Mau Mau mit der Tafelrunde – Gral von Mirakulus (Rezension)

Gral | Kartenspiel | ab 8 Jahren | 3 bis 5 Spielende | Joan Bacheré und Aurélien Filippi | Mirakulus

Wenn Arthur, Guinevere, Merlin, Lanzelot und Gefährten sich gelangweilt hätten, oder die Suche nach dem heiligen Gral wegen Wetterwarnung unterbrochen worden wäre, hätten sie vermutlich „Gral“ gespielt. Es als Mau Mau der Könige zu bezeichnen ist vielleicht etwas hoch angesetzt, doch wieviel Spaß und gegebenenfalls auch Ärger man damit haben kann, liest du im folgenden Beitrag.

Ein paar der Spielkarten aufsortiert. Gral hat viele Informationen zugleich.
Der heilige Gral – hier im Schatten versteckt – kann das Spiel auch vorzeitig beenden!

 

Das Spiel
Gral
ist ein Kartenspiel von Joan Bacheré und Aurélien Filippi und bei Mirakulus auf deutsch erschienen. Es ist für 3-5 Spielende geeignet und kann ab 8 Jahren gespielt werden.

Für ein Kartenspiel, dass sich im Kern mit Spielen wie „Mau Mau“ oder „Uno“ vergleichen lassen darf, hat „Gral“ eine recht lange und ausführliche Spielregel. Warum? Denn im Wesentlichen geht es darum auf eine bereits liegende Karte eine entweder mit Symbol oder Farbe passende Karte zu spielen. Es gibt ebenfalls auch Karten, die als Joker gespielt werden oder es erlauben, eine Farbe zu wünschen. Karten, die zum Aussetzen zwingen oder die Spielrichtung umkehren, gibt es ebenfalls. Nicht überraschend: Wer nicht spielen kann, zieht eine Karte vom Nachziehstapel. Das alles gibt es ja bereits in verschiedenen Variationen.

Neu ist der eine oder andere Kniff, mit dem „Gral“ sich von der Menge absetzen kann. So gibt es unter anderem

  • Angriffskarten, die ertragen werden müssen oder im Duell einen Konter ermöglichen – die unterlegene Person muss Karten ziehen
  • Legendenkarten, 1 pro Person (Arthur, Lanzelot, Guinevere, uvm.), die einen Einmaleffekt pro Spielrunde gewähren
  • Ereignisse, die die siegreiche Person der Runde an sich nimmt um sie später und spätestens in der finalen Runde einzusetzen.
  • 3 Spielrunden und 1 finale Spielrunde auf der Suche nach dem heiligen Gral
  • Namensgebend – den heiligen Gral – wird er als letzte Karte aus der Hand einer Person gespielt, so gewinnt diese Person sofort das gesamte Spiel

Aufgrund dieser Änderungen ist die umfangreichere Spielregel dann doch gerechtfertigt, da es hier einiges an Erklärungen und Feinheiten zu berücksichtigen gibt.

Legende auf einer doppelseitigen Karte - die braucht es anfangs auch um alle Symbole zu verstehen.
Legende auf einer doppelseitigen Karte – die braucht es anfangs auch um alle Symbole zu verstehen.

 

Einmal im Spielfluss drin und der setzt in der ersten Partie vermutlich ab Spielrunde 2 oder 3 ein, erwartet uns ein kurzweiliges Spiel, das viel Ärger produzieren kann und auch mal „Alle-gegen-eine-Person-Momente“ erzeugt. Im Grunde ist es dann doch ein Kartenspiel im Stile von „Mau Mau“ oder „Uno“, das ein wenig mehr Aufmerksamkeit bei den Handkarten erfordert. Nicht jeden Angriff kann ich kontern – bei Exaclibur wird es sogar noch schwerer, die 4 Handkarten schmerzen mitunter schon ganz ordentlich. Stets sind die Spielenden auf der Suche, die Runde siegreich zu beenden und wie groß ist die Freude nach ein zwei erlittenen Schwerthieben, sich wieder zurück in die Führung gearbeitet zu haben.

In der finalen Spielrunde kehrt sich das ein wenig um, denn sie spielt und fühlt sich etwas anders an. Es wird der Wettlauf auf der Suche nach dem heiligen Gral simuliert. Wer die eigene Kartenhand als erstes leergespielt hat, nimmt sich von einem Mitspielenden die verbliebenen Handkarten und elimiert die Person, sie ist dann auf der Suche nach dem Gral ausgeschieden. Am Ende von Runde 4 gewinnt, wer als letzte überlebende Person noch Karten auf der Hand hat. Es ist daher nicht zwingend erforderlich, in den vorherigen 3 Runden gut abgeschnitten zu haben.

Zwei Karten im Detail - die Legende Lancelot sowie eine Angriffskarte Excalibur
Lanzelot hätte die besten Chancen gegen Excalibur – er kann einmal pro Spiel ein Artefakt in ein Schild umwandeln.

