Wolkenkratzer trifft Bioprojekt – Neoville von HCM (Rezension)

Neoville | Familienspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Phil Walker-Harding | Blue Orange im Vertrieb von HCM | generationentauglich

Städteplanung als Legespiel: mit viel Material kommt hier ein Familienspiel, das durchaus Überlegung und taktische Planung erfordert. Solide, aber doch habe ich einige kritische Anmerkungen.

Spielkarton und Inhalt

 

Das Spiel
Neoville ist ein Familienspiel von Phil Walker-Harding und bei HCM erschienen. Es ist für 2 – 4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.

Die Legeplättchen und das System, mit dem man diese auslegt, erinnert mich sehr an Kingdomino. Wer an der Reihe ist, legt eines der Kärtchen aus der eigenen Hand in die eigene Auslage. Am Ende entsteht ein Feld von 4 x 4 Kärtchen. Sie zeigen vier Landschaftsarten in unterschiedlicher Mischung und auf manchen ist eine Sportanlage oder ein Park abgebildet, zudem gekennzeichnet mit dem entsprechenden Symbol.

Die Auslage zu Beginn. vier offen liegende Plättchen zur Auswahl. Drei Startkarten des Spielenden
Für jeden Spielenden gibt es eine Startkarte genäß der Reihenfolge, dazu zwei zufällige Plättchen.

 

Nach dem Spielzug ergänze ich meine Kärtchenhand wieder auf 4, wobei ich mich an der offenen Auslage bedienen oder vom Stapel ziehen kann. Ziel ist zunächst schon mal von einer Landschaftsart möglichst viel zusammenhängende Felder liegen zu haben. Nachdem ich ein Kärtchen gelegt habe kann ich eines der passenden Wolkenkratzer nehmen. Da ist es wichtig, die Auslagen der Mitspielenden im Auge zu haben. Nehme ich frühzeitig einen hohen, entsprechend punkteträchtigen Wolkenkratzer habe ich vielleicht Mühe, die Bedingung bis zum Spielende zu erfüllen. Bin ich zu zögerlich und setze die Häuser erst ein, wenn ich die Bedingung bereits erfüllt habe, kommen mir die Mitspielenden wahrscheinlich zuvor.

Eine Auslage von sechs Plättchen mit je vier Landschaftsarten, darauf ein Hochhaus und ein Porjektmarker

Denn von jedem Wolkenkratzer gibt es nur ein Exemplar. Mit den Karten auf meiner Hand lässt sich durchaus vorplanen, wobei die Anordnung der Landschaftsfelder oft nicht passt. Auf dem Foto ist es zum Beispiel das Plättchen links unten: Wie super wäre es, wenn es aus drei Lehmfeldern bestehen würde. Dann bestünde die Aussicht, mit weiteren Plättchen ein großes Lehmfeld zu errichten und somit einen Wolkenkratzer mit hoher Punktzahl bereits jetzt daraufzustellen. 12 ist die Höchstzahl, 4 die niedrigste.

Im fortschreitenden Spiel kommt die Begrenzung des Spielfelds zum Tragen und grenzt die Möglichkeiten ein.

Vier Beispiele für die unterschiedlichen Hochhäuser

Die zweite, nicht minder entscheidende Wertungsart sind die Bioprojekte. Da gibt es drei Sorten, von denen vor Beginn zwei Sorten ausgewählt werden und -je nach Zahl der Spielenden- jeweils 5 bis 7 auf den Tisch gestellt werden. Diese beziehen sich nicht auf die Feldergrößen sondern auf bestimmte Anordnungen. Es ist eine Platzierung vorgeben (da ist es von Vorteil früh die 4 x 4 erreicht zu haben), eine Anzahl von Sonderfeldern (da zählen die zwei Linien, die durch den Kreuzungspunkt des Markers bestimmt sind) oder als Drittes eine bestimmte Anordnung zusammenhängender Landschaftsfelder.

Vier Beispiele für die Bio-Projektarten

Beim Spielzug lege ich zunächst ein Plättchen aus, kann dann entweder ein Haus stellen oder ein Bioprojekt. Mit fortschreitendem Spiel wird immer klarer, welche Bedingungen erfüllt werden können und da gilt es, früher als die Anderen zuzugreifen, selbst auf die Gefahr hin, es vielleicht doch nicht zu schaffen.

