Katharina: Die Städte der Zarin | Kennerspiel | ab 10 Jahren | 2 bis 4 Spielende | Johannes Schmidauer-König | dlp games |
Ganz selten kommt es vor, dass sich die fiktionale Erlebniswelt eines Brettspiels und die harte Realität miteinander vermengen. Seit Februar 2022 tobt ein erbitterter Krieg im Osten Europas. Und so fiel es mir auch sehr schwer, mit „Katharina: Die Städte der Zarin“ ein Spiel zu rezensieren, bei dem wir thematisch im 18. Jahrhundert Kiev und Kharkow ins russische Zarenreich einverleiben müssen.
Historisch betrachtet entwickelte sich die Person Katharina die Große als Zarin zu einer bedeutsames Reformerin, die für Modernisierung, Bildung und die Künste eintrat. Bedeutsam wurde sie aber auch, weil sie unter anderem durch die Annektierung der Krim das russische Reich erheblich vergrößerte. Kommt euch das bekannt vor?

Das Spiel
Katharina: Die Städte der Zarin ist ein Kennerspiel von Johannes Schmidauer-König und bei dlp games erschienen. Es ist für 2-4 Spielende geeignet und kann ab 10 Jahren gespielt werden.
„Katharina: De Städte der Zarin“ ist ein kartengetriebenes Eurogame auf Kennerspiel-Niveau, bei dem wir über drei Durchgänge die meisten Punkte sammeln wollen. Dabei bedient sich das Spiel eines sehr interessanten Mechanismus, bei dem wir mit den eigenen Handkarten Aktionen auslösen.
Vor euch liegt ein Spielplan, der eine stilisierte Landkarte abbildet, die sich geographisch von Irkutsk in Zentralasien nach Riga in Lettland erstreckt. Was sich in Realität eine Strecke von mehr als 6000 Kilometern überbrückt, passt hier ganz gut auf einen Spielplan. Einzelne Orte sind durch Straßen miteinander verbunden, sodass ein Netzwerk aus Wegen entsteht. Zudem ist der Spielplan in drei verschieden farbige Zonen eingeteilt. Im Verlauf einer Partie möchte man dort seine farbigen Holz-Marker als Residenzen der Zarin abstellen. Je mehr miteinander verbunden sind, desto mehr Punkte warten am Schluss auf dich.

Wer mitspielt, nimmt sich eine Farbe erhält einen persönlichen Auftrag und bekommt von einem fetten Stapel sechs Karten auf die Hand. Um die eigene Kartenhand, und was man taktisch im Verlauf der Partie daraus macht, wird sich letztlich das ganze Spiel entwickeln. Man wird ständig Karten ziehen und verwalten müssen und gewissenhaft das Kartenlimit im Auge haben müssen. Und weil das so bedeutend ist, schauen wir uns das mal genauer an.

Die Karten kommen in drei unterschiedlichen Farben vor und sind zudem noch dreigeteilt. Mittig zeigen sie eine zeitgenössische Abbildung von Persönlichkeiten, Alltagsmomenten des russischen Lebens oder eine Militäraufnahme. Da hat man also thematisch versucht, die Einflüsse der Zarin auf ihr Reich bildlich zu transportieren. Ob das auch optisch so gelungen ist, sei dahingestellt. „Katharina“ zeichnet sich in meinen Augen nicht durch eine ansprechende Ästhetik aus. Wichtiger ist aber, dass es oberhalb und unterhalb der in Relation viel zu großen, weil eher unnötigen Darstellung Symbole ausgedruckt sind, die für das Spiel bedeutsam sind. Wäre das in den Relationen besser verteilt und wären somit die Symbole auch etwas größer dargestellt, wäre das Spiel generationentauglicher.

Oben können Waren, Geschütze, Ortsnamen oder Bücher abgebildet sein. Diese gelten als dein Besitz. Klar: Je mehr du von etwas besitzt, desto mehr kannst du damit später anfangen. Unterhalb der Illustration sind zwei Effekte abgebildet: eine Aktion und ein Bonus. Damit die richtig effektiv ausgelöst werden, schaut man natürlich vor dem Aktivieren, ob man genügend Besitz angehäuft hat. Die Augen wandern also ständig über die eigene Auslage und die Kartenhand, und was man auf der Hand sammelt, ist bedeutsam. Leider sind nicht alle Symbole immer sofort eindeutig. Da muss man schon öfter in der Anleitung schauen, welche Optionen die Karte genau bietet.

