Die Stadt mit dem gewissen Dreh – Architectura von Game Brewer (Rezension)

Architectura | Kennerspiel | ab 8 Jahren (eigene Altersempfehlung ab 12 Jahren) | 2 bis 4 Spielende | Petr Tyulenev | Game Brewer 

Immobilien haben einen bestimmten Wert. Dieser Wert wird von vielen Gegebenheiten beeinflusst. Kriterien wie Ausstattung, Größe und vor allem die Lage sind ausschlaggebend. Für eine Immobilie macht es einen großen Unterschied, ob auf der Grünfläche nebenan ein Park oder eine Kaserne gebaut wird.
Und da hätten wir auch schon das Spielprinzip von „Architectura“. Ihr baut Tempel, Villen und Märkte und verbessert oder verschlechtert dabei den Wert der angrenzenden Gebäude. Da bleibt es bis zum Schluss spannend, wer sich den höchsten Immobilienwert erbauen kann.

Spielkarton und Inhalt

 

Das Spiel
Architectura
 ist ein Familienspiel von Petr Tyulenev und bei Game Brewer erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden. Eigene Altersempfehlung ab 12 Jahren.

Zu Spielbeginn legt ihr in der Tischmitte die Blockkarten von 1 bis 8 aus. Sie geben das Raster vor. Eure Stadt besteht aus 8 Blocks (=Spalten) und 2 bis 4 Straßen (=Reihen). Die Anzahl der Straßen richtet sich dabei nach der Anzahl der mitspielenden Personen.
Dann verteilt ihr an alle ein Kartendeck bestehend aus 12 Karten und 2 Schutzmarkern der dazugehörigen Farbe. Die Grunddecks sind identisch. Sie unterscheiden sich nur durch ihre Spielfarbe. Für spätere Partien und mehr Varianz liegen dem Spiel individuelle Zusatzkarten bei, die die Kartendecks asymmetrischer gestalten.

Kartenhand und Aufbau zu Beginn
Dann starten wir mal!

 

Die Karten selbst haben an jeder Kartenseite ein Banner mit unterschiedlichen Punktewerten aufgedruckt. Der aktuelle Wert einer Karte ist immer oben rechts ersichtlich. Gestartet wird mit dem Grundwert eines Gebäudes, rechts neben dem Gebäudenamen. Im Laufe des Spiels werden die Karten gedreht und verbessern (im Uhrzeigersinn) oder verschlechtern (gegen den Uhrzeigersinn) damit ihren Wert.

Mischt euer Kartendeck, nehmt 3 Karten davon auf die Hand und legt die restlichen Karten als Nachziehstapel vor Euch ab. Euer Spielzug besteht aus folgenden Schritten: Karte ausspielen, Kartenwerte vergleichen und Karteneffekt ausführen. Wer also am Zug ist, wählt eine seiner Handkarten und legt sie in das Raster in der Tischmitte.  Dabei gelten folgende Legeregeln:

  • Es muss angrenzend von links nach rechts auf ein freies Feld gebaut werden.
  • In einer noch leeren Straße muss bei Block 1 begonnen werden.
  • Eine zerstörte Karte (=verdeckt liegende Karte) kann überbaut werden.
  • Zusatzregel bei 3 und 4 Personen: Es dürfen keine 3 Karten der gleichen Farbe in einer fortlaufenden Straße gebaut werden

 

Spielsituation mit fortgeschrittener Kartenauslage
Es wurde bereits gebaut, gedreht und zerstört.

 

Nachdem ihr eure Karte platziert habt, vergleicht ihr sie mit dem links anliegenden Gebäude. Liegt links keine oder eine verdeckte Karte, entfällt dieser Schritt. Für den Vergleich ist es völlig unerheblich, ob es sich dabei um eines deiner Gebäude handelt oder jemand anderem gehört. Ist der Wert der linken Karte

  • niedriger, dann verliert sie an Wert. Dreht sie um 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn auf den niedrigeren Kartenwert. Liegt sie bereits auf dem niedrigsten Wert, passiert nichts.
  • sogar zweimal niedriger, wird die Karte zerstört. Dreht dazu die Karte um.
  • gleich. Es passiert nichts.
  • höher, dann gewinnt sie an Wert. Dreht sie um 90 Grad im Uhrzeigersinn auf den höheren Kartenwert. Liegt sie bereits auf dem höchsten Wert, passiert nichts.

