Space Expatriate | Kennerspiel | ab 12 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Ihor Chulinda und Taras Tomyshch | al-Khwarizmi Games
Der Titel nimmt es bereits vorweg – Thema und Elemente großartiger Spiele finden sich bei „Space Expatriate“ wieder und fügen interessante Neuerungen hinzu. Was dabei herauskommt und wie es sich spielt? Lies weiter, denn ich habe es ausprobiert.

Das Spiel
Space Expatriate ist ein Kennerspiel von Ihor Chulinda und Taras Tomyshch und bei al-Khwarizmi Games erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 12 Jahren gespielt werden.
Wir bauen eine Raumstation. Daran koppeln wir verschiedene Module an. Diese widerum können wir in Missionen auf einen Planeten schicken um ihn zu kolonisieren und dadurch Punkte und Vorteile zu erhalten. Wenn eine bestimmte Anzahl an Kolonien errichtet wurde, ist Schluss. Doch der Reihe nach.
Mit wenigen Modulen starten wir in die Partie und noch sind unsere Spielzüge überschaubar. Wir können dabei zu Rundenbeginn aus 4 verschiedenen Möglichkeiten wählen: Lieferung um Ressourcen zu erhalten und bestenfalls auch erzeugte Energie zur Ressourcenumwandlung zu nutzen, Maschinenbau um unsere Station zu erweitern, Terraforming um eine Kolonisierungsmission zu starten und Militär, um einmal in bester Manier des Säbelrasselns einen Stärkevergleich durchzuführen und andere Raumstationen zu sabotieren.
Wähle ich eine der 4 Aktionen in meinem Zug, so führen sie alle Mitspielenden aus. Ich selbst erhalte einen Vorteil beim Ausführen – ein bekanntes und mir sehr willkommenes Spielelement, wie wir es durch Spiele wie „Race for the Galaxy“ und zuvor noch „Puerto Rico“ und „San Juan“ gut kennen. Jede Aktion ist pro Spielrunde nur einmalig verfügbar und erlaubt, wenn gewählt, die Hinzunahme eines Raumstationmoduls der entsprechenden Farbe.

Die einzelnen Aktionen sind mittels Spielerhilfe beinahe selbsterklärend. Die Aktion Lieferung ist dabei mit Abstande die Komplexeste und macht einen weiteren wichtigen Spielmechanismus aus. Weltraumschrott zwingt uns nämlich erhaltene Ware gleich wieder abzugeben. Da diese Information offen und für alle einsehbar ist, kann so die gegnerische Lieferung je nach vorhandenem Weltraumschrott empfindlich geschwächt werden.
Im direkten Anschluss an die Lieferung findet noch eine Produktion statt, die in Engine-Builder-Manier noch kleine quadratische Würfel umwandeln und hin und wieder sogar Terraformingpunkte generieren lässt.

Das Spielende wird eingeleitet, wenn je nach Anzahl der Mitspielenden 10 oder mehr Kolonien gegründet wurden, was durch die Aktion Terraforming geschehen kann. Was dann folgt habe ich – soweit ich mich erinnern kann – bislang in keinem kompetitivem Spiel erlebt!
Drehe ich die Spielerhilfe auf die Rückseite, offenbart sich mir ein Raster. Dort suche ich meine Anzahl der im Laufe der Partie erhaltenen Terraformingpunkte in der Zeile, die der Anzahl meiner Kolonien entspricht und finde im Schnittpunkt die Spalte, die das in Punkte umwandelt und ermittle so die Platzierungen in einem Spiel „Space Expatriate“. Hierbei gilt: Je mehr Kolonien ich gründe, desto weniger Terraformingpunkte benötige ich für eine hohe Punktzahl am Spielende und umgekehrt.

Bei keiner Art von Spiel finde ich so eine hohe Varianz in der Komplexität wie bei Kartenspielen. „Space Expatriate“ siedle ich im Kennerspielbereich an. Das Spielmaterial stellt sich durch viele verschiedene Karten dar, die Würfel der Waren sind kleine Kunststoffwürfel in verschiedenen Farben.
Neben Markern, die beim Ausführen der Militäraktion eine Rolle spielen, um Über- und Unterlegenheit rasch anzuzeigen und um die startende Person der nächsten Runde zu bestimmen, ist ein schön anzusehender und schwerer Marker für den Rundenstart mit dabei.
Die Spielanleitung und sämtliche Texte im Spiel sind in englischer Sprache und enthalten viel Kleingedrucktes. Damit scheidet das generationenübergreifende Spiel aus meiner Sicht schon ziemlich zu Anfang aus. Eine Ikonographie, wie sie mittlerweile in sehr vielen Spielen an die Regeln und Aktionsmöglichkeiten erinnert, würde „Space Expatriate“ sicher zu einem leichteren Einstieg verhelfen können.
Fazit
Der Einstieg ins Spiel fühlt sich ob der unterschiedlichen Komplexität der einzelnen Aktionen etwas schwerfällig an, zusätzlich entscheide ich mich sowohl bei Lieferung als auch bei Militär innerhalb der Aktion noch für eine Unterkategorie. Einmal im Spielfluss funktioniert „Space Expatriate“ dann erstaunlich gut.
Mit einer klaren Ikonographie statt mit viel Text könnte das Spiel möglicherweise noch mehr Menschen an den Spieltisch holen. So wirkt es auf mich ein wenig wie ein Spiel, das in seiner Nische bleibt. Dass viel Liebe in der Entwicklung und viel Arbeit beim Balancieren der Aktionen in das Projekt gesteckt wurde, ist für mich mittlerweile gut spürbar, denn keine der Aktionen ist übermächtig oder schier bedeutungslos.
In den Partien um das Spiel kennenzulernen wurde die Aktion der Lieferung sehr häufig gewählt und ein eher langsamer Aufbau der Weltraumstation beobachtet. Genau das kann in anderer Zusammensetzung der Mitspielenden ganz anders ablaufen. Mittels Maschinenbau und Terraforming erscheint es mir denkbar einen wahren Sprint zum Auslösen des Spielendes durchzuführen. „Space Expatriate“ ist also ein Spiel, das voller Möglichkeiten steckt und darüber hinaus einen interessanten Endwertungsmechanismus bietet.
Wenn du vom Thema begeistert bist, dann schau gern näher hin – es ist spürbar, wenn auch nicht vordergründig. Wenn dich der Mechanismus von Spielen wie „Race for the Galaxy“ oder „San Juan“ begeistert dann komm gern noch einen Schritt näher, denn in „Space Expatriate“ findest du eine neue Variante dieses Auswahlverfahrens, das mit kleinen Abwandlungen neu dekoriert wurde. Du benötigst ein wenig Geduld für den Einstieg und wirst mit einem belohnenden Spielgefühl dafür entschädigt.
Bewertung / Test
+ gelungene Kombination bekannter Spielmechanismen gepaart mit neuen Elementen
+ verschiedene Strategien möglich
+ interessantes Wertungssystem am Ende des Spiels
– auch für Kenner der Spielmechanismen erfordert der Spieleinstieg Geduld
– keine Ikonographie
(Eine Rezension von Tobias Mallock)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”
Space Expatriate (2022)
Spielidee: Ihor Chulinda, Taras Tomyshch
Grafik: Michele Bertilorenzi
Verlag: al-Khwarizmi Games
Anzahl der Spielenden: 2 – 4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 12 Jahren
Spieldauer: 30 – 90 Minuten
Generationentauglichkeit: Nein – sämtliche Texte im Spiel sind dafür zu bedeutsam und zu klein.