Verschiebetechnik – Umbrella von Huch! (Rezension)

Umbrella | Familienspiel | ab 8 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Benoit Turpin und Flavien Dauphin | Huch! | generationentauglich

Wenn jemand bei uns in Franken sagt: „I glab I hob Umbrella!“ („Ich glaube, ich habe einen Preller, einen Schwips“) hat das nichts mit Regenschirmen zu tun, sondern mit Alkoholkonsum. Das Spiel „Umbrella“ hat im Ablauf auch kaum etwas mit Regenschirmen zu tun, sondern mit dem ansprechenden Design. Verbirgt sich dahinter eine interessante Mechanik?

Spielkarton und Inhalt, darunter ein bunter Regenschirm

Das Spiel
Umbrella ist ein Familienspiel von Benoit Turpin und Flavien Dauphin und bei Huch! erschienen. Es ist für 1 – 4 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.

Zunächst einmal staunt man über das schöne Material: Double-Layer-Boards, stabile Plättchen und vor allem die vielen Holzscheibchen mit Regenschirmdesign in vier Farben. Alle bekommen ein Board, da ist farblich vorgegeben, wie zum Start die Regenschirme zu platzieren sind. Dann gibt es eine zentrale Auslage in der Tischmitte und jeweils zwischen zwei Spielende wird ein Bord gelegt, die Wartezone. Überall dort und unten auf den Bords der Spielenden werden vier Schirme in den vorhandenen Farben gelegt.

So hat man in allen vier Richtungen Plättchen zur Auswahl, um sie entsprechend von oben, unten, rechts oder links in das eigene Bord einzuschieben. Alle bekommen zwei Aufgabenplättchen. Das Sternchen bestimmt die Ausrichtung.

Spielaufbau aus der Perspektive eines Spielenden

Aufgabe ist es nun, durch Schieben eine der Aufgabenplättchen zu erfüllen. Die vorgegebene Anordnung muss mit Plättchen gleicher Farbe erreicht werden. Das Schieben von Plättchen erinnert an den Klassiker „Das verrückte Labyrinth“, zuletzt besprochen in der „Team Edition„. Habe ich eine Aufgabe erfüllt, reiche ich sie weiter an die Person links von mir und bestimme selber, ob es die Vorderseite sein soll oder die Rückseite, hell oder dunkel.

Beispiele für Aufgabenplättchen

Im Beispiel unten ist die rechte, helle Aufgabe erfüllt mit den grünen Regenschirmen. Die linke, dunkle Aufgabe ist fast erfüllt. Ein Schirm von links in die untere Reihe eingeschoben und sie ist fertig. Für eine fertige Aufgabe darf ich auf dem Wertungsfeld einen Schirm der jeweiligen Aufgabe mit einem Marker abdecken. Habe ich dabei ein Feld komplettiert, gibt es am Schluss die Zusatzpunkte darüber.

Eine Aufgabe ist erfüllt, eine weitere fast

Für das Einschieben eines Schirms, eines Plättchens muss ich das Plättchen auf der Gegenseite anheben, sonst funktioniert das nicht.

Nahaufnahme eines Tableaus vor dem Verschieben

Die Wertungsleisten gibt es in vier Abstufungen von leicht bis schwierig. Die Aufgabenplättchen haben in etwa den gleichen Schwierigkeitsgrad auf beiden Seiten.

Vier Wertungsleisten unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades

„Umbrella“ kann auf unterschiedliche Weise enden. Die Anzahl der Wertungsmarker ist auf die Personenzahl bezogen. Sind diese verbraucht, endet die Partie. Was häufiger passiert: das letzte Aufgabenplättchen wurde weitergegeben. Hausregel: erst dann ist die Partie beendet, wenn jemand an der Reihe ist und kein Aufgabenplättchen hat. In der laufenden Runde kann ja noch eines von der Person rechts kommen. Letzte Möglichkeit: jemand hat alle Felder auf der Wertungsleiste belegt. Das ist zumindest in meinen Runden noch nicht passiert.