Das macht den Reiz von Neoville aus: das Puzzlen der Kärtchen mit begrenzt möglicher Vorplanung und die Spannung, rechtzeitig die punkteträchtigen Häuser oder Bioprojekte zu bekommen. Es spielt sich weitgehend solistisch, hat aber natürlich Wettlaufcharakter.

Es ist ein großer Karton mit viel Material: die Wolkenkratzer brauchen zusammengebaut Platz ebenso wie die vielen Bioprojekte. Vor Beginn einer Partie ist erstmal zu Sortieren und Bereitzustellen. Ich finde die Wolkenkratzer nicht so gut zu unterscheiden, da sie alle himmelblauen Hintergrund haben. In der Anleitung sind nur drei von vier im Beispiel abgebildet. Zudem neigen sie zum Umkippen. Gerade älteren Menschen passiert das schnell. Auf dem eigenen Spielfeld versperren sie etwas die Sicht.

Die Bioprojekte haben zur Unterscheidung Symbole, nach denen man die drei Arten problemlos sortieren kann. Aber die entscheidende Symbole für die Punktwertung sind in Weiß auf Hellblau, zudem klein abgebildet. Gerade mit Mehreren am Tisch macht das etwas Mühe. Dagegen ist die Ikonografie klar und weitgehend selbsterklärend.

Von der Spielpraxis her wären runde Pappmarker praktischer gewesen. Dann hätte das Spiel auch in einen weitaus kleineren Karton gepasst. Die Ausstattung so wie sie jetzt ist macht natürlich optisch mehr her. Für ältere Menschen dürfte sie das Spielen eher erschweren.

Die Anleitung ist solide, ein Glossar für die Bioprojekte macht ein Nachschlagen einfach. Die Regeln sind ja nicht schwer und in sich logisch. Die Landschaftskärtchen sind stabil, gut greifbar und die Farben sind sehr gut unterscheidbar und durch Strukturen unterstützt. Es sollte auch für Personen mit Farbsehschwäche gut spielbar sein.

Haben alle das Feld von 4 x 4 Plättchen erreicht, endet die Partie. Man prüft, welche Bedingungen erfüllt sind bei den Wolkenkratzern und den Bioprojekten. Was geklappt hat, bringt Pluspunkte entsprechend des Aufdrucks. Was nicht geschafft wurde, zählt ebenso als Minuspunkte. Das ist schnell abgerechnet.

Fazit

Neoville ist ein solides Familienspiel, das zum Tüfteln einlädt und Spaß macht. Es gibt Varianz durch die unterschiedliche Auswahl der Bioprojekte von Partie zu Partie. Man kann es sich wie eine Fortschreibung von Kingdomino vorstellen. Auch hier muss ich mit den Möglichkeiten arbeiten, die mir zu Beginn eines Zuges angeboten werden. Es lässt sich nicht durchplanen, aber gerade das macht auch den Reiz aus.

Der Aufbau zu Beginn mit dem Sortieren der Wolkenkratzer und der Bioprojekte können hin und wieder davon abhalten, es auf den Tisch zu bringen. Wie schon erwähnt finde ich die 3D-Elemente zwar optisch schön, aber eher unpraktisch. Weil sie schnell umkippen und auf dem eigenen Spielfeld den Überblick erschweren, halte ich Neoville für nicht generationengeeignet.

Ich sag mal so: ich finde, es ist schon ein gutes Spiel. Doch von Phil Walker-Harding, dessen Handschrift hier gut zu erkennen ist, gibt es bessere.

Bewertung / Test
+ schnell erklärt, passende taktische Tiefe
+ schön gestaltet und solide produziert
– Wolkenkratzer kippen leicht, Aufbau eher aufwändig

 

 

(Eine Rezension von Paul Theisen)


Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)

 

Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiel”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Neoville (2021)

Spielidee: Phil Walker-Harding
Grafik: Ingenius Studios
Verlag: Blue Orange im Vetrieb von HCM
Anzahl der Spielenden: 2 – 4
Altersempfehlung Verlag: ab 10 Jahren

Spieldauer: 30 – 45 Minuten

Generationentauglichkeit: leider nein: die Wolkenkratzer kippen schnell, sind etwas schwer unterscheidbar, die Ikonographie auf den Bioprojekten ist zu klein. Vom Spielspaß her wäre es generationentauglich

Pädagogisch wertvoll: fördert Konzentration und etwas taktisches Planen