Redwood | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 1 bis 4 Spielende | Christophe Raimbault | Sit Down! | generationentauglich | pädagogisch wertvoll
„Sonne lacht – Blende 8“ – „finstere Nacht – Blende 8“. Mit solchen Sprüchen brachte mir mein Großvater vor vielen Jahren das Fotografieren mit einer Spiegelreflexkamera bei. Mittlerweile können die aktuelleren Modelle der Smartphoneanbieter viele der Funktionen auch und ein Foto machen ist mittlerweile aus vielen Alltagen nicht mehr wegzudenken. Für mich wird Fotografie immer dieses ganz besondere Hobby, dieser sehr persönliche Blickwinkel bleiben – egal wie das Bild nun entsteht. Das können wir in Redwood nun nachspielen – ob das veraltete Technik ist, oder intuitiv funktioniert? Finde es mit mir gemeinsam heraus!

Das Spiel
Redwood ist ein Kennerspiel von Christophe Raimbault und bei Sit Down! erschienen. Es ist für 1-4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.
Moment Christophe Raimbault? Kennen wir den nicht von „Colt Express„? Ja genau, der Autor ist kein geringerer als der Entwickler des Spiel des Jahres 2015. Diesmal entführt er uns in eine ganz andere Welt, in den Wald, an den Fluss in die Wiesen – kurz gesagt hinaus in die Natur. Alleine oder mit bis zu 3 weiteren Personen erkunde ich mit der Kamera bewaffnet meine Umgebung. Das Ganze passiert über 5 Runden – abschließend folgt eine (Aus)Wertung meiner Fotos.

Beginne ich die Runde, so wähle ich zuerst einen braunen Fortbewegungsmarker und ein Objektiv. Das muss ich zu Beginn meines Zuges tun und dabei schon abschätzen, was hier passen könnte und vor allem, was ich auf meinem Foto haben möchte. Je nach Blickrichtung, habe ich dabei einen anderen Hintergrund und Pflanzen, am besten sogar Tiere mit drauf. Den Stand der Sonne möchte ich beachten, das wird dann bestimmt ein perfektes Foto. Zusätzlich gibt mir jeder Tag auch noch andere Bonusaufgaben, für die ich Tannenzapfen erhalten kann.
Wer nun schon einmal im Wald und besser noch, abseits eines Weges unterwegs gewesen ist, der weiß dass es vielleicht eine Sichtlinie gibt, ich jedoch nicht immer geradeaus laufen kann. Wilde Tiere möchte ich schon gar nicht aufschrecken, denn die möchte ich ja für mein Motiv mit auf das Foto bekommen. Gar nicht so einfach also, mit dem anfangs gewähltem Weg und Objektiv alles aufs Bild zu bekommen. Das Objektiv ist hier eher so das Modell einer Festbrennweite – zwar leistungsstark in der Belichtung, jedoch weniger flexibel was den Winkel angeht.
Spätestens durch das Klicken meiner Kamera wird das Tier, sofern es sich im Fokus befand aufgeschreckt und verlässt den Sektor. Das kann vor allem nachfolgenden Personen einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen, weil es sich möglicherweise eben noch in Reichweite befand und schon das Weite gesucht hat.

Auch wenn mal ein Tier davonläuft, so bietet die Wildnis genug um schöne Motive zu erstellen und auf einem Foto festzuhalten. Das beschreibt das Spielgefühl auch sehr gut – kein Mangel, sondern ganz viel Fülle und Belohnung. So wird eben am Ende die Person belohnt, die am meisten sammeln konnte. Zum Teil über Sets, zum Teil über Vielfalt oder erfüllte Aufgaben. Das besonders Tolle daran, es spielt sich so ganz nebenbei und wunderschön entspannt. Auch wenn wir natürlich kompetitiv spielen, so habe ich in keiner Testpartie jemand durch den Wald trampeln sehen und Tiere zu verscheuchen. Ganz im Gegenteil, beinahe schon gemeinsam und fast flüsternd, wenn die Spielfigur direkt vor dem Bären stand – weise, wer hier das Weitwinkelobjektiv im Gepäck hat!
Wem dieser Waldspaziergang nun zu seicht erscheint, der darf den Teammodus oder gar den schweren Modus probieren. Hier gibt es vor allem Strafen, wenn der richtige Zeitpunkt verpasst wurde und ein „falsches Tier“ durch das Motiv huscht.

