Unfair | Kennerspiel | ab 12 Jahren | 2 bis 5 Spielende | Joel Finch | Corax Games
So ein kleines bisschen fies spielen, sich gegenseitig mit einem Augenzwinkern auf die Mütze geben? Wer das nicht verträgt, ist hier falsch. Man kann „Unfair“ als ‚Funfair‘ auch ohne Boshaftigkeiten spielen. Das sieht die Regel als Einstiegsvariante vor, doch das ist nicht wirklich spannend, weil nur alle vor sich hin optimieren. Und: Die Karten und das Spielgeschehen sind nicht ausgewogen. Gerade das macht Spaß?!
Das Spiel
Unfair ist ein Kennerspiel von Joel Finch und bei Corax Games erschienen. Es ist für 2 – 5 Spielende geeignet und kann ab 12 Jahren gespielt werden.
Pro Person kommt ein Themenset ins Spiel. Fünf sind im Karton enthalten. Jedes Themenset besteht aus unterschiedlichen Kartenarten, die gilt es zunächst zu sortieren und mit den entsprechenden Stapeln der anderen Sets gut zu mischen. Je mehr mitspielen, desto größer ist die Vielfalt der Karten, denn jedes Set ist unterschiedlich.
Das wird nach diesem kleinen Aufwand beim Aufbauen schnell übersichtlich, wenn alle Karten an ihrem Platz liegen. Jeder bekommt fünf Parkkarten und kontrolliert, ob eine Attraktion dabei ist. Wenn nicht, werden fünf neue Karten gezogen.
Alle bekommen ihren Parkeingang, der bereits mit einem Stern, sprich mit einem Besucher, gekennzeichnet ist. Die ausgelegten Sterne geben am Rundenende Einkommen. Auf allen Parkkarten steht, was es kostet, sie zu bauen, worum es sich handelt und wo man sie bauen kann – oder auch nicht. Zu jeder Attraktion kann man nämlich Ausbauten vornehmen und sie damit verbessern.
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Der kleine Achterbahnwaggon führt durch unsere Runden, so wird nichts vergessen. Zu Beginn einer Runde ziehen alle eine Ereigniskarte. Die beschreibt einen guten Effekt für einen selbst oder einen bösen Effekt für die Anderen. Bevor Ereigniskarten ausgespielt werden dürfen (das ist freiwillig), wird zunächst das allgemeine Rundenereignis vorgelesen. Das sind die Stadt-Karten. Die ersten vier sind positiv, die letzten vier bringen Schwierigkeiten oder Nachteile. Wenn man verkürzt spielen will, legt man nur jeweils drei aus.
Das kann zunächst sein, dass es für alle sofort Geld gibt, bestimmte Karten verbilligt werden. Bei den roten Karten gibt es zum Beispiel die Anordnung, alle ausgespielten Angestellten wieder auf die Hand zu nehmen. Das kann den Sieg kosten. Es sind aber nie alle Stadtkarten im Spiel. Man weiß somit nicht, was kommen könnte. Unfair halt.
Rechts neben meinen Haupteingang kann ich bis zu fünf Attraktionen bauen und aufwerten. Auf die linke Seite kommen die Beschäftigten, die unterschiedlich stark sind und am Ende unterschiedlich viele Siegpunkte bringen. In allen Fällen gibt es günstige gute Karten und teure gute Karten.
In jeder Runde haben im Normalfall alle drei Hauptaktionen. Das kann sein eine Karte aus der Hand zu bauen, aus der allgemeinen Auslage. Ich kann Karten nehmen (die Details würden hier zu weit führen) oder im Falle knapper Kasse mir 1 Geld nehmen für jede meiner Attraktionen.
Wo ist neben der Unausgewogenheit der Karten denn nun das Unfaire? Mit den Ereigniskarten kann ich zum Beispiel eine gegnerische Attraktion für diese Runde schließen (große Freude, wenn der:diejenige eine passende Karte zum Abwehren hat), ich kann Beschäftige abwerben, sprich stehlen, oder auch gegnerische Ausbauten abreißen.
Es macht Sinn, vorher zu verabreden, dass böse gespielt werden darf und dass man sich auf jeden Fall hinterher wieder verträgt! Wie gesagt: Nur nett zu spielen und die Störungen nicht auszuspielen, lässt „Unfair“ seinen Reiz verlieren.
Beim Nehmen von Karten kann man sich in der ersten Hälfte der Partie auch zwei von den Blaupausen nehmen und eine oder keine behalten und geheim vor sich ablegen. Sie stellen Aufgaben, die kräftig Siegpunkte bringen, aber nicht so leicht zu erfüllen sind. Was leicht ist oder schwierig, das steht sogar auf den Karten. Bei Nichterfüllung werden beim Spielende 10 Siegpunkte abgezogen. Manchmal ist es klüger, beide Karten auf den Ablagestapel zu tun. Ebenso ist es möglich, sich Ereigniskarten zu nehmen um für die nächste Runde eine bessere Auswahl zu haben.
