auf Holz basteln?

 

Das Spiel
Woodcraft
ist ein Expertenspiel von Vladimir Suchý & Ross Arnold und bei Pegasus erschienen. Es ist für 1-4 Spielende geeignet und kann ab 12 Jahren gespielt werden.

Bei „Woodcraft“ dreht sich alles um Holz. Dabei organisieren wir uns Würfel und basteln mit unseren Assistenten in unserer eigenen Werkstatt an Aufträgen. Am Schluss gewinnt die Person, die am meisten Haselnüsse gesammelt hat – die gelten hier als Siegpunkte.

Wir selbst verkörpern eine Art Waldelfe, bezahlen mit Blaubeeren und kümmern uns um das Wachstum von Bäumen. Sogar der Startmarker zeigt ein süßes Eichhörnchen. Lasst euch davon aber nicht täuschen. In „Woodcraft“ steckt das gleiche Expertenspielpotential wie etwa in „Underwater Cities“ oder „Praga Caput Regni, die ebenfalls von Autor Vladimír Suchý sind.

Das Spiel läuft je nach Personenzahl über 13 oder 14 Runden und der Ablauf einer jeden Runde ist einfach: Lasse zuerst deine gepflanzten Bäume wachsen, wähle dann fast ungehindert eins der sieben Aktionsplättchen vom Aktionsrad – am besten mit Bonus – und tausche zum Ende deines Zugs Blaubeeren gegen Siegpunkte ein, wenn du dir das leisten willst. Eine Auswahl an Nebenaktionen steht dir natürlich auch noch zu Verfügung, wie etwas das Manipulieren deiner Würfel über verschiedenen Ausbaustufen deiner Werkstatt. Das machen alle nacheinander, dann ist eine Runde auch schon zu Ende.

Detailblick auf das Ktionsrad mit verfügbaren Aktionen und den möglichen Boni
Wer hier zugreift, sichert sich gleich zwei verschiedene Boni.

Leider ist bei „Woodcraft“ nichts so leicht, wie es scheint. Im Kern des Spiels wollen wir möglichst viele Aufträge erfüllen. Die bringen uns einen Mix aus Geld, neue Materialien, Siegpunkten und Reputation. Um Aufträge aber erledigen zu können, brauchen wir jede Menge Würfel. Die gibt es in drei Farben: Grün, Gelb und Braun. Und nicht nur die Farbe müssen wir bei den Aufträgen entsprechend berücksichtigen, sondern auch die Augenzahl. Hat man selbst einen gelben Würfel mit der 6, braucht aber einen mit der 4, können wir Würfel aus unserem Bestand mit Sägeblättern kleinschneiden, um ihre Werte anzupassen. Alternativ sollte ich mich auf dem Markt umschauen und dort kaufen, was eine teure Angelegenheit ist. Auch wenn es Blaubeeren sind, mit denen wir bezahlen: Geld hat man bei „Woodcraft“ immer zu wenig.

Würfel liegen im Vordergrund. Das Spielboard zeigt die Werkstatt.
Bloß nicht den Überblick in der eigenen Werkstatt verlieren. Da muss alles ineinander greifen.

Wer geduldig ist, wartet darauf, dass die eigenen Bäume entsprechend wachsen und ihren Wert von alleine erhöhen, und baut währenddessen die eigene Werkstatt aus, stellt neue Gehilfen ein oder kümmert sich um den Einkauf von Kleimkram, wie etwa Leim, Sägeblattscheiben oder Restholzblöcke. Diese nutzt man entweder, um in der eigenen Werkstatt effizienter arbeiten zu können, oder man braucht sie sogar für das Erfüllen von Aufträgen. Wie gesagt, wir haben für alle diese Möglichkeiten immer nur eine Aktion pro Zug. Am besten plant ihr im Kopf schon zwei bis drei eurer Züge vor. So kommen möglichst viele Haselnüsse am Ende eurer Strategie raus. Aber vergesst nicht, dass schon nach knapp 13 Runden das Spiel zu Ende sein wird.