Die Abrechnung ist schnell geschehen. Jeder Wertungsstein zählt zwei Punkte. Dazu kommen die erreichten Zusatzpunkte auf der Wertungsleiste. Jedes Plättchen auf der unteren Wartezone zählt einen Minuspunkt. Ist sie leer, gibt es zwei Pluspunkte.

Die Anleitung ist gross gedruckt und sehr gut verständlich. „Umbrella“ ist generationentauglich mit der kleinen Einschränkung, dass es beim Schieben Feinmotorik benötigt, damit nichts versehentlich durcheinander gerät. In der Solo-Variante werden herausgeschobene Plättchen aus dem Spiel genommen. Das begrenzt die Entscheidungen und erfordert mehr Planung. Auch hier geht es um das Erreichen einer möglichst hohen Punktezahl.

Fazit

„Umbrella“ hat durch seine schöne Gestaltung einen hohen Aufforderungscharakter. Die Regeln sind schnell erklärt und dann kann es losgehen mit dem Tüfteln. Das ist, wie bei „Das verrückte Labyrinth“ für Geübte eher einfach. Zu Zweit war es die Frage, ob es für eine Person zur Erfüllung einer Aufgabe einen Schritt mehr braucht, denn die andere Seite hatte schnell gewonnen, weil deren beide Aufgaben direkt hintereinander erfüllt waren. Das ist unbefriedigend. Es hilft die Hausregel, dass man erst gewonnen hat, wenn man keine Aufgaben mehr hat sobald man an der Reihe ist. Oder man spielt gleich mit drei Aufgabenplättchen pro Person.

Naturgemäß spielt sich „Umbrella“ eher solistisch. Lediglich bei der Wahl, ob Vorder- oder Rückseite beim Weitergeben einer Aufgabe gilt es, sich das Tableau des Mitspielenden anzuschauen. Die Sonderpunkte für das Erfüllen eines Feldes in der eigenen Wertungsleiste sind wichtig. Zunächst ist es egal, mit welcher Farbe ich eine Aufgabe erfülle. Später dann nicht mehr, was die Herausforderung erhöht.

Man muss solche Tüftelspiele mögen, um Spaß daran zu haben. „Umbrella“ ist deshalb nicht für jeder Spielerunde geeignet. Kinder üben Konzentration, so lange das Erfüllen der Aufgaben gelingt und die anderen durch Schnelligkeit nicht immer neue Aufgabenplättchen einbringen. Bei älteren Menschen ist es eher eine Frage der Feinmotorik: das Plättchen am anderen Ende anheben, um ein neues einschieben zu können. Ebenso die Platzierung der Wertungssteinchen, auch da sollte möglichst nichts verrutschen. Das sind alles kleine Hindernisse, dem generationsübergreifenden Spielen sollte aber nichts wirklich im Wege stehen.

Der Wiederspielreiz lässt allerdings nach. Auch bei Änderung der Wertungsleisten macht man letztlich das Gleiche. Es steht fast immer ein geeignetes Plättchen auf einem Wartefeld um eine Aufgabe erfüllen zu können. Trotzdem: die schöne Gestaltung tröstet über Schwächen hinweg. Aber: bei meinem letzten Spieletreff hat es begeisterte Spielerinnen gefunden, die fünf Partien hintereinander Spaß hatten.

Bewertung / Test
+ ansprechende Gestaltung mit Aufforderungscharakter
+ leichte Regeln, Aufgaben gut zu bewältigen
– geübte Spielende (und sei es durch das verrückte Labyrinth) sind kaum zu schlagen

(Eine Rezension von Paul Theisen)


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Umbrella (2024)

Spielidee: Benoit Turpin und Flavien Dauphin
Grafik: Vincent Dutrait
Verlag: Huch!
Anzahl der Spielenden: 1 – 4
Altersempfehlung Verlag: ab 8 Jahren

Spieldauer: 20 – 30 Minuten

Generationentauglichkeit: ja, mit der kleinen Einschränkung, dass es Feinmotorik braucht beim Verschieben

Pädagogisch wertvoll: konzentrationsfördernd