 

Kartenspiele sind in Sachen Generationentauglichkeit ja oft ein wenig im Vorteil, wenn die Karten in der Größe passend und nicht zu viele von ihnen auf der Hand gehalten werden müssen. Diese Bedingung erfüllt Gral recht zuverlässig. Die kleinen Texte und Symbole und noch dazu das anfangs komplex wirkende Regelwerk erschweren den Einstieg etwas. Ich erachte Gral aus diesem Blickwinkel als bedingt generationentauglich, denn einmal die Regeln verinnerlicht, ist es wie viele Kartenspiele – flüssig gespielt und mit Freude ein wenig am Tisch geschimpft und am Ende dann eine schöne Zeit miteinander verbracht.

Kartenhand mit dem heiligen Gral - dazwischen sind Farbkarten.
Das Objekt der Begierde: Der heilige Gral, wenn es nur gelingen würde ihn als letzte Karte abzuspielen …

 

Ein Wort noch zur Gestaltung: Lanzelot wirkt mit großem Schwert und Schild zwar etwas unbeholfen auf seiner Legendenkarte, jedoch ist der Detailreichtum jeder einzelnen Karte bemerkenswert. Dabei ist es egal, ob ich die Ereignisse für die siegreiche Person am Rundenende anschaue oder die einzelnen Artefakte, Legenden oder den heiligen Gral selbst – allesamt kleine Kunstwerke. Manchmal fast schon zu schade um sie passend auf den Stapel zu legen, wenn ich sie doch noch ein wenig aus der Nähe betrachten möchte. Großartige Arbeit!

 

Fazit

„Gral“ ist eines dieser Spiele, auf die ich nicht auf den ersten Blick aufmerksam geworden wäre. Der heilige Gral lässt mich zwar an Indiana Jones und der letzte Kreuzzug denken, auch ist er bei den Abenteuern von George Stobbart in Baphomets Fluch für mich präsent, jedoch ist die Tafelrunde rund um die Arthussaga nicht meine ganz große Leidenschaft. Auch epische Viel- und Mehrteiler mit Schwertern locken mich nicht übermäßig stark. Allerdings und das vereint alle damit gemeinten Welten – wenn ich einmal eintauche, dann bleibe ich auch und will alles erkunden und sehen und erleben.

„Gral“ macht es durch einen etwas erschwerten Einstieg nicht ganz so leicht und belohnt dann doch mit einem tollen Spielgefühl auf der Suche nach dem heiligen Gral. Der Ärger über ein gezücktes und auf mich gerichtetes Schwert auf einer Spielkarte ist kaum höher als der über eine +4 Karte im Uno. Schön ist die Möglichkeit, diese Gemeinheit der angreifenden Person direkt mittels einer gleichen Karte zurückzugeben und nicht darauf zu hoffen, dass es eine Runde lang verlängert wird. Zum schönen Spielgefühl fügt sich dann auch noch die tolle Illustration, die gemeinsam mit den thematisch sehr stimmigen Karten und deren Aktionen ein insgesamt rundes und flüssiges Spielerlebnis erzeugt.

Wer Kartenspiele mag und dabei etwas Abwechslung zu den vielen aktuell vorhandenen Stichspielen sucht und nicht vor dem Thema rund um den heiligen Gral zurückschreckt, der findet in „Gral“ möglicherweise einen wahren Schatz, der auch durchaus in der Lage ist, abendfüllend mit mehreren Partien zu unterhalten.

 

Bewertung / Test
+ Schönes und anspruchsvolleres Mau-Mau oder Uno-Thema
+ Thematisch sehr stimmige Kartenaktionen
+ Durch die finale Spielrunde spannend bis zum Schluß
+/- Den schwerfälligen Einstieg einmal überwunden unterhält Gral über mehrere Runden sehr zuverlässig

 

(Eine Rezension von Tobias Mallock)

Tobias

 

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Die folgende Bewertung erfolgt innerhalb der Kategorie:
“Familienspiele”

  • ... Altersgruppe bis 12 Jahre
  • ... Altersgruppe 13 bis 49 Jahre
  • ... Altergruppe 50 bis 70 Jahre
  • ... Altersgruppe ab 71 Jahre

Gral (2023)

Spielidee: Joan Bacheré und Aurélien Filippi
Grafik: Aurélien Filippi
Verlag: Mirakulus
Anzahl der Spielenden: 3-5 Personen
Altersempfehlung Verlag: Ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten

Generationentauglichkeit: Ein einfaches Spielprinzip wird durch die thematische Verlagerung in die Zeit der Ritter der Tafelrunde komplexer gemacht. Zusätzlich kleine Symbole und einige Kartentexte. Beides zusammen nicht zuträglich für das Spiel für Jung und Alt.