Neulinge werden es lieben, D&D-Erfahrene verzweifeln: Avatar Legends – das Rollenspiel von Pegasus

Avatar Legends: Das Rollenspiel | Rollenspiel | ab 8 Jahren | 3-6 Personen | Biswas, Sharang; Chaipraditkul, Elizabeth und Conway, Brendan | kooperativ | Pegasus Spiele | generationentauglich

Foto der Einstiegs, des Grundregelwerks und Inhalt der Box


Wer bei Avatar Legends – Das Rollenspiel an epische Kämpfe, Schadenswürfel und endlose Zahlenkolonnen denkt, darf sich direkt entspannt zurücklehnen:
Das hier ist anders. Ganz anders.

Denn Avatar Legends ist kein klassisches Rollenspiel. Es ist eher, als würde man mitten in der Serie aufwachen – mit einem Charakter, der nicht fragt, was er kann, sondern wer er sein will.
Klingt pathetisch? Ja, ein bisschen. Ist aber großartig.

Schon nach den ersten Minuten merkt man: Dieses Spiel hat Seele.
Man bändigt hier nicht nur Erde, Wasser, Feuer oder Luft, sondern Emotionen.
Statt auf Angriffswürfe oder Schadenszahlen schaut man auf innere Prinzipien.
Bin ich fürsorglich oder brutal? Führe ich – oder unterstütze ich lieber?

Das Ganze nennt sich „Gleichgewicht“ – und plötzlich merkt man: das hier ist kein Würfelspiel, sondern eine Charakterreise.

Und das System?
Ein Traum in Einfachheit!
Während andere Rollenspiele 300-seitige Regelwerke mit Fußnoten und Tabellen auffahren, kommt Avatar mit schlanken „Moves“ aus.
Ein paar Prinzipien, ein paar Würfel – fertig.

Wer aus der D&D-Schule kommt, wird anfangs wohl aber eher verzweifeln:
„Wie, ich muss erst erzählen und dann würfeln?“
„Wie, niemand greift automatisch zurück an?“
Ja. So ist das hier und für erfahrene Pen&Paper kann das durchaus alle Hirnwindungen verknoten.

Avatar denkt Rollenspiel neu – und zwar vom Charakter aus, nicht von der Mechanik.
Das liegt am Powered-by-the-Apocalypse-System, auf dem das Spiel basiert – jenem modernen Regelgerüst, das Erzählung vor Statistik stellt.
Ein Wurf entscheidet hier nicht, ob du triffst, sondern wie du dich dabei veränderst.
Erfolg, Teilerfolg, Fehlschlag – alles bringt die Geschichte voran, nie hält sie an.

Für Neulinge ist das perfekt. Man lernt das System in Minuten, spielt sich rein, lacht, fühlt – und plötzlich steht man mitten in einer Szene, in der der Boden bebt, weil die Gefühle abheben. Für alteingesessene Rollenspielhasen ist das erstmal wie Bändigung mit der falschen Hand – ungewohnt.
Aber: Wenn man’s einmal geschnallt hat, ist es so befreiend, dass man nie wieder in Zahlenraster zurück will.

Und das Material?
Hier hat man sich nicht lumpen lassen.
Der Schnellstarter ist ein kompaktes Kunstwerk – ideal, um sofort loszulegen.
Die Einstiegsbox ist eine Wucht: tolle Haptik, hochwertige Komponenten, wunderschöne Illustrationen, die aussehen, als hätte das Team der Serie persönlich Pinsel geführt.
Wer dann Blut geleckt hat, kann mit dem Regelwerk und den Erweiterungen tief in die Welt eintauchen – bis man fast vergisst, dass man in einem Wohnzimmer sitzt und nicht im Lufttempel.

Was beim Spielen passiert, ist schwer zu beschreiben, aber leicht zu fühlen:
Kämpfe sind keine Zahlenschubsereien, sondern kleine Dramen.
Proben sind nicht „gelungen“ oder „misslungen“, sondern erzählen, warum man scheitert – und was man daraus lernt.
Und das Beste: Du brauchst keine Vorbereitung, um eigene Abenteuer zu schreiben. Nur eine Idee, ein innerer Konflikt – und das Spiel trägt dich.

Avatar ist kein „Kampf gegen Gegner“-Spiel. Es ist ein „Kampf gegen dich selbst“-Spiel.
Und das, ohne belehrend oder esoterisch zu wirken.
Eher wie eine gute Episode aus der Serie – mit Humor, Herz und Staub auf der Kleidung.

Foto des Schnellstarters, Handbuch der Abenteuer und des Bandes Republica


Fazit

Wer das klassische Pen&Paper sucht, bei dem Goblins auf Schadenswürfe warten, sollte lieber weitersuchen.

Avatar – Herr der Elemente spielt in einer anderen Liga – oder besser gesagt: in einer anderen Welt. Hier geht es nicht darum, wer am meisten Schaden austeilt, sondern wer am meisten spürt. Wer Geschichten liebt, Charaktere wirklich fühlen will und sich beim Spielen fragt, warum der Boden jetzt gerade wirklich bebt – der ist hier goldrichtig.

Das Rollenspiel ist erzählerisch, warmherzig und legt den Fokus auf Emotionen, Moral und Charakterentwicklung. Der Einstieg mag zunächst ungewohnt sein, weil man mehr nach innen als nach außen kämpft – aber genau das ist der Zauber. Für Neulinge ist das System ideal, für Fans der Serie sowieso Pflicht. Und für alle anderen ist es eine Einladung, Rollenspiele ganz neu zu erleben.

Und wenn du nach der ersten Runde denkst: „Moment, ich hab gar nicht gekämpft, aber es war spannend?!“ – dann weißt du: Du hast das Gleichgewicht gefunden.



Bewertung / Test
+ außergewöhnlich erzählerisches System
+ emotional, moralisch, charakterzentriert
+ idealer Einstieg für Neulinge
+ hochwertiges Material (Pegasus-Qualität, wunderschöne Illustrationen)
+ Schnellstarter und Einstiegsbox ideal zum Reinschnuppern
+ ideal für Serien-Fans
– Umstellung für klassische Rollenspieler:innen anfangs gewöhnungsbedürftig
– keine typischen „Kampfmechaniken“ (kann Fans taktischer Systeme enttäuschen)
– emotionale Tiefe verlangt etwas Offenheit der Spielgruppe

(Eine Rezension von Petra Fuchs)

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Avatar Legends - das Rollenspiel (2023)

Spielidee: Biswas, Sharang; Chaipraditkul, Elizabeth und Conway, Brendan
Verlag: Pegasus Spiele
Anzahl der Spielenden: 3-6
Altersempfehlung Verlag: ab 8 Jahre

Spieldauer: je nach Abenteuer ca. 2-5 Stunden

Generationentauglichkeit: Weil es nicht um Zahlen, sondern um Geschichten geht – hier können Jung und Alt gemeinsam lachen, staunen und wachsen, egal ob man zum ersten Mal spielt oder schon seit Jahrzehnten bändigt.
Pädagogisch wertvoll: Avatar Legends lehrt Empathie, Selbstreflexion und den Mut, Konflikte nicht mit Stärke, sondern mit Verständnis zu lösen – ein echtes Rollenspiel fürs Herz und den Kopf.