Soviel Kitchen | Familienspiel | Gruppenspiel | ab 12 Jahren | 1-6 Personen | Andreas Wilde | kooperativ | HYBR Games | generationentauglich

Es gibt Spiele, bei denen fragt man sich irgendwann: Wie konnte das eigentlich so lange unbesprochen bleiben? Soviet Kitchen ist genau so ein Fall. Dieses Spiel wurde bei uns über Jahre hinweg hundertfach gespielt – im Spielecafé, im Jugendzentrum, in Familien, in Ferienfreizeiten, auf Teppichböden und Küchentischen. Es wurde gelacht, geraten, geflucht, gefeiert – und wir haben es trotzdem nie offiziell rezensiert.
Also bitte: Das holen wir jetzt nach.
Und zwar, weil es das wirklich verdient.
Vorweg eine kurze zeitgeschichtliche Einordnung, die wichtig ist:
Soviet Kitchen entstand lange vor dem aktuellen russischen Angriffskrieg. Es spielt in einer sowjetischen Nachkriegs-Mangelsituation und nutzt historische Mangelküche und Bürokratie-Satire als Stilmittel. Es persifliert Propaganda, Rationierung, „alles wird irgendwie verwertet“ – nicht Gegenwart, nicht Russland heute, nicht reale Betroffene.
Das Spiel beleidigt niemanden, es macht sich über das Absurde des Systems lustig, nicht über Menschen.
Und jetzt: in den Topf.
Oder besser: in den Fleischwolf.
Denn Soviet Kitchen ist ein kooperatives Kochspiel, das nicht über Geschmack gewinnt, sondern über Farbe. Die Suppe soll lila sein? Dann werden Zehennägel, Blaubeeren und ein rostiger Schlüsselbund kombiniert. Eine grau-grün-braune Wurst? Da kommen Gammelfleisch, nasser Karton und vielleicht ein Militärmantel in den Schredder. Jede Karte hat eine Farbe und einen Giftwert, und die große Kunst besteht darin, gemeinsam so zu mischen, dass die Zielfarbe möglichst nah getroffen wird, ohne dass jemand an der Wurst stirbt. Buchstäblich.
Das alles funktioniert nur dank App, die die Karten über QR-Codes scannt, sie animiert in den Fleischwolf wirft und die Farbmischung bewertet. Das ist kein „Netter Zusatz“, sondern Kernmechanik – und die App macht das hervorragend. Schnell, leicht zu bedienen, herrlich überzeichnet in Sound & Animation. Eine gelungene digitale Symbiose, nicht dieses „App, die man eigentlich nicht braucht, aber da ist sie halt“-Phänomen.
Und dann beginnt die große Küchenpsychologie am Tisch.
„Ich habe was, das könnte helfen, aber es ist giftig.“
„Mein Blau ist zu dunkel, ich bräuchte ein helleres Gegenstück.“
„Wer zum Henker spielt Gelb auf Lila?!“
Es wird diskutiert, gedeutet, verhandelt.
Es wird gemeinsam gedacht.
Und das macht riesig Spaß.
Gerade mit Jugendlichen funktioniert es fantastisch.
Weil es wild ist. Schnell. Chaotisch. Und ehrlich gesagt: sehr lustig.
Aber: Wer farbenblind ist, kann hier oft nicht mitspielen. Das ist relevant zu erwähnen, weil das Spiel nahezu komplett über Farbnuancen kommuniziert. Hier wäre eine alternative Zugänglichkeitslösung großartig – gibt es aber leider nicht.
Das Spiel hat eine kleine Kampagne, in der nach und nach neue Kartenpakete dazukommen. Das sorgt für steigenden Anspruch, nicht für Überforderung. Denn die Regeln bleiben leicht – aber die Kombinationen werden kniffliger. Und genau dort glänzt Soviet Kitchen: Man wird besser, ohne dass das Spiel jemals „ernst“ wird.
Die Mischung aus spielerischem Chaos, handfester Kooperation und digital unterstützter Farblogik ist so gut, dass man sich zwischendurch wundert, warum das nicht schon viel früher jemand gemacht hat.
Und ja: Es ist witzig. Aber nicht albern.
Es ist schräg. Aber nicht respektlos.
Und vor allem: Es ist gemeinsam.
Und darum ging es uns ja schon immer.
Übrigens: Wer wissen möchte, wie dieses Farbmisch-Prinzip kindgerecht funktioniert:
Wir haben bereits die Kinder-Variante des Systems besprochen.
Sie funktioniert mit hungrigen Monstern statt Matroschkas und ist wunderschön für jüngere Kinder geeignet:
➡️ https://www.jungundaltspielt.de/fuettert-das-handy-ungeheuer-hungrig-von-hybr-games-rezension/

Fazit
Soviet Kitchen ist kein Spiel für Menschen, die Ordnung auf dem Teller brauchen. Es ist ein Spiel für Gruppen, die miteinander reden, lachen und ausprobieren wollen. Es kombiniert App und Kartenspiel klug statt gimmickhaft, lebt von seinem Humor, seinem Timing und dem Moment, in dem der Fleischwolf die perfekte Farbe oder das totale Giftmassaker ausspuckt.
Bewertung / Test
+ hoher Spaßfaktor
+ perfektes Gruppen- und Jugendarbeitsspiel
+ App und Spiel wirklich gut verzahnt
+ steigende Herausforderung durch Kampagne
+ Humor sitzt, ohne herabzuwürdigen
– ohne App nicht spielbar (bewusstes Konzept)
– Farbenblindheit macht das Spiel leider schwierig
– für sehr stille Gruppen weniger geeignet
(Eine Rezension von Petra Fuchs)

Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)
ACHTUNG – hier geht es zu unserem YouTube-Kanal:
Spielecafé der Generationen – Jung und Alt Spielt – YouTube
TRANSPARENZHINWEIS
Für stilistische Überarbeitungsschritte sowie das Lektorat kam nach Erstellung der Rohfassung KI-Tools zum Einsatz. Die Rezension, ihre Argumentation und alle Bewertungen sind eigenständig verfasst.
Soviet Kitchen (2019)
Spielidee: Andreas Wilde
Verlag: HYBR Games
Spielende: 1–6
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 20–30 Minuten
Generationentauglichkeit: gut – hervorragend in Familien & Jugendgruppen; schwierig bei Farbsehschwäche
Pädagogisch wertvoll: fördert Kommunikation, Farb- und Mischkompetenz, Kooperation und liebevolles Scheitern