Zwischendurch unterbricht euch das Spiel in eurer Denkakrobatik und es kommt es zu Einkommensphasen. Vier Mal im Spiel werden je nach eigenem Fortschritt, der auf der Einkommenstafel festgehalten wird, immer wieder ein paar Blaubeeren ausgezahlt und Siegpunkte verteilt, aber so richtig reich wird man davon nicht. Das eigene Geldmanagement wird euch einiges an Nerven kosten. Den meisten Fortschritt macht man übrigens, wenn man die eigene Werkstatt ausbaut und Assistenten einstellt.

Die Einkommensleisten werden über Holzsteine angepasst
Vorsicht (Ver-)Rutschgefahr auf den Leisten

Natürlich gilt auch bei „Woodcraft“: abgerechnet wird am Schluss! Dann sichert man sich über die Ansehensleiste und die Menge erfüllter eigener Aufträge einen wertvollen Punkte-Boost und verrechnet noch restliches Material. Wer es zwischendurch geschafft hat, einen der offen ausliegenden Aufträge zu erfüllen, hat dann vielleicht auch die Nase vorne. Mindestens zwei Stunden wird euch das sicher kosten. Und wenn Leute am Tisch sind, die „Woodcraft“ noch nicht kennen, sicher noch länger. Denn auch wenn die Regeln sehr einfach sind, kann die Fülle an strategischen Möglichkeiten, die pro Zug zu Verfügung stehen, anfänglich für leichte Überforderung sorgen. Schenkt also den Leuten in der Runde ein bisschen Bedenkzeit. Wer einmal im Spiel ist, weiß die Phasen, in denen die anderen dran sind, dann sehr gut für die eigene Planung zu nutzen. So kommt man spätestens in einer zweiten Partie mit ein wenig mehr Überblick gut in einen Fluss, was sich dann auch auf positiv auf die Spieldauer auswirken wird.

Viel Material und Symbole können am Anfang etwas einschüchtern
Sieht schon strukturiert aus, oder? Und mit den vielen Symbolen kommt man dann auch schnell klar.

Wie ihr euch aber wahrscheinlich schon denken könnt, eignet sich „Woodcraft“ trotz sprachneutralem Material überhaupt nicht zum generationenübergreifenden Spielen. Die Steinchen, mit denen man auf den verschiedenen Boards seine Wertungen einstellt, sind mini, und überhaupt ist alles sehr klein und eher umständlich für die betagte Hand geraten. Das merkt besonders bei der Puzzle-Mechanik in der eigenen Werkstatt, wo man kleine Plättchen auflegen muss. Und wenn wir gerade dabei sind: irgendwie wirkt dieser Teil des Spiels auf mich, als wäre er nicht ganz stimmig. Aber das ist nur mein Eindruck. Ansonsten ist „Woodcraft“ für mich ein absoluter Knaller und hat sich schnell einen Platz in der Liste meiner Lieblingsspiele erobert.

 

Fazit
„Woodcraft“ ist ein Expertenspiel ganz nach meinem Geschmack. Ich komme mit dem Thema einer Holzwerkstatt prima zurecht und habe eine riesige Freude daran, meinen Spielzug vorzubereiten und dann auszuführen. Dabei muss ich aber immer schwierige Entscheidungen treffen, wie ich meine Taktik am besten erreichen kann. Und mit der Tatsache, dass Geld fehlt, muss man eben auch in „Woodcraft“ leben können. Planen, Würfel manipulieren, Boni abgreifen und noch in einem geringen Maß puzzeln – das ist für mich eine Rund-um-Wohlfühl-Kombination auf Expertenspielniveau. Dazu gib es auch noch einen Solomodus, wenn die anderen einmal keine Lust auf Blaubeeren und Haselnüsse haben.

 

Bewertung / Test
+ unverbrauchtes Thema
+ leichte Regeln mit vielen taktischen Möglichkeiten
+ sprachneutral
+ solo spielbar
– anfängliche Unsicherheit über die eigenen Züge
– Puzzleteil wirkt wie ein Fremdkörper im Spiel

 

 

(Eine Rezension von Oli Clemens)


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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”

  • ... Altersgruppe 12 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Woodraft (2002)

Spielidee: Vladimír Suchý & Ross Arnold
Grafik: Michal Peichl
Verlag: Pegasus | Delicious Games
Anzahl der Spielenden: 1-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 12 Jahren
Spieldauer: 2 Stunden aufwärts

Generationentauglichkeit: Nein, das Material ist sehr unhandlich.
Pädagogisch wertvoll: