Watson, ich kombiniere – Scotland Yard – Sherlock Holmes Edition von Ravensburger (Rezension)

Scotland Yard – Sherlock Holms Edition | Familienspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 6 Spielende | Ravensburger Verlag | generationentauglich

Wie naheliegend ist eigentlich die Idee – eine Verbrecherjagd quer durch London in die Welt von Sherlock Holmes, Dr. Watson und Professor Moriarty zu verlagern? Eben! Dennoch hat es knapp 40 Jahre gedauert, um den Spiel-des-Jahres-Gewinner von 1983 im veränderten Gewand dahin zu verlagern – endlich, wie ich finde! Warum? Das steht in diesem kurzen Beitrag.

Das Spielmaterial ausgebreitet auf dem Tisch - Der Londoner Spielplan dient als Schauplatz für die Jagd nach Professor Moriarty
Klassiker im neuen Gewand – der Sichtschutz darf genausowenig fehlen wie die Zugtafel von Professor Moriarty in früheren Versionen auch bekannt als Mr. X

Das Spiel
Scotland Yard – Sherlock Holmes Edition
ist ein Familienspiel und bei Ravensburger Verlag erschienen. Es ist für 2-6 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Der Vollständigkeit halber erlaube ich mir, das Spielprinzip von Scotland Yard kurz zusammenzufassen: Eine Person entscheidet sich für die Rolle des Mr. X – in der vorliegenden Version dann eben für Professor Moriarty, alle anderen Mitspielenden sind in der ursprünglichen Version Polizisten oder eben Sherlock Holmes und seine Unterstützer. Bei geringer Personenzahl gibt es noch neutrale Spielfiguren, die gemeinsam bewegt werden. Jede Person bekommt nun eine Startposition zugelost und stellt da den eigenen Spielmarker hin. Mr. X ebenfalls, doch wird diese Position geheim gehalten.

Nun gilt es Mr. X zu schnappen. Das geschieht ganz einfach dadurch, das eine Spielfigur der Ermittler auf dem gleichen Feld wie Mr. X steht. Einfach? Nicht so ganz, denn es steht ein begrenztes Kontingent an Fahrkarten zur Verfügung um sich per öffentlichem Transport durch London zu bewegen. 4x U-Bahn, 7x Bus und 10x Taxi, während Mr. X aus schier unbegrenzten Vorräten schöpfen kann und sogar mittels Black Ticket 2x im Spiel entweder über die Themse große Strecken zurücklegen kann, oder einen Ort wechselt ohne das Verkehrsmittel preiszugeben.

In regelmäßigen, vom Spiel vorgegebenen Abständen wird die Spielfigur von Mr. X für eine Runde sichtbar auf den Plan gestellt, bevor die gejagte Person in der nächsten Runde wieder untertaucht. Das Spiel gilt von den Verfolgern als gewonnen, wenn es gelingt Mr. X zu fangen. Mr. X gewinnt die Partie durch langen Atem – wenn die Spielfigur bis zum letzten Zug nach spätestens 22 Runden nicht festgesetzt wird.

Ausschnitt aus dem Londoner Stadtplan. Die Spielfigur der Farbe Blau steht als spielverstärkender Polizist nahe des Kensington Park
Rettungsring? Eher nicht – diese Ringe kennzeichnen die „Dummys“ – sie stärken die Polizei und dürfen 1x pro Runde ohne Ticket bewegt werden. Oder am Kensington Park verweilen.

Was macht die „Sherlock Holmes Edition“ nun also anders? Zunächst kommt sie in einem grafisch adaptiertem Gewand daher, das sich absolut sehen lassen kann! Die Änderungen sind klein aber fein. Die Tickets sind inhaltlich an entsprechende Transportmittel angepasst: Aus Taxi wird Kutsche, aus Bus wird Pferdebahn – die U-Bahn bleibt als Underground im Spiel. Der ganze Spielplan ist grafisch überarbeitet ohne dabei Altbewährtes zu verändern. Ich verliere mich gern in diesem Weltenmix aus viktorianischem Zeitalter und Steampunk.

In der Standardversion ist das alles noch als nette Zugabe zu verstehen, die Polizisten sind nun nicht nur anonyme Gesetzeshüter – sondern wir schlüpfen in die Rolle von Sherlock Holmes, Dr. Watson, Irene Adler, Inspector Lestrade oder Mycroft Holmes. In der Sherlock-Holmes-Spezialversion bekommen all diese Charaktere nochmal eine besondere Bedeutung. Jede der teilnehmenden Figuren besitzt eine Spezialfähigkeit, die 2x pro Spiel aktiviert werden kann. Es darf hier jedoch nur eine Spezialfähigkeit pro Runde aktiviert werden, d. h. wenn z. B. Sherlock Holmes bereits per Großfahndung den 1 der 4 Sektoren herausfindet, in dem sich Professor Moriarty momentan aufhält, dann darf kein anderer Charakter in der gleichen Runde eine weitere Spezialfähigkeit auslösen. Hier gilt es also gut als Team zusammen zu arbeiten.