Das Spielmaterial ist schön und stabil. Die Pfadschablonen und die Fotoschablonen machen manchmal einen Eindruck, als ob sie brechen könnten. Die Testpartien haben sie schon mal gut überstanden. Die Miniaturen sind schön detailliert und natürlich auf das Thema „Fotografie“ zugeschnitten. Dennoch ist hier eine gewisse Feinmotorik vonnöten, um beim Anlegen der Schablonen nicht die eigene oder andere Figuren zu verrücken. Alles andere ist entweder aufgedruckt oder liegt als Tier in einer der Vertiefungen fixiert und verrutscht nicht. Das Einstiegalter ist mit 10 Jahren angegeben und meiner Einschätzung nach spielen hier auch schon Kinder im Alter von 8 Jahren gut mit. Aufgrund der intuitiven Spielweise finden hier Jung und Alt ein verbindendes Spiel, das mit einer Spieldauer von 45 – 60 Minuten auch noch eine überschaubare Spielzeit einhält.

Fazit
„Redwood“ überzeugt mich nicht so sehr durch seine ausgeklügelte Spielmechanik. Auch programmieren wir hier keine Bewegungen wie in „Colt Express“ – wir versammeln uns an einem Spieltisch und tauchen gemeinsam in eine wundervolle Welt, die viele Menschen mittlerweile nur noch aus Filmen oder Erzählungen kennen. Und das wiegt hier für mich nochmal viel mehr und viel bedeutsamer! Völlig fasziniert bewegen wir uns dabei am Fluss entlang und streifen durch das hohe Gras, bevor wir wieder im Wald verschwinden. Jede Person hat dabei ihre eigene Definition von „schön“ und das Spiel lässt diesen Rahmen auch sehr gut offen. Die Zielvorgaben lenken uns natürlich ein wenig in die gleiche Richtung und fühlen sich dabei niemals einengend an.
Das Spielmaterial ist in Fülle vorhanden und hier steht sowohl die Quantität als auch die Qualität im Fokus. Die Miniaturen sind nicht nur toll anzuschauen, sie haben auch noch einen gummierten Untergrund. Das hindert zwar das Verrutschen, leider verschiebt sich dadurch manchmal der Spielplan. Der Ärger hierüber hält sich jedoch in Grenzen. Viel größer ist stattdessen die Freude über die richtige Einschätzung der Distanz und des Objektivs. Hier kann ich mich mit einer Spiegelreflexkamera austoben und tolle Fotos erstellen!
Vielen Dank Christophe Raimbault und Edu Valls – das Eintauchen in die Natur und die 5 Biome gelingt ganz vorzüglich und macht immer wieder Freude. Wer hier ein Spiel mit Ellenbogencharakter und „um die Wette“-Elementen rechnet, der wird enttäuscht sein. Wer genau wie ich allein von der Gestaltung der Spielschachtel völlig hin und weg ist, der wird mit großer Freude in die Spielwelt eintauchen und nach Ende der 5. Runde noch ein wenig in ihr verweilen wollen! Danke dafür!
Bewertung / Test
+ Tolles Spielmaterial
+ Durchweg belohnendes Spielgefühl
+ Intuitive Spielweise
+ Eintauchen in die Spielwelt durch und durch
(Eine Rezension von Tobias Mallock)
Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)
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Spielecafé der Generationen – Jung und Alt Spielt – YouTube
Redwood (2024)
Spielidee: Christophe Raimbault
Grafik: Edu Valls
Verlag: Sit Down! (Vertrieb der deutschen Version bei Hutter Trade)
Anzahl der Spielenden: 1-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 – 60 Minuten
Generationentauglichkeit: Jung und Alt spielt und fotografiert hier gleichermaßen gern und gut!
Pädagogisch wertvoll: Entfernungen und Winkel abschätzen ohne dass es sich um Waffen handelt? Her damit!