Weitere Feinheiten sind die thematischen Aufwertungen von Attraktionen, die einen Soforteffekt geben, der zumeist vorbereitet sein will. Habe ich fünf Sterne in meinem Park erreicht, darf ich eine der beiden Prestigeobjekte bauen, die mir zu Beginn zugelost wurden. Der Bau ist teuer, bringt aber einen dauerhaften Effekt, der ganz schön stark ist.
Überhaupt das Geld! Zu Beginn bekommen alle 20 Einheiten in griffigen Chips. Gut, wenn man unfairerweise durch Karten an Geld kommt. Ansonsten kämpft man gegen ständigen Mangel an. Eine Kreditaufnahme ist möglich, kostet aber für 5 Geld jeweils 10 Siegpunkte am Schluss. Das sollte man meiden.
Schafft man es trotzdem, kräftig zu bauen, ist bei einer Gästekapazität von 15 zunächst das Limit erreicht, das aber wiederum durch bestimmte Karten umgangen werden kann.
Am Schluss bringen die Attraktionen Siegpunkte ja nach Anzahl ihrer Symbole. Viele Ausbauten bringen auch viele Siegpunkte. Für je 2 Geld gibt es auch noch einmal Siegpunkte. Auch das kann eine Taktik sein, darauf zu gehen.
Die Anleitung ist ausführlich und erklärt mit Beispielen. Auf den letzten Seiten gibt es ein Glossar, das einige Begriffe nochmals erläutert. Das Heft ist wie das Material auch liebevoll mit Humor gewürzt. Davon zeugen auch der Startspielermarker in Form einer Eintrittskarte, die nur gelegentlich gebrauchten Würfel und die Hypnosemarker. Für die Endabrechnung gibt es einen vorgefertigten Block und einen schönen Bleistift, auch wenn es ohne beides ginge. Für alle gibt es eine Spielerhilfe mit der Endwertungskriterien auf der Rückseite.
Der Spielplan, der in der Hauptsache nur der Kartenauslage dient, hat Vor- und Rückseite. Diese unterscheiden sich in der Anordnung, je nachdem wie die Personen in der Sitzordnung bessere Einsicht haben. Trotzdem ist es bei mehreren Leuten am Tisch etwas schwierig, die Texte zu lesen. Vor allem für Neulinge, welche die Karten erst noch kennenlernen.
Fazit
„Unfair“ ist liebevoll gestaltet und macht Spaß. Das setzt allerdings – wie zumeist – die richtigen Leute am Tisch voraus. Als ‚Funfair‘ ohne den bösen Teil der Ereigniskarten ist es ein nettes Aufbauspiel mit Glücksfaktor. In der normalen Weise, bei der man sich gegenseitig ärgert, entfaltet „Unfair“ sein Potential. Man entdeckt nach und nach die Karten, deren Feinheiten und Synergieeffekte. Für mich hat es einen hohen Wiederspielreiz und ich würde mich über weitere Kartensets als Erweiterung freuen.
Ich könnte mir vorstellen, dass man mit „Unfair“ auch chronische Monopoly-Fans einfangen kann. Mit den Attraktionen und Aufwertungen ist es so ähnlich wie mit den Straßen und den Häusern. Allerdings kann man hier die Länge des Spiels anhand der Anzahl der Stadtkarten variieren. In meinem Spieletreff ist es gut angekommen.
Für Kinder ist es zu komplex, und für sie kann auch der Ärgerfaktor ein Problem sein. Für ältere Personen sind die Texte zu klein gedruckt und bei dem eher komplexen Geschehen ist es nicht ganz einfach den Überblick zu behalten. Das sollte kein Hindernis sein, spricht nur gegen die Generationentauglichkeit von „Unfair“.
Bewertung / Test
+ Schöne Mischung aus Taktik und (Un)-Fairness
+ Sehr thematisch, liebevoll umgesetzt mit schöner Ausstattung
+ hoher Wiederspielreiz wenn man die normale, sprich konfrontative Version spielt
– das Unfaire gefällt nicht allen
(Eine Rezension von Paul Theisen)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”
Unfair (2022)
Spielidee: Joel Finch
Grafik: Mr. Cuddington und Philippe Poirier
Verlag: Corax Games
Anzahl der Spielenden: 2-5
Altersempfehlung Verlag: ab 12 Jahren
Spieldauer: 25 Minuten pro Person ist realistisch, aber von den Mitpielenden abhängig
Generationentauglichkeit: Mit mehreren Personen am Tisch sind die Kartentexte der zentralen Auslage schwierig zu lesen. Auch in der eigenen Auslage erscheinen die Schriften recht klein, da auf den Karten viel untergebracht ist. Das Spielgeschehen ist recht verzahnt und somit komplex. Also generell weniger bis nicht generationentauglich.