3 Spielertableaus liegen auf dem Londoner Stadtplan
3 der Sherlock Holmes unterstützenden Charaktere mit Spezialfähigkeit – Irene Adler darf Professor Moriarty die Nutzung der Kutsche im nächsten Zug verbieten.

Doch damit nicht genug – auch die Siegchancen von Mr. X äh Professor Moriarty wurden verbessert: Mittels 3 zu Spielbeginn zufällig gezogener Tatortkarten erweitert sich das Repertoire der Möglichkeiten des Gesuchten. Moriarty darf, sofern sich die Spielfigur auf einem den Tatortkarten entsprechendem Spielfeld aufhält, ein weiteres Verbrechen begehen – gelingt das zum dritten Mal in einer Partie, ist der Professor siegreich – alternativ müssen 16 statt der üblichen 22 Spielrunden durchgehalten werden.

Der Spielplan von Professor Moriarty in Großaufnahme, daneben noch nicht benutzte Tickets.
Gewinnt Professor Moriarty am Ende das Katz- und Maus-Spiel quer durch London? Die Spezialversion wertet die Chancen zugunsten des Verbrechers auf!

Diese Sherlock-Holmes-Spezialversion macht besonders Spaß, weil sie das altbewährte Spielprinzip beibehält und ein paar mächtige Optionen wohl dosiert dem Spiel hinzufügt. Wird Professor Moriarty gar zu schnell gefangen, so steht einer weiteren Partie nichts im Wege – schließlich soll sich jeder einmal in der Rolle des Professors fühlen dürfen.


Fazit
Ich erinnere mich gut an „Scotland Yard“-Partien aus meiner Kindheit und Jugend – wie hoch schlug mein Herz, wenn sich die Polizisten immer näher an meinen eigenen Standort heranschlichen. Wann setze ich mein 2x Ticket ein – kombiniere ich es am besten mit einem Black Ticket? Da ich den Ermittelnden ja immer zuhören kann, könnte ich auch eine als von ihnen als abwegig abgetane Bewegungsoption nutzen. Moment – ist mein Sichtschutz eigentlich tief genug gezogen? Mit fast schon zitternden Händen trug ich die nächste Station ein und deckte sie mit einem weiteren Taxi Ticket ab. Scotland Yard hatte mich echt gepackt! Nun sehe ich das Spiel erneut und das gleich aus vielen anderen Blickwinkeln – plötzlich sitzen meine Kinder mir gegenüber und versuchen sich an der Rolle des Flüchtenden und ich kann ihre Aufregung nur zu gut verstehen!

Bei einem Spiel, das mittlerweile 40 Jahre seit der Erstauflage immer wieder gern gespielt wird, ist die Frage nach generationenübergreifendem Spielen schnell geklärt: JA – in beiden Versionen! Punktabzug in der B-Note: Manche Zahlen auf den Stationen werden zur Startaufstellung dann doch ein wenig länger gesucht als andere – das liegt nicht nur an der Zahlengröße und ist in meiner Beobachtung ebenfalls generationenübergreifend.

Die grafische Überarbeitung, die Rollen mit ihren Spezialfunktionen – alles fühlt sich wunderbar stimmig an. Wenn diese Spezialversion zu kompliziert erscheint, oder aufgrund der Verbrechensoptionen des Professors Bedenken zu Tage fördert, dann bietet die Standardversion den gleichen Spielspass wie früher. Wer Scotland Yard noch nicht gespielt hat, bekommt nun die Chance es nachzuholen, wer Sherlock Holmes Fan ist hat hier die Gelegenheit im spannenden Katz- und Maus-Spiel selbst Geschichten zu erzählen. Auch genau an diese Zielgruppen wendet sich diese Sherlock-Holmes-Edition: Getrost zugegriffen werden kann hier, wenn Scotland Yard in der eigenen Spielesammlung noch fehlt oder der Fanaspekt der von Arthur Conan Doyle geschaffenen Figur groß genug ist. Wer Scotland Yard bereits besitzt darf dennoch die Gelegenheit nutzen um einmal die Spezialversion zu erleben.

Stellt sich für mich abschließend die Frage, die vielleicht auch als Inspiration dient: Wann sehen wir das Thema in einer Legacy-Version? Ideen dafür hab ich genug!

 

Bewertung / Test
+ Spielgefühl genau wie beim Spiel des Jahres von 1983
+ Tolle Illustration und Überarbeitung des Klassikers
+ Sherlock-Holmes-Spezialversion mit überraschenden Wendungen im Spielverlauf

(Eine Rezension von Tobias Mallock)


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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Scotland Yard - Sherlock Holmes Edition (2022)

Spielidee: Manfred Burggraf, Dorothy Garrels, Wolf Hoermann, Fritz Ifland, Werner Scheerer, Werner Schlegel
Grafik: Victor Maristane, Franz Vohwinkel
Verlag: Ravensburger
Anzahl der Spielenden: 2 – 6 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 – 60 min

Generationentauglichkeit:  Ein Klassiker der Brettspiele – absolutes Ja – zur Not werden die Stationsnummern zu Spielbeginn eben mit der Lupe gefunden.