Kunst, die erst im Licht entsteht – Ultraviolett von Kampfhummel (Rezension)

Ultraviolett | Rollenspiel | ab 12 Jahren | 3-4 Personen | Angela Vögtli | Kampfhummel

Spielschachte mit Karten (Begriffe) Stifte und Würfel

Manchmal gibt es Spiele, bei denen man sich fragt, wer in aller Welt das beim Prototypentest abgenickt hat – und wie viel Kaffee oder Mate-Cola dabei im Spiel war. Ultraviolett gehört genau in diese Kategorie, aber im allerbestbesten Sinne. Denn hier wird gezeichnet – aber nicht normal. Nein. Man malt mit unsichtbarer Tinte. Man malt also blind. Man malt also… im Grunde nach Gefühl. Und zwar ganze Sätze. Satzteile, die zusammen etwas ergeben wie „Ein verliebter Vampir poliert eine eckige Erdbeere.“ Und dann sitzt man da, mit erhobenem UV-Stift, und denkt sich: „Na gut. Dann eben Kunst.“

Wir haben Ultraviolett auch frisch auf den Tisch gepackt, und schon in der ersten Runde war klar: Das hier ist sehr viel mehr als ein reines Montagsmaler mit Gimmick. Es ist ein kleines Chaosballett zwischen Idee, Erinnerung, grober Linienführung und – nun ja – Hoffnung. Denn zeichnen, ohne etwas zu sehen, ist tatsächlich eine Erfahrung. Man startet hochmotiviert und merkt nach drei Strichen, dass man absolut keine Ahnung mehr hat, wo genau auf dem Blatt dieser Vampir gerade stehen könnte. Oder lag. Oder ob er inzwischen auf dem Kopf sitzt. Und dann kommt dieser Moment, in dem jemand die Sanduhr dreht und plötzlich malen alle hektisch weiter, als würde das Ergebnis noch gerader und verständlicher werden. Wird es nicht. Natürlich nicht. Und das ist das Großartige daran.

Das Spektakel beginnt aber eigentlich erst richtig, wenn die UV-Lampen angehen. Dann nämlich leuchtet das Papier auf und es offenbart sich … etwas. Eine Gestalt? Eine Bewegung? Oder einfach eine emotionale Landschaft, die mit etwas gutem Willen durchaus als „schluchzende Teekanne“ gelten könnte. Und am Tisch wird gelacht – aber auf die liebevolle, gemeinschaftliche Art.
Und hier zeigt sich etwas, das wir wirklich großartig finden: Die Textkarten sind von beiden Seiten bedruckt – das heißt, egal wer wo sitzt, alle sehen alles gleich gut. Keine Verrenkungen, kein Nach-vorne-Beugen. Dazu kommt: Das Material ist stabil und hochwertig – nichts knickt, nichts franst, es fühlt sich wertig an und hält auch mehrere Kunstkatastrophen aus.

Was man wissen sollte: Das Spiel ist kein Kinderspiel, auch wenn UV-Lampen und geheime Zeichnungen das vielleicht suggerieren. Die Satzkombinationen sind teilweise so abstrus, dass selbst Erwachsene erstmal überlegen müssen, wie man sowas überhaupt bildlich darstellen könnte. Besonders Verben und Adjektive verlangen ein wenig zeichnerische Fantasie – oder zumindest Mut zur Lücke. Wer gerne malt, wird hier glänzen. Wer beim Zeichnen eher in die Kategorie „abstrakter Expressionismus wider Willen“ fällt, wird sich häufiger in Erklärungen wiederfinden wie: „Also DAS da ist der Lärm! Versteht ihr… nicht? Ach so.“

Für uns war genau das aber Teil der Freude: Wir haben gelacht, wir haben geraten, wir haben gedeutet, wir haben wild mitgefühlt – und wir haben es danach direkt wieder gespielt. Die Regeln sind einfach, und die Mechanik funktioniert auch bei Tageslicht wunderbar – man muss das Wohnzimmer dafür nicht in Schwarzlicht-Bowlingbahn 2008 verwandeln.

Die Hürde der Darstellung bleibt jedoch real – und deshalb ist der Hinweis des Verlages ab 12 Jahren absolut angemessen.


Fazit
Ultraviolett ist ein wunderbar verrücktes Zeichenspiel voller Überraschungen, chaotischer Skizzen und herzlicher Lachmomente. Die Mechanik mit der unsichtbaren Tinte ist nicht nur Gimmick, sondern Herzstück. Herausfordernd? Ja. Belohnend? Ebenfalls ja. Wer Spaß an kreativem Durcheinander hat, wird hier sehr glücklich

 

Bewertung / Test
+ einzigartiges Zeichenerlebnis durch UV-Tinte
+ herrlich abstruse Satzkombinationen
+ hohe Tisch-Gaudi beim Aufdecken
+ schnell erklärt, schnell gespielt
+ beidseitig lesbare Karten – top am langen Tisch
+ wertiges, stabiles Material
– zeichnerische Herausforderung bei Verben/Adjektiven nicht ohne
– funktioniert nur gut, wenn die Gruppe Humor + Lockerheit mitbringt


(Eine Rezension von Petra Fuchs)

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TRANSPARENZHINWEIS
Für stilistische Überarbeitungsschritte sowie das Lektorat kam nach Erstellung der Rohfassung KI-Tools zum Einsatz. Die Rezension, ihre Argumentation und alle Bewertungen sind eigenständig verfasst.

Ultraviolett (2025)

Spielidee: Angela Vögtli
Verlag: Kampfhummel Spiele
Anzahl der Spielenden: 3–4 (mit Erweiterung bis 6)
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Spieldauer: 30–60 Minuten

Generationentauglichkeit: bedingt: durch beidseitige Kartensichtbarkeit können alle bequem mitspielen, ohne sich über den Tisch zu lehnen. Allerdings sollte ein gewisser Zugang zum Zeichnen vorhanden sein – für komplett „strichfigurenfeste“ Menschen kann es sonst herausfordernd werden.

Pädagogisch wertvoll: stärkt Kreativität, Bildsprache, Interpretation und die Fähigkeit, über das eigene Chaos herzlich zu lachen.