Im Anschluss daran dürft ihr den Karteneffekt eurer eben gebauten Karte ausführen. Mögliche Effekte können sein „Du darfst eine beliebige Karte drehen„, „Die nächste Karte, die du ausspielst ist geschützt„, „Du darfst eine angrenzende Karte zerstören“ und vieles mehr. Damit sind nicht nur die Kartenwerte ausschlaggebend dafür, wo die Karte platziert wird. Auch die Effekte sind besonders stark, wenn man auf den richtigen Zeitpunkt und eine gute Lage achtet.

Kartenbeispiel
Ich überbaue die Kaserne mit der Villa und mache Punkte gut.

 

Nach eurem Zug zieht ihr wieder auf 3 Karten nach. Der oder die Nächste ist an der Reihe. Das Spiel endet, sobald niemand mehr eine Karte spielen kann oder die Stadt komplett gefüllt ist. Wessen Gebäude zusammengezählt den höchsten Wert ergeben, hat den Wettstreit um „Architectura“ gewonnen.  

 

Fazit
Wie im richtigen Leben ist auch bei „Architectura“ die Lage einer Immobilie entscheidend. Eure Entscheidung, welche Karte ihr wohin baut, wird sehr stark vom Wert der bereits ausliegenden Gebäude gesteuert. Mit eurer Wahl könnt ihr entweder eigene Gebäude aufwerten oder die Gebäude der anderen abwerten. Zudem sind die Effekte der Karten besonders stark, wenn die Lage passt.

Die Spielregeln haben Lust auf das Spiel gemacht. So ganz konnte „Architectura“ das erwartete Spielgefühl aber leider nicht transportieren. In den Grundzügen ein taktisches Spiel, macht es die begrenzte Anzahl an Handkarten dann doch sehr glückslastig. Kartenwerte und Effekte können verpuffen, wenn man sie nicht zum richtigen Zeitpunkt ausspielen kann.

Wer aber ein interaktives und konfrontatives Spiel für Zwischendurch sucht, ist mit „Architectura“ gut bedient. Das Spiel lebt von der Interaktion. Und wie bei allen konfrontativen Spielen braucht es eine gewisse Frusttoleranz, wenn einem Gebäude zerstört werden. Was wiederum aber Spannung bis zum Schluss garantiert. Für den Widerspielreiz und Varianz liegen dem Spiel Zusatzkarten bei. Sie bringen neue Effekte und gestalten die Kartendecks asymmetrisch.

Die Altersempfehlung ab 8 Jahren finde ich zu niedrig angesetzt. Es sind viele Zusammenhänge und Effekte zu berücksichtigen, sodass „Architectura“ für mich über den Familienspielbereich hinausgeht. Zudem sehe ich es auch nicht als Generationenspiel. Der Text auf den Karten ist dafür zu klein geschrieben. Und eine grundsätzliche Herausforderung haben all diejenigen, die auf der „falschen“ Tischseite sitzen: Sie müssen das Spielgeschehen kopfüber im Blick behalten. Was bei den Drehungen einmal im und dann wieder gegen den Uhrzeigersinn gar nicht so einfach ist.

 

Bewertung / Test
+ interaktiv
+ kurze Spieldauer und trotzdem eine gewisse Spieltiefe
+ Zusatzkarten für mehr Variabilität
+/- konfrontativ
– man hat das Spiel nicht immer selbst in der Hand
– glückslastig

 

 

(Eine Rezension von Monika Glashauser)


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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiel”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altersgruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Architectura (2018)

Spielidee: Petr Tyulenev
Verlag: Game Brewer
Grafik: Pavel Atamanchuk
Anzahl der Spielenden: 2-4 Spielende
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren.
Eigene Altersempfehlung: Ab 12 Jahren.
Spieldauer: 30 – 45 Minuten
Generationentauglichkeit: Nein, für ein Generationenspiel sind die Texte auf den Karten zu klein geschrieben.