Du spielst in jeder Runde zwei Karten in die eigene Auslage aus. Eine Karte wandert immer in eine obere Reihe, eine immer in die untere Reihe. Und hier kommt der Clou des Mechanismus:
Die Karte, die ich nach unten spiele, dient lediglich dazu, die Aktionen auf der oberen Karte auszulösen, aber nur, wenn sie farblich übereinstimmen. Das kann zum Beispiel sein, dass man eine Residenz auf dem Spielplan platzieren darf, Karten auf die Hand ziehen oder sofort eine Menge an Siegpunkten bekommt. Da muss man sich schon ein bisschen reinfuchsen, um die passende Balance zwischen Karten auf der Hand, Aktionen in der oberen Reihe und Karten zum Aktivieren hinzubekommen. Damit erfüllt „Katarina“ definitiv den Anspruch eines Kennerspiels.

Zusätzlich wandert man noch auf einer Gunstleiste hoch. Je weiter oben man sich befindet, desto besser wird dein Handkartenlimit, es hagelt mehr Siegpunkte in der Zwischenwertung und in der Endabrechnung. Und die erste Zwischenwertung kommt schon nach vier Runden. Dann werden an die Siegpunkte verteilt, die fleißig Bücher- und Kanonensymbole in ihrer Auslage gesammelt und sich schon effektiv auf dem Spielplan ausgebreitet haben. Bereits da kommt schon einiges an Punkten zusammen und schnell kann der Zug zum Sieg ohne dich abfahren.

Nach drei Zwischenwertungen wartet die Endabrechnung auf euch, bei der man unter anderem noch überprüft, ob der individuelle Auftrag, den man zu Beginn erhalten hat, auch noch aufgelöst wurde, und wie dicht das Netzwerk der Residenzen auf dem Spielplan letztlich geworden ist. Das dauert je nach Personenzahl lediglich zwischen 30 und 45 Minuten. Zu zweit mit ein paar Partien Erfahrung kann es sogar noch schneller gehen. Das liegt daran, dass man einige Teile des Spiels durchaus parallel spielen kann. Kennerspiele, die sich so flott spielen, findet man selten. Zudem ist die Einstiegshürde recht gering, sodass sich also auch gerne Leute an „Katharina“ trauen können, die erste Erfahrungen im Kennerspielbereich sammeln wollen.
Fazit
Für „Katharina: Die Städte der Zarin“ würde ich gerne die Zeit zurückdrehen, denn die Attraktivität des Spiels leidet in der aktuellen politischen Situation durchaus unter dem Thema. Dabei ist es gar kein Kriegsspiel. Es kam schlicht zum falschen Zeitpunkt auf den Markt, und Schuld daran ist niemand in der Brettspielt-Welt. Das geht allein auf den Nacken von VP!
Der Mechanismus mit dem Kartenmanagement der Karten ist richtig gut und neu. Da kann ich auch verkraften, dass die Symbolsprache nicht immer eindeutig zu verstehen ist. Dafür spielt sich „Katharina“ sehr flüssig. Große Interaktion entsteht im Ablauf des Spiels nicht. Lediglich bei den Zwischenwertungen checkt man, wer die meisten Kanonen- und Büchersymbole aufweisen kann. Ansonsten ist man reicht in Ruhe gelassen beim Spielen.
Bewertung / Test
+ neuartiger Kartenmechanismus
+ schnelle Spielzeit
– Symbole nicht immer eindeutig
(Eine Rezension von Oli Clemens)
Wichtige Informationen zu unseren Rezensionen (KLICK)
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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Kenner- und Expertenspiele”
Katharina: DIe Städte der Zarin (2022)
Spielidee: Johannes Schmidbauer-König
Grafik: Claus & Antje Stephan
Verlag: dlp games
Anzahl der Spielenden: 2-4 Personen
Altersempfehlung Verlag: ab 10 Jahren
Eigene Altersempfehlung: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30-45 Minuten
Generationentauglichkeit: Klappen die Augen noch? Dann ja.
Pädagogisch wertvoll: